Der His­torik­er Tim­o­thy Sny­der hat mit seinen Büch­ern zu den Katas­tro­phen im Osten Europas unter Hitler und Stal­in und seinen War­nun­gen vor dem Vor­marsch autokratis­ch­er Regimes weltweit Aufmerk­samkeit erregt.

So ist es nur fol­gerichtig, dass er die aktuelle poli­tis­che Entwick­lung in den USA in aller Schärfe anprangert. Hier sein neuester Blog-Artikel vom 2. Feb­ru­ar:

Die Logik der Zer­störung — und wie man ihr wider­ste­ht

Was ist ein Land? Die Art und Weise, wie seine Men­schen sich selb­st regieren. Ameri­ka existiert, weil seine Men­schen diejeni­gen wählen, die Geset­ze erlassen und aus­führen. Die Annahme ein­er Demokratie ist, dass Indi­viduen Würde und Rechte haben, die sie durch gemein­sames Han­deln ver­wirk­lichen und schützen.

Die Men­schen, die jet­zt die Exeku­tive der Regierung dominieren, leug­nen all dies und han­deln ganz bewusst, um die Nation zu zer­stören. Für sie haben nur einige wenige Men­schen, die sehr wohlhabend sind und eine bes­timmte Weltan­schau­ung haben, Rechte, und das wichtig­ste dieser Rechte ist es, zu dominieren.

Für sie gibt es kein Ameri­ka, keine Amerikan­er, keine Demokratie und keine Bürg­er, und sie han­deln dementsprechend. Jet­zt, da die Oli­garchen und ihre Klien­ten in der Bun­desregierung sitzen, ver­suchen sie ille­gal und ver­fas­sungswidrig, die Insti­tu­tio­nen zu übernehmen.

Die Teile der Regierung, die sich für die Umset­zung von Geset­zen ein­set­zen, wer­den seit Jahrzehn­ten ver­leumdet. Den Amerikan­ern wurde gesagt, dass die Men­schen, die ihnen Dien­stleis­tun­gen anbi­eten, Ver­schwör­er inner­halb eines „tiefen Staates“ seien. Uns wurde gesagt, dass die Mil­liardäre die Helden seien.

All diese Arbeit war eine Vor­bere­itung auf den Putsch, der jet­zt stat­tfind­et. Die Bun­desregierung ver­fügt über eine immense Kapaz­ität und Kon­trolle über Bil­lio­nen von Dol­lar. Diese Macht wurde vom amerikanis­chen Volk mit­geschaf­fen. Sie gehört ihnen. Die Oli­garchen um Trump herum arbeit­en jet­zt daran, sie für sich selb­st zu beanspruchen.

Ihre Logik ist die der Zer­störung. Es ist sehr schwierig, eine große, legit­ime und funk­tion­ierende Regierung zu schaf­fen. Die Oli­garchen haben keinen Plan, zu regieren. Sie wer­den sich nehmen, was sie kön­nen, und den Rest auss­chal­ten. Es geht ihnen um die Zer­störung. Sie wollen die beste­hende Ord­nung nicht kon­trol­lieren. Sie wollen Unord­nung, in der ihre rel­a­tive Macht wächst.

Stellen Sie sich die Bun­desregierung als ein Auto vor. Sie kön­nten denken, dass die Wahl wie eine Inspek­tion des Autos war. Stattdessen sagen Ihnen die Mechaniker, die irgend­wie nicht wie Mechaniker ausse­hen, wenn Sie in die Werk­statt kom­men, dass sie die funk­tion­ieren­den Teile Ihres Autos verkauft und das Geld behal­ten haben. Und dass dies das Effizien­teste war, was sie tun kon­nten. Und dass Sie ihnen danken soll­ten.

Die Kluft zwis­chen dem Reich­tum der Oli­garchen und dem aller anderen wird größer wer­den. Da sie wis­sen, was sie selb­st tun wer­den und wann, wer­den sie vor Trumps bewusst destruk­tiv­en Zöllen gegen den Aktien­markt gewet­tet haben und bere­it sein, allen zu sagen, sie sollen die Kryp­towährung kaufen, die sie bere­its besitzen. Aber das ist erst mor­gen und über­mor­gen.

Im All­ge­meinen ähnelt der von ihnen geplante wirtschaftliche Zusam­men­bruch eher ein­er umgekehrten Sint­flut aus dem Buch Gen­e­sis, bei der alle Gerecht­en unterge­hen, während die Aller­schlimm­sten auf Satans Arche mit­fahren. Die selb­ster­nan­nten Auser­wählten wer­den die vierzig Tage und vierzig Nächte über­ste­hen. Wenn das Wass­er zurück­ge­ht, wer­den sie allein sein und die Herrschaft übernehmen.

Trumps Zölle (die wahrschein­lich auch ille­gal sind) sind dazu da, uns arm zu machen. Trumps Angriffe auf Amerikas eng­ste Fre­unde, Län­der wie Kana­da und Däne­mark, sind dazu da, Län­der, in denen die Kon­sti­tu­tion funk­tion­iert und die Men­schen wohlhabend sind, zu Fein­den zu machen. Während ihr Land zer­stört wird, muss den Amerikan­ern die Vorstel­lung ver­weigert wer­den, dass etwas anderes möglich ist.

Abschiebun­gen sind ein Spek­takel, um Amerikan­er gegeneinan­der aufzuhet­zen, uns Angst zu machen und uns dazu zu brin­gen, Schmerz und Lager als nor­mal zu betra­cht­en. Sie schaf­fen auch viel Arbeit für die Strafver­fol­gungs­be­hör­den, indem sie die „Krim­inellen“ an Arbeit­splätzen im ganzen Land aus­find­ig machen, während das Ver­brechen des Jahrhun­derts im Zen­trum der Macht stat­tfind­et.

Die besten Leute in der amerikanis­chen Bun­de­spolizei, der nationalen Sicher­heit und dem nationalen Geheim­di­enst wer­den ent­lassen. Als Gründe dafür wer­den DEI (Diver­si­ty, equi­ty, and inclu­sion) und das Rein­waschen der Ver­gan­gen­heit genan­nt. Wenn man natür­lich alle entlässt, die in irgen­dein­er Weise mit den Ermit­tlun­gen zum 6. Jan­u­ar oder zu Rus­s­land zu tun hat­ten, dann wird das einen Großteil des FBI betr­e­f­fen. Das sind schlechte Gründe, aber die Real­ität ist noch schlim­mer: Das Ziel ist Geset­zlosigkeit: die Polizei und die Patri­oten aus dem Weg zu räu­men.

In der Logik der Zer­störung beste­ht keine Notwendigkeit, danach wieder aufzubauen. In diesem Chaos wer­den uns die Oli­garchen sagen, dass es keine andere Wahl gibt, als einen starken Mann an die Macht zu brin­gen. Das kann ein ver­wirrter Trump sein, der immer größere Papier­stücke für die Kam­eras unter­schreibt, oder ein hin­ter­hältiger Vance, der im Gegen­satz zu Trump immer über den Plan Bescheid wusste. Oder jemand anderes.

Nach­dem wir alle arm und isoliert sind, so die Logik, wer­den wir durch den Gedanken getröstet, dass es zumin­d­est einen Men­schen gibt, an den wir uns wen­den kön­nen. Wir wer­den uns mit ein­er Art anthro­pol­o­gis­chem Min­i­mum zufriedengeben, dem ersehn­ten Kon­takt mit dem starken Mann. Wie in Rus­s­land wer­den erbärm­liche Video-Self­ies, die an den Anführer geschickt wer­den, das Aus­maß der Poli­tik sein.

Für die Män­ner, die derzeit die Bun­desregierung plün­dern, sind die Dat­en aus diesen Video-Self­ies wichtiger als die Men­schen, die sie machen wer­den. Die neue Welt, die sie sich vorstellen, ist nicht nur anti­amerikanisch, son­dern anti­hu­man. Die Men­schen sind nur Dat­en, Mit­tel zum Zweck der Anhäu­fung von Reich­tum.

Sie sehen sich selb­st als Diener der Frei­heit einiger Auser­wählter, aber in Wirk­lichkeit sind sie, wie Jahrtausende von Tyran­nen vor ihnen, von fan­tastis­chen Träu­men besessen: Sie wer­den ewig leben, sie wer­den zum Mars reisen. Nichts davon wird passieren; sie wer­den hier auf der Erde ster­ben, mit dem Rest von uns, ihr einziges Ver­mächt­nis, wenn wir es zulassen, ist eines der Ruinen. Sie sind gehirnge­waschen und sehen sich auf ein­er Stufe mit Gott.

Der Ver­such der Oli­garchen, unsere Regierung zu zer­stören, ist ille­gal, ver­fas­sungswidrig und mehr als nur ein biss­chen ver­rückt. Die Ver­ant­wortlichen sind jedoch poli­tisch sehr intel­li­gent und haben einen Plan. Ich beschreibe ihn nicht, weil er gelin­gen muss, son­dern weil er beschrieben wer­den muss, damit wir ihn zum Scheit­ern brin­gen kön­nen. Dies erfordert Klarheit, Schnel­ligkeit und Koali­tio­nen. (…)

Was ist ein Land? Die Art und Weise, wie seine Men­schen sich selb­st regieren. Manch­mal bedeutet Selb­stver­wal­tung nur Wahlen. Und manch­mal bedeutet es, die tief­ere Würde und Bedeu­tung dessen anzuerken­nen, was es bedeutet, ein Volk zu sein. Das bedeutet, sich zu äußern, sich abzuheben und zu protestieren. Wir kön­nen nur gemein­sam frei sein.

Gibt es in der Schweiz gegen­teilige Mei­n­un­gen? Selb­stver­ständlich:

Wach­heit ist ange­sagt.

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Mattiello am Mittwoch 24/6
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