Eine gefähr­lich mäch­ti­ge Mar­ke” beti­tel­te der SPIEGEL unlängst einen Arti­kel, der die “äus­serst effek­ti­ve media­le Mar­ken­stra­te­gie” hin­ter Donald Trump beschreibt. Dar­in heisst es u.a.
Dass Trump eine Mar­ke ist, und in jeder Hin­sicht eine ein­zig­ar­ti­ge, kein Zwei­fel. »I am the hot­test brand in the world!« – so behaup­te­te er gewohnt unbe­schei­den, als er im April 2023 vor dem New Yor­ker Gerichts­hof zur betrü­ge­ri­schen Falsch­be­wer­tung sei­ner Ver­mö­gens­wer­te aus­sag­te. Das Unan­ge­neh­me an der Sache: Bei genaue­rer Betrach­tung muss man fest­stel­len, dass er mit sei­ner Behaup­tung den Nagel auf den Kopf trifft. Ob man sei­ne Wer­te teilt, oder die­se, sowie das kom­plet­te Feh­len der­sel­ben, ver­ur­teilt – man kommt nicht umhin sich ein­zu­ge­ste­hen: Trump beherrscht das Hand­werks­zeug, das einen Poli­ti­ker in unse­rer hyper­me­dia­len Welt erfolg­reich macht, bedau­er­li­cher­wei­se bes­ser als jeder andere. (…)

In einer Ära, die von sozia­len Medi­en und schnell kon­su­mier­ba­ren Inhal­ten beherrscht wird, befrie­digt Trump gekonnt das Bedürf­nis nach leicht ver­dau­li­chen Infor­ma­tio­nen. Statt der gedämpf­ten Ästhe­tik klas­si­scher Wahl­kam­pa­gnen bedient er sich visu­ell auf­fäl­li­ger Sym­bo­le, die unmit­tel­bar und nach­hal­tig wir­ken: leuch­tend rote Kra­wat­te, gold­gelb gefärb­te Fri­sur, ein ver­ei­nend patrio­ti­scher Slo­gan – und die damit bestick­te rote Kap­pe als krö­nen­der visu­el­ler Genie­streich. Sie ist greif­ba­res Iden­ti­fi­ka­ti­ons­sym­bol und trag­ba­res Angriffs­mot­to einer gan­zen Bewegung. (…)

Aber die Mar­ke Trump kann noch mehr. Sie hat die poli­ti­sche Büh­ne erfolg­reich über­schrit­ten und ist zum pop­kul­tu­rel­len Phä­no­men gewor­den, denn sie ver­steht wie kein ande­rer, was heu­te im poli­ti­schen Markt ent­schei­det: Enter­tain­ment. Und das gna­den­los konsequent.

Das ist sicher zwei­fel­los alles rich­tig, — wes­halb ein poli­ti­scher Beob­ach­ter kürz­lich die Fra­ge stell­te, ob man noch von einer Trump-Bewe­gung oder inzwi­schen doch bes­ser von einem eigent­li­chen Trump-Kult spre­chen müsste.

Aber genau so rich­tig ist die Tat­sa­che, dass sich die “Trump-Mar­ke” nur des­halb so gut durch­set­zen kann, weil in den USA (und nicht nur dort) in Sachen gesell­schaft­li­che Gerech­tig­keit so vie­les im Argen liegt. Robert Reich hat die Grün­de dafür auf sei­nem Blog “Debun­king Myths” kurz und prä­gnant auf den Punkt gebracht:

Die Ver­tei­lung von Ein­kom­men und Ver­mö­gen hängt zuneh­mend davon ab, wer die Macht hat, die Spiel­re­geln zu bestim­men. Die­je­ni­gen, die an der Spit­ze ste­hen, erzie­len im Ver­gleich zu allen ande­ren ein Rekord­ergeb­nis bei Ein­kom­men und Ver­mö­gen, weil:

Die Vor­stands­vor­sit­zen­den haben ihre Gehäl­ter durch Akti­en­op­tio­nen an den Akti­en­markt gekop­pelt. Sie nut­zen dann die Akti­en­rück­käu­fe der Unter­neh­men, um die Akti­en­kur­se zu erhö­hen, und stim­men den Ver­kauf ihrer Optio­nen auf die­se Stei­ge­run­gen ab.

 Sie erhal­ten Insi­der­infor­ma­tio­nen über Unter­neh­mens­ge­win­ne und ‑ver­lus­te vor dem Rest der Öffent­lich­keit und han­deln mit die­sen Insi­der­infor­ma­tio­nen. Dies gilt ins­be­son­de­re für Hedge-Fonds-Mana­ger, die dar­auf spe­zia­li­siert sind, Insi­der­infor­ma­tio­nen vor ande­ren Anle­gern zu erhalten.

Sie grün­den oder arbei­ten für Unter­neh­men, die ihre Märk­te mono­po­li­siert haben. Dies ermög­licht es ihnen, den Ver­brau­chern höhe­re Prei­se zu berech­nen, als wenn sie um die­se Ver­brau­cher kon­kur­rie­ren müss­ten. Und sie kön­nen die Löh­ne nied­rig hal­ten, weil die Arbeit­neh­mer weni­ger Mög­lich­kei­ten haben, für wen sie arbei­ten sollen.

Sie nut­zen ihren poli­ti­schen Ein­fluss, um Ände­run­gen von Geset­zen, Vor­schrif­ten und Steu­ern durch­zu­set­zen, die ihnen und ihren Unter­neh­men zugu­te kom­men, wäh­rend sie den­je­ni­gen scha­den, die kei­nen sol­chen Ein­fluss haben — ins­be­son­de­re klei­ne­ren Wett­be­wer­bern, Ver­brau­chern und Arbeitnehmern.

Sie wur­den in Reich­tum hin­ein­ge­bo­ren (oder haben dort­hin gehei­ra­tet). Heut­zu­ta­ge ist der wich­tigs­te Prä­dik­tor für das zukünf­ti­ge Ein­kom­men und Ver­mö­gen eines Men­schen in Ame­ri­ka das Ein­kom­men und Ver­mö­gen sei­ner Eltern. Sech­zig Pro­zent des gesam­ten Ver­mö­gens wird geerbt. Und wir ste­hen an der Schwel­le zum größ­ten gene­ra­tio­nen­über­grei­fen­den Ver­mö­gen­s­trans­fer der Geschich­te, von den rei­chen Boo­mern an ihre Kinder.

Kei­ner die­ser Grün­de für die Explo­si­on von Ein­kom­men und Ver­mö­gen an der Spit­ze hat etwas mit Wert oder Ver­dienst zu tun. Sie haben mit Macht zu tun — oder mit der Macht der eige­nen Eltern.

In der Zwi­schen­zeit sta­gnie­ren die Löh­ne der durch­schnitt­li­chen Arbeit­neh­mer, weil sie wirt­schaft­li­che Macht und den damit ver­bun­de­nen poli­ti­schen Ein­fluss ver­lo­ren haben. Die Unter­neh­men haben die Löh­ne nied­rig gehal­ten, indem sie Arbeit ins Aus­land ver­la­gert, Arbeit­neh­mer durch Soft­ware ersetzt und die gewerk­schaft­li­che Orga­ni­sie­rung der Arbeit­neh­mer ver­hin­dert haben.

Unterm Strich: Reich­tum ist kein Maß­stab dafür, wie hart jemand gear­bei­tet hat oder was er ver­dient hat. Er misst, wie gut unser Wirt­schafts­sys­tem für ihn gear­bei­tet hat.

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Mattiello am Mittwoch 24/25
Die Reichsidee 137

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