Da kommen Sie also daher, im angedeuteten dynamischen Schritt, schon fast kennedymässig. Vereint in »Zukunft Baselbiet gestalten«. Und sie sagen:
»Für das bürgerliche Regierungsteam ist folgendes Ziel zentral:
2025 steht der Kanton Basel-Landschaft im interkantonalen Vergleich im vorderen Drittel bezüglich tiefer Staatsquote, freiheitlichen Rahmenbedingungen, hoher Wertschöpfung pro Kopf und hoher Lebensqualität.
Dabei greift die Regierung die Hauptkostentreiber und damit auch unangenehme Themen auf und sucht nach tragfähigeren Lösungen: Gesundheit, Bildung und Verkehr.«
Schauen wir uns heute einen kleinen Teil dieses Regierungsprogramms an:
Hohe Lebensqualität
Über die Frage, welche Bereiche zur Lebensqualität zählen, gibt es sehr unterschiedliche Auffassungen. Nach einer grundlegenden WHO-Definition umfasst Lebensqualität in Anlehnung an „Gesundheit“ das körperliche, psychische und soziale Befinden eines Individuums.
Mehrere Autoren betonen, dass Lebensqualität weniger die objektive Verfügbarkeit von materiellen und immateriellen Dingen umfasst, sondern den Grad, mit dem ein vom Einzelnen erwünschter Zustand an körperlichem, psychischem und sozialem Befinden auch tatsächlich erreicht wird.
Zur Messung der Lebensqualität gibt es zwei große Theorietraditionen:
Die Objektivisten gehen von der Grundannahme aus, dass es identifizierbare Grundbedürfnisse gibt, deren Befriedigung das Wohlbefinden bestimmt. Die beobachtbaren Lebensverhältnisse können von Außenstehenden nach wissenschaftlichen bzw. moralischen Standards bewertet werden. In Wohlfahrtsstaaten wie z.B. Schweden hat sich dieser Ansatz stärker durchgesetzt. Lebensqualität wurde als optimale Ausstattung mit materiellen Ressourcen verstanden.
Neben den Objektivisten, die sich auf die Lebensbedingungen als den einzigen politisch gestaltbaren und langfristig zu verbessernden Faktor konzentrieren, etablierten sich die Subjektivisten, die die Wahrnehmung der Lebensverhältnisse in den Mittelpunkt rücken. In marktliberalen Staaten wie den Vereinigten Staaten hat sich die Auffassung entwickelt, dass der Erfolg des individuellen Glücksstrebens nur durch Aussagen der Betroffenen selbst beurteilt werden kann. Die amerikanische „Quality of Life“-Forschung ist der Auffassung, dass Lebensqualität im Zuge der gesellschaftlichen Entwicklung zunehmend durch immaterielle Werte bestimmt wird. Da Glück, Zufriedenheit und Ängste aber nur durch die Bürger selbst beurteilt werden können, muss auch die Messung der Lebensqualität durch deren Befragung erfolgen.
Bild Christoph Gloor
So:
Und jetzt frage ich mich, wie die vier Regierungsratskandidaten diese Sache angehen wollen. Es soll ja nicht eine Billigsterforschung der Lebensqualität 2019 geben, wie etwa die lächerlichen Städterankings, da soll doch dabei mindestens etwas Substanzielles herausschauen.
Ich freue mich auf die Befragung. Allerdings befürchte ich, dass sie die hohe Lebensqualität stark in Verbindung mit der hohen Wertschöpfung pro Kopf sehen …
Eine sehr hohe Lebensqualität könnte ja möglicherweise auch darin bestehen, dass man für die kommenden Generationen das Problem Klimawandel angeht. Irgendetwas vom bürgerlichen Regierungsteam dazu gehört? Wie hiess doch dieses Wort schon wieder? Aaaaahh jä! — Antizipation …
Dieser Artikel ist einer von 9 Artikeln zu den Regierungsratswahlen.
Die weiteren Artikel finden Sie hier.
Und die Weisheit zur Sache:
Lebensstandard ist noch nicht Lebensqualität.
Ernst Reinhardt