In der vergangenen Woche wurden in der Wintersession unserer Räte in Bern unter anderem zwei Geschäfte beraten:
• 12.12.2017: Die Steuerstrafrechtsrevision
• 14.12.2017: Die Überwachung von Sozialhilfeempfangenden durch GPS-Sender und Sozialdetektive
Die zwei ganz verschieden gelagerten Geschäfte haben allerdings eine grosse Gemeinsamkeit: Die Ungleichheit!
Sozialhilfebetrug
Genaue Zahlen sind kaum erhältlich, Betrug geschieht ja im Versteckten. Aber man kann ja etwas hochrechnen.
Im Jahre 2011 kam die IV 320 Betrügern auf die Schliche und sparte so 100 Mio Franken. Nehmen wir an, dass die IV nur einen Drittel der Betrügenden erwischt hat, können wir mit etwa 300 Mio Franken rechnen.
Nehmen wir an, dass in der Sozialhilfe ähnliche Zustände herrschen und setzen wir noch etwas drauf, so werden in der Schweiz jährlich rund 1 Milliarde Franken ertrogen! Wow!
Dazu sagte Alex Kuprecht, SVP, im Ständerat: »Diese Instrumente (GPS, Sozialdetektive, etc. Red.) sind insofern notwendig, geht es doch darum, betrügerisch erworbene Renten aufzudecken um die ensprechenden Versicherten zur Rechenschaft ziehen zu können. Der Bezug von unrechtmässig erworbenen Renten und Kapitalien sind keine Kavaliersdelikte.«
Steuerbetrug
Da hatte Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf die gute Idee eine Steuerstrafrechtsrevision auf den Weg zu bringen, die den Schweizer Behörden durch eine moderate Aufweichung des Bankgeheimnisses etwas mehr Möglichkeiten geboten hätte. Nicht den automatischen Datenaustausch wie bei Ausländern, aber immerhin etwas mehr als bis jetzt.
Dagegen hat sich Nationalrat und Milliardär Thomas Matter, auch SVP wie der schon zitierte Alex Kuprecht, mit einer Initiative zur Wehr gesetzt, die das Bankgeheimnis für Schweizerinnen und Schweizer in die Verfassung schreiben will.
Nun wurde diese Steuerstrafrechtsrevision von den Räten versenkt. Und Herr Matter ist recht froh, vielleicht zieht er sogar seine Initiative zurück, weil er nämlich Angst haben muss, dass sie auch versenkt würde.
Bundesrat Ueli Maurer, auch SVP, zum Geschäft: »Wir gehen davon aus, dass die Steuerzahler grundsätzlich ehrlich sind und ihre Einkünfte und Vermögen deklarieren.«
Und der Kommentar von Thomas Matter, SVP, in 10vor10: »… dass wir eine Wertvorstellung haben, dass der Staat nichts zu suchen hat in der Privatsphäre.«
Und hier die Resultate der Matter’schen Wertvorstellung
Mit der kleinen Steueramnestie seit 2010 haben alle die Möglichkeit einmal in ihrem Leben Vermögen offen zu legen ohne bestraft zu werden. Nachsteuern und Zinsen für bis zu zehn Jahre müssen nachbezahlt werden.
Viele haben davon Gebrauch gemacht und der Kanton St. Gallen hat ermittelt, dass 57% dieser Gelder im Ausland lagern, vor allem in Lichtenstein. So wurden seither bis Frühling 2016 rund 24,7 Milliarden Franken offengelegt.
Für Baselland sagt die bz: »Für den finanziell geplagten Landkanton zahlt sich das in klingender Münze aus: 6,4 Millionen an Nachsteuererträgen kann er einstreichen. Weitere 1,3 Millionen Franken fliessen dem Bund zu.«
Eigentlich müsste es doch nach SVP-System auch heissen:
»… dass wir eine Wertvorstellung haben, dass der Staat nichts zu suchen hat in der Privatsphäre. Wir gehen davon aus, dass die Sozialhilfeempfangenden grundsätzlich ehrlich sind.«
Wenn ich sehe, wieviel Vertrauen (resp. wenig) Sozialhilfeempfangenden und wieviel blauäugiges Vertrauen Steuerhinterziehenden entgegengebracht wird, kann ich nur noch … siehe Titelbild (F. Büchler) und Schlagzeile (Leonard Cohen).
Und die Weisheit zur Sache:
„Alle Tiere sind gleich, aber manche sind gleicher.“
George Orwell