Der euro­päi­sche ARTE-Kul­tur­sen­der hat aktu­ell einen Doku­men­tar­film im Pro­gramm, der auf ein­drück­li­che Wei­se zeigt, wie radi­ka­le Evan­ge­li­ka­le bewusst auf einen reli­giö­sen Zivi­li­sa­ti­ons-Clash hin­ar­bei­ten, bevor Jesus mit vol­ler Macht auf die Erde zurück­kehrt und all den Ungläu­bi­gen defi­ni­tiv den Gar­aus macht: Will­kom­men bei “Arma­ged­don — Evan­ge­li­ka­le und die letz­te Schlacht”. Höchst sehens­wert für alle, die einen tie­fe­ren Blick in die gefähr­li­che Gedan­ken­welt der (pseudo-)christlichen Trump-Anhän­ger wer­fen möchten.

Wie am Schluss der letz­ten Fol­ge ange­tönt, sind aber auch ande­re reli­giö­se Radi­ka­le aus­ser­halb des evan­ge­li­ka­len Dunst­krei­ses an einer Wie­der­wahl Donald Trumps inter­es­siert. An ers­ter Stel­le: das katho­li­sche Opus Dei. Die Orga­ni­sa­ti­on ver­tritt ähn­lich wie die Pius-Bru­der­schaft einen ultra-kon­ser­va­ti­ven Katho­li­zis­mus. Der Begrün­der, der spa­ni­sche Pries­ter Jose­ma­ría Escri­vá (1902 – 1975), war ein Bewun­de­rer sowohl von Gene­ral Fran­co als auch von Gene­ral Pino­chet in Chi­le. Eine ver­tief­te Dis­kus­si­on zur Invol­vie­rung des Opus Dei in rechts­ge­rich­te­te Regie­run­gen und zur Posi­ti­on Escri­vás zu Hit­ler fin­det sich in die­sem (eng­lisch­spra­chi­gen) Wikipedia-Artikel.

Opus Dei hat gros­sen Ein­fluss am Obers­ten Gericht der Ver­ei­nig­ten Staa­ten (SCOTUS). Hier ein Aus­zug aus einer iri­schen Zeitung:

Rechts­ge­rich­te­te Katho­li­ken kon­trol­lie­ren den Obers­ten Gerichts­hof der USA
Es ist schon beun­ru­hi­gend, dass fünf erz­kon­ser­va­ti­ve Katho­li­ken mit Ver­bin­dun­gen zur extrem katho­li­schen Grup­pe Opus Dei jetzt im Obers­ten Gerichts­hof der USA sit­zen und Geset­ze für uns alle erlassen.
Die Rich­ter Amy Coney Bar­rett, John Roberts, Cla­rence Tho­mas, Brett Kava­n­augh und Samu­el Ali­to gehö­ren ent­we­der Opus Dei an oder ste­hen Mit­glie­dern die­ser gehei­men Lai­en­be­we­gung inner­halb der Kir­che nahe, die in den 1920er Jah­ren von Pater Jose­ma­ría Escri­vá in Spa­ni­en gegrün­det wur­de.

Opus-Dei-Kri­ti­ker Matthew Fox hat kei­nen Zwei­fel an der Macht, die die ver­schwie­ge­ne Grup­pe nun auf die katho­li­schen Rich­ter ausübt.
„Der Obers­te Gerichts­hof selbst ist zu einer Kloa­ke reli­giö­ser Ideo­lo­gie gewor­den, die den Plu­ra­lis­mus der ame­ri­ka­ni­schen Kul­tur zuguns­ten einer rechts­extre­men Ver­si­on des evan­ge­li­schen und römisch-katho­li­schen Chris­ten­tums igno­riert, das dem Anti-Abtrei­bungs-Fana­tis­mus ver­pflich­tet ist“, schreibt Fox. (…)

Wer wis­sen möch­te, wie Opus Dei zum The­ma Abtrei­bung steht, dem wird schnell klar, dass die Grup­pe für ein strik­tes Ver­bot von Abtrei­bun­gen ein­tritt. Zwar wur­de das Urteil im Fall Roe gegen Wade auf­ge­ho­ben, doch es gibt noch vie­le Her­aus­for­de­run­gen, wie die Suche nach einem lan­des­wei­ten Ver­bot, das immer noch auf der To-do-Lis­te von Opus Dei steht.
Die Grup­pe gilt als so wich­ti­ger Teil der katho­li­schen Kir­che, dass Papst Johan­nes Paul II. ver­fügt hat, dass nur der Papst direkt mit ihr ver­han­deln darf.
Opus Dei spielt auf lan­ge Sicht. Vie­le der katho­li­schen Rich­ter waren Mit­glie­der der Fede­ra­list Socie­ty, einer Grup­pe kon­ser­va­ti­ver, meist katho­li­scher Anwäl­te, die über enor­me Macht ver­fü­gen. Der Vor­sit­zen­de der Gesell­schaft, Leo­nard Leo, ein Vor­stands­mit­glied von Opus Dei, erhielt von Donald Trump freie Hand bei der Aus­wahl der drei Rich­ter des Obers­ten Gerichts­hofs, die Trump dann ernannte.
Im Janu­ar 2019 schrieb das Washing­ton Post Maga­zi­ne, dass die Fede­ra­list Socie­ty einen „bei­spiel­lo­sen Höhe­punkt an Macht und Ein­fluss“ erreicht habe (…)

Opus Dei ist also mäch­ti­ger denn je. In der Ver­gan­gen­heit blüh­te die Grup­pe unter dem faschis­ti­schen Regime von Fran­cis­co Fran­co auf und ver­brei­te­te sich welt­weit. Jetzt ist sie zu einer mäch­ti­gen Kraft im poli­ti­schen Leben Ame­ri­kas geworden.
Wenn ihre Agen­da durch­kommt, wür­de dies Ame­ri­ka um 50 Jah­re zurückwerfen.

Ultra­kon­ser­va­ti­ve katho­li­sche Poli­ti­ker wie Kevin Roberts sind auch feder­füh­rend am “Pro­ject 2025″ betei­ligt:

… Zuletzt lief es nicht so gut für Kevin Roberts, den Vor­den­ker des Trum­pis­mus, der bei einer Rück­kehr von Ex-Prä­si­dent Donald Trump ins Wei­ße Haus als Stabs­chef im Gespräch ist. Um sei­ne Chan­cen nicht zu gefähr­den, ver­leg­te der 50-Jäh­ri­ge die für Sep­tem­ber geplan­te Publi­ka­ti­on sei­nes neu­en Buchs “Dawn“s Ear­ly Light” (dt. “Frü­hes Licht des Son­nen­auf­gangs”) auf die Zeit nach den Prä­si­dent­schafts­wah­len im Novem­ber. Zuvor hat­te Kevin Roberts kla­re Signa­le aus dem Wahl­kampf­team Donald Trumps erhal­ten, lei­se zutreten.

Der “Make-America-Great-Again”-Kandidat woll­te nicht noch mehr Auf­merk­sam­keit auf die Blau­pau­se für den auto­kra­ti­schen Umbau der USA zu einer christ­li­chen Nati­on zie­hen, die Roberts Denk­fa­brik mit dem “Pro­ject 2025” erar­bei­tet hatte.

Auf 922 Sei­ten lie­fert das Mani­fest eine Art Hand­buch für eine zwei­te Amts­zeit Trumps, die Roberts kürz­lich als “zwei­te ame­ri­ka­ni­sche Revo­lu­ti­on” bezeich­ne­te. Die­se wer­de unblu­tig ver­lau­fen, sag­te er in einem Pod­cast mit Ste­ven Ban­non, einem ande­ren Rechts­ka­tho­li­ken, bevor die­ser sei­ne Gefäng­nis­stra­fe wegen Miss­ach­tung des Kon­gres­ses antre­ten musste.

Je mehr die Ame­ri­ka­ner über Ein­zel­hei­ten des Pro­ject 2025 erfuh­ren, des­to weni­ger gefie­len ihnen die im Kern anti­de­mo­kra­ti­schen Ideen. Was Trump dazu ver­an­lass­te, öffent­lich Abstand zu suchen. Dass sein Name meh­re­re hun­dert­mal in dem Doku­ment auf­taucht und sein “Run­ning Mate” J.D. Van­ce im engen Aus­tausch mit dem intel­lek­tu­el­len Archi­tek­ten der Blau­pau­se steht, zwang Roberts zum tak­ti­schen Rückzug.

Weil Van­ce ein glü­hen­des Vor­wort zu sei­nem Buch schrieb, in denen er die Rech­te auf­rief, “die Wagen zusam­men­zu­zie­hen und die Mus­ke­ten zu laden”, um mit Roberts Ideen als “wesent­li­che Waf­fen” in den Kampf zu zie­hen, schien es klü­ger, das Erschei­nen des Titels auf nach dem Wahl­tag zu ver­schie­ben. (aus katholisch.de)

Die Ver­bin­dung zwi­schen einer eigent­li­chen Mil­li­ar­därs-Olig­ar­chie, die Trump unter­stützt, und reak­tio­nä­ren reli­giö­sen Grup­pie­run­gen, die sich in Trump einen zukünf­ti­gen Prä­si­den­ten wün­schen, der ihre Agen­da umset­zen wird, hat sich zu einer rie­si­gen Gefahr für die ame­ri­ka­ni­sche Demo­kra­tie entwickelt.

Ist es Zufall, dass die Welt­wo­che vor eini­ger Zeit dem Rechts­ka­tho­li­ken Ste­ven Ban­non, der soeben eine län­ge­re Gefäng­nis­stras­se abge­ses­sen hat, in Zürich den Hof mach­te und in der aktu­el­len Aus­ga­be ein längeres Inter­view mit einem Pries­ter der reak­tio­nä­ren Pius-Bru­der­schaft bringt?

Fort­set­zung am kom­men­den Don­ners­tag, den 30. Oktober.

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Mattiello am Mittwoch 24/43
Die Reichsidee 152

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