In ihrem Buch “Money, Lies and God” wirft Katherine Stewart einen Blick auf die weltanschaulichen Strömungen in den USA, welche die Wahl Donald Trumps überhaupt ermöglicht haben. Neben der nationalistischen evangelikalen Bewegung stellt sie u.a. zwei “ThinkTanks” vor, die seit Jahren für Trump trommeln: die Heritage Foundation mit ihrem “Project 2025″ und das Claremont Institute.
Beide predigen die Rückkehr zu all dem, was “America great again” machen soll:
zurück zum heilen Familienleben (das es so nie gegeben hat: Alice Miller und Arno Gruen lassen grüssen), zurück zur klaren Rollenverteilung zwischen Mann und Frau (sie am besten als “Heimchen am Herd”), zurück zur Vorherrschaft des weissen Mannes (Farbige bitte zurück ins zweite Glied), zurück zum Glauben an Gott (wobei “Gott* einfach die Chiffre für etwas Nebuloses ist, das aber die Amis ganz besonders mag), zurück zur Beschwörung des jüdisch-christlichen Erbes (exklusive “Liebe deinen Nächsten wie dich selbst”), zurück zu einem Nationalismus (USA! USA!), der primitiver kaum sein könnte.
Als den grössten Sündenbock, der die USA in den letzten Jahren direkt in den Untergang und in die Hölle geführt haben soll, wird die Woke-Bewegung angeprangert.
Es ist selbstverständlich kein Zufall, dass im Russland Putins ein fast identischer Kulturkampf stattfindet, — zusätzlich garniert mit dem heroischen Soldaten, der bereit ist, für das Vaterland in der Ukraine in den Tod zu gehen.
Als Donald Trump vor einem Jahr gefragt wurde, ob er etwas vom Project 2025 der Heritage Foundation gehört habe, verneinte er klar und deutlich. Als Donald Trump an seinem ersten Amtstag den schwarzen Filzstift zückte, unterschrieb er präsidiale Dekrete, die direkt aus dem Drehbuch dieser Institution stammten. Selbstverständlich ein dummer Zufall.
Das Claremont-Institut in Kalifornien startete in den 70er-Jahren als konservative Lehrstätte, die sich philosophischen Betrachtungen widmete, die um Platon und Aristoteles kreisten. Das war einmal:
Im Präsidentschaftswahlkampf 2016 stellte sich das Claremont Institute trotz seiner langen Feier von Klugheit, Tugend und Staatskunst hinter den Mann, der mit einer gehässigen Rede die goldene Rolltreppe hinunterkam. Mit jeder unklugen, unstaatsmännischen und untugendhaften Handlung der Trump-Administration bekräftigten sie ihre Unterstützung.
Ihre Verbundenheit schien ihren Höhepunkt in John Eastmans Beteiligung an Trumps Versuch zu finden, die Regierung der Vereinigten Staaten in den Jahren 2020–21 zu stürzen.(Eastman gehört zur Führungsequipe des Instituts und war an der Vorbereitung des 6. Januars beteiligt). Aber dann legten sie noch einmal nach. Das Vorstandsmitglied von Claremont, Christopher Flannery, bezeichnete Eastman als „Helden“ für seine Arbeit zur Förderung von Trumps großer Lüge und forderte uns stattdessen auf, „die stalinistische Maschine“ (gemeint ist die US-Bundespolizei) dafür zu verurteilen, dass sie ihn verfolgt.
Deshalb sind jetzt solche Texte im “American Mind”, dem Online-Magazin des Instituts, zu finden:
„Angesichts der drohenden Tyrannei - nicht bei Trump, sondern bei den bösartigen Woke-Anhängern — müssen sich konservative Intellektuelle offen mit der AR-15-Anhängerschaft verbünden (AR-15: halbautomatische Schnellfeuerwaffe) … Nicht mehr isolierte, körperlich leistungsfähige Männer kehren in einer Kultur der körperlichen Fitness und des verantwortungsvollen Umgangs mit Waffen zur republikanischen Männlichkeit zurück. Sie kaufen AR-15 und Glock 17 und trainieren mit ihren Freunden, nicht mit FBI-infiltrierten Milizen oder Online-Fremden, sondern mit vertrauenswürdigen Freunden, die sie schon ihr ganzes Leben lang kennen, um gemeinsam eine Gemeinschaft aufzubauen.“
Platon und Aristoteles dürften sich im Grab umdrehen, denn
jetzt bieten die Verfechter von Platon und Aristoteles eine Plattform für Frauenfeinde, rassistische „Ersatztheoretiker“ und Verschwörungstheoretiker wie Jack Posobiec, der mit rechtsextremen und autoritären Persönlichkeiten zusammenarbeitet, enge Verbindungen zu weißen Suprematisten unterhält, die widerlegten Verschwörungstheorien über einen Völkermord an den Weißen und Pizzagate propagiert und auf der Conservative Political Action Conference (CPAC) das „Ende der Demokratie“ verkündete, wobei er brüllte: „Wir haben es am 6. Januar nicht ganz geschafft, aber wir werden uns bemühen, es loszuwerden. Amen!“
Die Männer von Claremont priesen die Vereinigten Staaten einst als ‚das beste Regime‘ in der westlichen Zivilisation. Jetzt bieten sie Beiträge und Podcasts von Leuten wie Charles Haywood, dem Gründer eines geheimen Netzwerks rechtsextremer, rein männlicher Bruderschaften, der offen davon träumt, ein ‚Kriegsherr‘ an der Spitze eines ‚bewaffneten Patronagenetzwerks‘ in einem Amerika nach dem neuen Bürgerkrieg zu werden.
(alle Auszüge aus dem Buch von Katherine Stewart)
Fortsetzung am kommenden Donnerstag, den 27. März
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Georg Hausammann
März 20, 2025
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