Langsam aber sicher tritt der US-Wahlkampf in die heisse Phase ein. Langsam, aber stetig baut die Weltwoche ihre Berichterstattung dazu aus. Ziel: Donald Trump für die Eidgenossinnen und Eidgenossen zu einer diskutablen, ja begrüssenswerten Alternative zur demokratischen Kandidatin Kamala Harris aufzubauen.
Schauen wir uns dazu zwei Artikel aus der letzten WW-Ausgabe an:
Der amerikanische Kunstkritiker und konservative politische Kommentator Roger Kimball verkündet unter dem Titel “Phoenix Trump” triumphierend:
Donald Trump ist eigentlich kein Politiker. Er ist ein Phänomen. (…) “Lazarus” oder “Phönix” wären ebenso passende Bezeichnungen gewesen. Der Phönix soll sich aus seiner eigenen Asche erhoben haben. Donald Trump, politisch oft totgesagt, hat sich zur Verblüffung vieler Beobachter immer wieder zurückgemeldet.
Das Bild von Trump, wie er, umringt von Sicherheitsleuten, mit erhobener Faust und blutigem Gesicht «Kämpft, kämpft, kämpft!» ruft, dürfte als ikonische Fotografie in die Geschichte eingehen. Die tödliche Kugel hatte ihn knapp verfehlt.
In der Rückschau auf die Achterbahn-Karriere seines Helden dürfen selbstverständlich die “bösen Buben”, die ihm immer wieder das Leben schwermachten, nicht fehlen. Dazu gehört etwa der Sonderermittler Robert Mueller, der mit seinem Nachweis, Russland habe sich 2016 in den Wahlkampf eingemischt, kläglich gescheitert sei. Logisch, denn “Am Ende kam heraus, dass die ganze Sache von Hillary Clintons Team erfunden (und finanziert) worden war.” So einfach ist das. — Dass es ganz und gar nicht so einfach ist, dafür genügt ein Blick in die Zusammenfassung der Untersuchungsresultate auf der Website der American Constitution Society.
Hat da jemand etwas vom “Aufstand des 6. Januar” geflüstert? Ja, wirklich schreckliche Sache, denn
Das Märchen vom «Aufstand des 6. Januar» hätte Donald Trump fast vernichtet. Aber nur fast. Obwohl er sich in einer Situation befand, in der er von einer politisierten und rachsüchtigen Justiz nach Belieben schikaniert werden konnte. Natürlich alles von den Demokraten manipuliert. Denn hier ist die Wahrheit:
Tatsächlich war es ein weitgehend inszenierter Vorfall, bei dem Dutzende Bundespolizisten die Demonstranten begleiteten. Trump seinerseits forderte seine Anhänger auf, ihre Meinung «friedlich und patriotisch» zu äussern. Doch in der Eile, mit der die andere Seite diesen Zwischenfall politisch instrumentalisierte, gingen diese Worte unter.
Dass Trump dem Kapitolsturm stundenlang zusah, bis er sich auf Druck seiner Berater zu einer müden Beschwichtigung des Mobs durchrang, — geschenkt.
Der Artikel von Roger Kimball ist — sagen wir es deutsch und deutlich — ein Beispiel perfider Geschichtsklitterung, die langsam in die eidgenössischen Köpfe eintröpfeln soll.
Etwas eleganter macht das Chefredaktor Roger Köppel: Unter dem triumphierenden Titel “Trump ante portas” zieht er einen Vergleich zur Rückkehr Napoleons aus Elba, als die Zeitungen bei seiner Landung auf französischem Boden Zeter und Mordio schrien, um ihm schliesslich bei seinem Einzug in Paris mit “Vive l’Empereur” zu feiern.
Ähnliches sei gemäss Köppel Donald Trump widerfahren, und er zitiert genüsslich die Berichterstattung der NZZ, die 2016 noch vom “falschen Präsidenten” sprach, um ihm jetzt als *verkanntes Genie der Politik” zu huldigen. Sein Fazit:
Zweierlei Trump: Aber welcher ist der richtige? Der grossmäulige Polit-Rabauke, der seine Rivalin Hillary Clinton hinter Gitter bringen wollte und sich als Opfer einer Hexenjagd von «Faschisten» sieht? Oder ist es der mild dreinblickende Grossvater mit dem Verband am Ohr, der sanftstimmig verspricht, das zerklüftete Land zu einen? Möglicherweise entkräften sich beide Versionen gerade etwas gegenseitig. (…)
Was die Berichte aber zweifellos beweisen: Die Welt da draussen ist ein Rorschachtest der Medien, eine Grossleinwand der Projektionen, das Resultat weniger einer nüchternen Erkundung dessen, was ist, als vielmehr ein Fabrikat der Einbildungskraft von Journalisten. Die Wirklichkeit, das zeigt das Beispiel Trump, ist eine Medien-Fiktion.
Der Weltwoche-Chefredaktor geht nicht so plump vor wie Kimball, aber seine Technik ist womöglich noch perfider, wenn er den Schluss zieht: Als Zuschauer lernen wir: Glaube nichts, bezweifle alles. Die Monster von heute können über Nacht zu Helden mutieren – und umgekehrt.
Da ist das Journalistenteam, das kürzlich in der NYT in einem mehrseitigen Artikel vor der Rückkehr Donald Trump ins Weisse Haus warnte, offensichtlich diversen Zeitungsenten aufgesessen. Dagegen gibt es nur eine Medizin: Man lese die Weltwoche :-).
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