Mit Gross­buch­staben schrieb Trump auf @realDonaldTrump: NOW IS THE TIME FOR PEACE!, nach­dem er gestern die USA ger­ade in einen neuen Nahost-Krieg gerit­ten hat­te. Die Par­al­le­len zur tödlichen “Mis­sion accom­plished” des George W. Bush, die im Irak zu einem jahre­lan­gen Chaos mit über 120’000 zivilen Opfern und zum Auf­stieg von ISIS führten, sind offen­sichtlich. Erneut han­delt ein amerikanis­ch­er Präsi­dent völ­lig irra­tional auf­grund ein­er höchst brüchi­gen Fak­ten­lage. Wer waren dies­mal die Ein­flüster­er: Ben­jamin Netan­jahu? Seine evan­ge­likalen Berater, die Armagge­don her­beisehnen? Die Falken in seinem Kabi­nett?

Der amerikanis­che Blog­ger Meur­sault zieht Bilanz:
BOMBARDIERUNG AUF DER GRUNDLAGE VON LÜGEN: Der US-Angriff auf den Iran und die Echos des Irak

1. Die Bom­bardierung von heute, die Ausre­den von gestern
Am 21. Juni 2025 starteten die Vere­inigten Staat­en unter dem vagen Vor­wand der nationalen Vertei­di­gung einen koor­dinierten Angriff auf den Iran – mit Stealth-Bombern und Tom­a­hawk-Raketen wur­den die Nuk­lear­an­la­gen in For­dow, Natanz und Esfa­han ins Visi­er genom­men. Die Begrün­dung? Eine vage, unbe­grün­dete Behaup­tung, dass der Iran nur noch wenige Wochen von der Beschaf­fung von Atom­waf­fen ent­fer­nt sei.

Kommt Ihnen das bekan­nt vor?

Das ist keine Präven­tiv­maß­nahme. Das ist poli­tis­che Brand­s­tiftung. Die Trump-Regierung ignori­erte in der großen Tra­di­tion der Fan­tasiewelt der Bush-Ära Geheim­di­en­st­berichte, set­zte sich über diplo­ma­tis­che Vor­sicht hin­weg und löste einen Krieg aus, der auf Fik­tion basiert. Die Recht­fer­ti­gun­gen klin­gen hohl wie 2003: „Wir mussten han­deln.“ „Sie waren fast so weit.“ „Wir kon­nten es nicht riskieren, zu warten.“

Aber anders als im Irak gibt es dies­mal nicht ein­mal den Anschein von Beweisen.

Vertei­di­gungsmin­is­ter Pete Hegseth, ein Fox-News-Vet­er­an ohne ern­stzunehmenden strate­gis­chen Hin­ter­grund, soll bei der Pla­nung des Angriffs mit­gewirkt und Trump dazu ermutigt haben, „Stärke zu zeigen“. Außen­min­is­ter Mar­co Rubio plap­perte öffentlich die Panikmache in Bezug auf Atom­waf­fen nach und lieferte diplo­ma­tis­che Deck­ung. Vizepräsi­dent J.D. Vance schwieg – ein weit­er­er Fei­gling im Raum.

2. Die offizielle Darstel­lung: Atom­are Märchen

Trump erk­lärte den Angriff für erfol­gre­ich. Seine Berater ver­bre­it­eten die Argu­mente des Pen­ta­gon in befre­un­de­ten Net­zw­erken: Präzi­sion, Stärke, Abschreck­ung. Aber trotz aller Insze­nierung blieb die Wahrheit unverän­dert:
Die Inter­na­tionale Atom­en­ergie-Organ­i­sa­tion (IAEO), die Atom­auf­sichts­be­hörde der Vere­in­ten Natio­nen, hat­te ger­ade erneut bestätigt, dass es keine Anze­ichen für ein aktives iranis­ches Waf­fen­pro­gramm gab. Der US-Geheim­di­enst unter der Leitung von Tul­si Gab­bard, Direk­torin der Nationalen Geheim­di­en­ste, erk­lärte unmissver­ständlich: Der Iran baut keine Bombe. Es wurde keine Entschei­dung getrof­fen. Es gibt kein aktives Pro­gramm. Und selb­st wenn der Iran seinen Kurs ändern würde, wäre er noch Jahre von einem ein­satzfähi­gen Sprengkopf ent­fer­nt.

Die jüng­sten IAEO-Inspek­tio­nen fan­den nur wenige Tage vor dem Angriff statt und bestätigten erneut, dass der Iran angere­ichertes Uran nicht für Waf­fen­zwecke ver­wen­det.

Nichts davon hielt Trump auf.

Nur 24 Stun­den vor dem Angriff erk­lärte er in der Sendung „Truth+“, dass seine Geheim­di­en­ste „falsch“ lägen und er über geheime Infor­ma­tio­nen ver­füge, die beweisen wür­den, dass der Iran „nur noch Wochen“ davon ent­fer­nt sei. Die Quelle dieser Behaup­tung? Unklar. Aber wenn uns die let­zten acht Jahre etwas gelehrt haben, dann wahrschein­lich etwas über ein YouTube-Video und eine betrunk­ene Tirade von Pete Hegseth.

3. Der Kon­sens der Geheim­di­en­ste: Der Iran hat nichts gebaut

IAEO: Keine Anze­ichen für Waf­fen­pro­duk­tion
IAEO-Direk­tor Rafael Grossi hätte nicht deut­lich­er sein kön­nen: „Wir hat­ten keine Beweise für sys­tem­a­tis­che Bemühun­gen, Atom­waf­fen zu entwick­eln.“ Die Inspek­toren hat­ten keine Anze­ichen für die Entwick­lung von Sprengköpfen gefun­den. Keine geheimen Anla­gen. Kein abgezweigtes Uran.

Grossi warnte sog­ar Tage vor dem Bombe­nan­griff, dass jed­er Angriff auf Nuk­lear­stan­dorte eine radi­ol­o­gis­che Katas­tro­phe zur Folge haben kön­nte.

US-Geheim­di­enst: Iran hat 2003 die Waf­fen­pro­duk­tion eingestellt
Die CIA, die Nation­al Secu­ri­ty Agency und der von Gab­bard geleit­ete Direk­tor des Nationalen Geheim­di­en­stes waren sich einig: Der Iran hat sein Waf­fen­pro­gramm vor mehr als zwei Jahrzehn­ten eingestellt und nicht wieder aufgenom­men. Trump hat sie alle über­stimmt. Und genau wie Bush tat er dies mit der selb­st­ge­fäl­li­gen Überzeu­gung eines Mannes, der nicht liest, aber behauptet, es bess­er zu wis­sen als diejeni­gen, die lesen.

4. Erst bom­bardieren, dann bereuen

Radioak­tives Roulette
Die IAEO warnte, dass die Bom­bardierung der iranis­chen Atom­an­la­gen eine radioak­tive Katas­tro­phe aus­lösen kön­nte. In Natanz war diese Gefahr groß. Die Eindäm­mung hielt – vor­erst. Aber es ist nicht schw­er, sich vorzustellen, was passiert, wenn dies beim näch­sten Mal nicht der Fall ist.

Regionale Flächen­brände
Der Iran reagierte inner­halb weniger Stun­den. Raketen und Drohnen reg­neten auf Israel nieder. US-Stre­itkräfte im Roten Meer wur­den bedro­ht. Die Region, die sich bere­its auf Messers Schnei­de befand, stürzte weit­er ins Chaos.

Rus­s­land, die EU, die Türkei und sog­ar Ägypten verurteil­ten den Angriff. Die Vere­in­ten Natio­nen warn­ten sofort vor möglichen nuk­learen Fol­gen und ein­er human­itären Katas­tro­phe. Der Iran reagierte mit der Ankündi­gung, sich voll­ständig aus allen laufend­en Atom­ver­hand­lun­gen zurück­zuziehen. Der Tod der Diplo­matie war kein Neben­ef­fekt – er war das Ziel. Aber die MAGA-Welt jubelte und nan­nte es „Führungsstärke“.

5. Auf ein Neues: Irak, recycelt

2003: Bush behar­rte darauf, dass Sad­dam Massen­ver­nich­tungswaf­fen habe. Er hat­te keine.
2025: Trump behar­rt darauf, dass der Iran Atom­waf­fen habe. Er hat keine.

Die Lügen haben sich nicht geän­dert. Nur der Betrüger – lauter, fauler und zu dumm, um auch nur so zu tun, als bräuchte er Beweise. Dies­mal machte sich der Präsi­dent nicht ein­mal die Mühe, so zu tun, als würde er Experten kon­sul­tieren. Er entließ die IAEO, den DNI und die CIA – und startete dann trotz­dem einen Angriff. Weil ihm jemand „nuk­lear­er Aus­bruch“ ins Ohr flüsterte, während er geschminkt wurde.

Rechte Medi­en ver­stärk­ten die halt­losen Behaup­tun­gen der Regierung – sie behan­del­ten Twit­ter-Threads und Telegram-Ver­schwörungs­the­o­rien als ver­w­ert­bare Infor­ma­tio­nen und ignori­erten die CIA, den DNI und die glob­ale Atom­auf­sichts­be­hörde.

6. Glob­ale Fol­gen

Eine human­itäre Katas­tro­phe
Bei israelis­chen Angrif­f­en wur­den bere­its über 200 Iran­er getötet, darunter über­wiegend Zivilis­ten. Bei iranis­chen Vergel­tungs­maß­nah­men kamen zwei Dutzend Israelis ums Leben. Die Beteili­gung der USA lässt nun eine Eskala­tion erwarten. In Irak, Libanon und Jor­danien sind Proteste aus­ge­brochen. US-Botschaften wer­den geschlossen. Fam­i­lien fliehen.

Nuk­leare Infra­struk­tur in Gefahr
Experten warn­ten diese Woche, dass Angriffe auf aktive Nuk­lear­an­la­gen zu irre­versiblen Kon­t­a­m­i­na­tio­nen führen kön­nten. Es geht nicht nur um Krieg – es geht um eine poten­zielle ökol­o­gis­che Katas­tro­phe. Grossi sagte es ganz klar: „Das darf niemals passieren.“

Strate­gis­ch­er Zusam­men­bruch
Der Iran hat sich aus den diplo­ma­tis­chen Gesprächen zurück­ge­zo­gen. Rus­s­land und Chi­na haben die USA verurteilt. Das ohne­hin schon anges­pan­nte glob­ale Bünd­nis­sys­tem bricht auseinan­der. Und inner­halb der USA? Eine ver­traute Spal­tung durch Zweifel. Eine weit­ere Gen­er­a­tion kön­nte her­anwach­sen und ler­nen, dass ihre Führer lügen. Dass Kriege mit Slo­gans begin­nen. Und dass die Wahrheit option­al ist.

7. Warn­schüsse, die ignori­ert wur­den

Jed­er hat das kom­men sehen. Peter Beinart warnte diesen Monat, dass ein Bombe­nan­griff auf den Iran genau­so sinn­los wäre wie die Inva­sion des Irak wegen imag­inär­er Massen­ver­nich­tungswaf­fen. Bernie Sanders beze­ich­nete den Angriff als ver­fas­sungswidrig. Die IAEO bat um Zurück­hal­tung. Aus­gerech­net Putin sagte, er sei ungerecht­fer­tigt.

Nichts davon spielte eine Rolle. Denn Trump brauchte eine Show.

8. Faz­it: Krieg aus Fan­tasie

Das ist keine Abschreck­ung. Das ist ein Wutan­fall mit Marschflugkör­pern. Trump ist zum spir­ituellen Nach­fol­ger von George W. Bush gewor­den – nur ohne die schlecht­en Gemälde und die „Ach, was soll’s“-Attitüde.
Es gab keine Bedro­hung. Es gab keine Geheim­di­en­stin­for­ma­tio­nen. Es gab keinen Plan.

Es gab nur einen Mann hin­ter einem Podi­um, der von unsicht­baren Bomben faselte, während die Welt entset­zt zusah. Wenn Bush uns mit Lügen in den Irak geführt hat, hat Trump ihn noch übertrof­fen, indem er lauter, düm­mer und vor den Augen aller Behör­den gel­o­gen hat, die ihm davon abger­at­en haben.

Das ist nicht nur ein Rückschritt. Das ist ein Sprung ins Feuer. Und Mil­lio­nen kön­nten für diese Fan­tasie ver­bren­nen.

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