Ein elo­quenter und scharf­sin­niger Beobachter des dys­funk­tionalen “Trump-Uni­ver­sums” ist Robert Reich, der im birsfaelder.li schon ein­mal zu Wort kam. Nach dem kür­zlich erfol­gten zweit­en poten­tiellen Anschlag auf Trump auf seinem Golf­platz, der ihm bei seinen Anhängern einen weit­eren Mär­ty­er-Bonus ver­schafft, geht beina­he vergessen, welche Auswirkun­gen die frei erfun­dene Mär hat­te, Haitian­er wür­den in Spring­field Hunde und Katzen essen. Der Kom­men­tar von Reich:

… „Sie sind nicht hin­ter mir her, sie sind hin­ter euch her“, sagte Trump nach dem ersten Anschlag. „Ich ste­he nur im Weg.“„Sie“ soll­ten hin­ter nie­man­dem her sein. In unser­er Demokratie ist wed­er Platz für Gewalt noch für Gewal­tan­dro­hun­gen.
Das bringt mich zu Trumps Behaup­tung in der Debat­te der let­zten Woche, dass haitian­is­che Ein­wan­der­er in Spring­field, Ohio, „die Hunde essen … die Katzen essen. Sie essen – sie essen die Haustiere der Men­schen, die dort leben.“
Es wurde schnell zu einem riesi­gen Inter­netwitz, der Tausende von urkomis­chen Memes und Liedern befeuerte. Aber das ist nicht zum Lachen. Trumps Behaup­tung hat bere­its zu Gewalt­dro­hun­gen geführt.

Am Woch­enende wur­den zwei Kranken­häuser in Spring­field nach Bomben­dro­hun­gen abgeriegelt, wie die Polizei mit­teilte. Andere Dro­hun­gen, die bei Beamten in Spring­field einge­gan­gen sind, haben dazu geführt, dass Regierungs­ge­bäude geschlossen, zwei Grund­schulen evakuiert und die Schüler an einen anderen Ort gebracht wur­den und eine Mit­telschule ganz geschlossen wer­den musste.

Nach­dem JD Vance erst­mals unbe­grün­dete Gerüchte über Haitian­er in Spring­field ver­bre­it­et hat­te, marschierten Mit­glieder der Neon­azi-Gruppe „Blood Tribe“ mit Waf­fen, Kör­per­schutz und Neon­azi-Fah­nen in die Stadt ein. Bei ein­er Bürg­erver­samm­lung am 27. August behauptete ein­er von ihnen, die Stadt sei von „entarteten Men­schen aus der Drit­ten Welt“ über­nom­men wor­den, gab Juden die Schuld für den Zus­trom und warnte, dass „Ver­brechen und Grausamkeit­en mit jedem Haitian­er, den Sie herein­lassen, nur noch zunehmen wer­den“.

Die haitian­is­chen Ein­wan­der­er in Spring­field sagen, dass sie Angst haben. Einige haben ihre Kinder aus Angst vor Gewalt nicht zur Schule geschickt. Andere bericht­en von Beläs­ti­gun­gen auf der Straße, in ihren Autos und in Geschäften. Eine Fam­i­lie aus Spring­field, deren Sohn let­ztes Jahr starb, als der Bus, in dem er saß, verse­hentlich mit einem Auto kol­li­dierte, das von einem haitian­is­chen Ein­wan­der­er gefahren wurde, hat Trump und Vance gebeten, ihren ver­stor­be­nen Sohn nicht mehr für poli­tis­che Zwecke zu miss­brauchen.

Doch Trump und JD Vance set­zen noch einen drauf. Gestern, vor dem Mor­dan­schlag auf Trump, sagte Vance auf CNN, dass die Behaup­tun­gen, Haitian­er wür­den die Haustiere der Ein­wohn­er von Spring­field essen, „aus erster Hand von meinen Wäh­lern“ stam­men. Als die Inter­view­erin Dana Bash darauf hin­wies, dass die Behaup­tun­gen zu Bomben­dro­hun­gen geführt hät­ten, beze­ich­nete Vance sie als „demokratis­che Pro­pa­gan­dis­tin“. Doch der Zusam­men­hang ist unbe­stre­it­bar.

Die Behaup­tun­gen von Trump und Vance sind wohlüber­legt und keine spon­ta­nen Äußerun­gen. Trumps let­zte zwei Beiträge auf Truth Social vor der Debat­te waren KI-Bilder von Katzen und Enten – eines zeigte Katzen in Mil­itärklei­dung, die Stur­mgewehre und MAGA-Hüte tru­gen, das andere zeigte den Kan­di­dat­en selb­st, der inmit­ten ein­er Menge von Enten und Katzen in einem Flugzeug saß.

Trump spricht nun davon, eine Kundge­bung in Spring­field abzuhal­ten. „Wir wer­den diese Leute rauss­chmeißen“, sagte Trump am Fre­itag auf ein­er Pressekon­ferenz. Obwohl die haitian­is­chen Ein­wan­der­er in Spring­field sich legal in den Vere­inigten Staat­en aufhal­ten, ver­sprach er, im Falle sein­er Wieder­wahl ‚die größte Abschiebung in der Geschichte unseres Lan­des‘ durchzuführen.

Trumps und Vances Behaup­tun­gen sind völ­lig aus der Luft gegrif­f­en. Der repub­likanis­che Gou­verneur von Ohio, Mike DeWine, sagte am Mittwoch gegenüber CBS News: „Diese Haitian­er sind hier­her gekom­men, um zu arbeit­en, weil es Jobs gab, und sie haben viele Jobs beset­zt. Und wenn man mit Arbeit­ge­bern spricht, haben sie sehr, sehr gute Arbeit geleis­tet und sie arbeit­en sehr, sehr hart.“

Eine weit­ere falsche Behaup­tung von Trump bedro­ht nun legale Ein­wan­der­er in Auro­ra, Col­orado, einem Vorort von Den­ver, von dem Trump wieder­holt behauptet hat, er werde von vene­zolanis­chen Krim­inellen „über­nom­men“. „Das ist ein­fach nicht wahr“, schrieben der repub­likanis­che Bürg­er­meis­ter und der Stad­trat von Auro­ra in ein­er gemein­samen Erk­lärung.

Wie in Spring­field schaden Trumps halt­lose Behaup­tun­gen unschuldigen Men­schen in Auro­ra. Ein­wan­der­er dort sagen, dass ihnen gesagt wurde, ihre Nation­al­ität mache sie für Jobs oder Wohn­raum ungeeignet. Trumps Behaup­tun­gen haben zu Dro­hun­gen geführt und bewaffnete Grup­pen in die Stadt gelockt, die vorgeben, Schutz im Stil ein­er Bürg­er­wehr zu bieten.
Trump und Vance bedi­enen sich der ältesten tyran­nis­chen Tak­tik – sie schüren tief­sitzende Äng­ste, indem sie ein „Anderes“ schaf­fen, das als Unter­men­sch dargestellt wird und Städte „übern­immt“ und geliebte Men­schen „ver­schlingt“.

In Spring­field sind die geliebten Men­schen die Haustiere der Men­schen. Aber wie weit ist diese falsche Behaup­tung von den bösar­ti­gen Behaup­tun­gen der Nazis ent­fer­nt, dass Juden Kinder ver­schlin­gen? Erset­zen Sie „Haitian­er“ in Spring­field oder „Vene­zolan­er“ in Auro­ra durch „Juden“, und Sie sind wieder bei den Nazis der 1930er Jahre.
Indem sie Migranten dämon­isieren und ent­men­schlichen, ver­suchen Trump und Vance nicht nur, ein paar unentschlossene Wäh­ler im ganzen Land für sich zu gewin­nen oder die Kon­trolle über den Sen­at zu erlan­gen. Sie ver­suchen, Ameri­ka Angst einzu­ja­gen, damit es zu ein­er furchte­in­flößen­deren, ras­sis­tis­cheren Nation wird.

„Sie vergiften das Blut unseres Lan­des“, sagte Trump vor acht Monat­en bei ein­er Kundge­bung in New Hamp­shire über Ein­wan­der­er und zitierte dabei Adolf Hitler (der in Mein Kampf schrieb: „Alle großen Kul­turen der Ver­gan­gen­heit sind nur deshalb unterge­gan­gen, weil die ursprünglich kreative Rasse durch eine Blutvergif­tung aus­gestor­ben ist“).
In einem let­zten Ver­such, sich in ihrem Wahlkampf durchzuset­zen, ermuti­gen Trump und Vance die Has­s­er. Am 10. Sep­tem­ber forderte Vance seine Anhänger auf, „die Katzen-Memes weit­er­laufen zu lassen“, obwohl sie Men­schen in seinem eige­nen Bun­desstaat gefährden.

Unter­dessen ver­bre­it­en Mit­glieder von Trumps Social-Media-Kriegsraum – darunter auch Trumps Ver­traute Lau­ra Loomer (bekan­nt für sex­is­tis­che, homo­phobe, trans­pho­be, antimus­lim­is­che und anti­semi­tis­che Beiträge) – fleißig KI-gener­ierte Bilder von Hun­den und Katzen, die von Trump beschützt wer­den, zusam­men mit anderen Inhal­ten, die die Behaup­tung unter­stützen, dass die Haustiere von Haitian­ern gefressen wur­den.

Ich wieder­hole: Gewalt oder Gewal­tan­dro­hun­gen sind in unser­er Demokratie in kein­er Weise zu recht­fer­ti­gen. Der zweite offen­sichtliche Mord­ver­such an Trump gestern ist zwar abso­lut ver­ab­scheuungswürdig, kann aber als Symp­tom für die has­ser­füllte Poli­tik gese­hen wer­den, die er und Vance betreiben.

Das muss aufhören.

Tut es aber lei­der nicht. Willkom­men im sur­realen “Trump-Uni­ver­sum” …

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Mattiello am Mittwoch 24/38
Die Reichsidee 147

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