Ein Leser­brief in der bz basel von Dien­stag, 3. Dezem­ber 2024 hat mich wieder ein­mal in die Schweiz­er Geschichte einge­so­gen. In den späten Siebzigern leis­tete ich mir die »Geschichte der schweiz­erischen Neu­tral­ität« von Edgar Bon­jour. Dort hat­te ich davon gele­sen, vielle­icht in Band 5 (?), ich habe das Werk vor eini­gen Jahren ver­schenkt.

Hier der Leser­brief.

Aus einem Inter­view zum The­ma:
»Neu­tral­ität ist in der Tat ein Mythos. Ich meine, das ist bis heute ein Begriff, der viel disku­tiert wird in der Schweiz, wie neu­tral ist ein Land, das auch Waf­fen her­stellt für andere Län­der, wie neu­tral ist ein Land, das starke Wirtschafts­beziehun­gen hat zu Län­dern, die Krieg führen?«, fragt Petra Volpe

 

 

 

 

 

 

Mit 132’780 beglaubigten Unter­schriften wurde am 11. April 2024 die von der SVP lancierte Neu­tral­itätsini­tia­tive ein­gere­icht. Mit dem Inhalt:

»Die Ini­tia­tive soll die Antwort auf die ›Aushöh­lung und Abschaf­fung der Neu­tral­ität‹ sein. Nach­dem Bun­des­bern kopf­los die EU-Sank­tio­nen über­nom­men habe, solle unser Land jet­zt in die NATO geführt wer­den. Deshalb müsse der Kern der Neu­tral­ität in der Ver­fas­sung ver­ankert wer­den:
• Die Neu­tral­ität soll immer­während, bewaffnet und umfassend sein.
• Kein Beitritt zu einem Mil­itär­bünd­nis (NATO).
• Nicht­beteili­gung an frem­den Kriegen, auch nicht mit nicht-mil­itärischen Zwangs­mass­nah­men.
• Eine glaub­würdi­ge Neu­tral­ität er­mögliche gute Dien­ste und eine echte Friedens­diplo­matie.«

Der Mythos der SVP:
»Dank der Neu­tral­ität wurde die Schweiz unter anderem von den bei­den Weltkriegen ver­schont. Die Mitte-Links-Mehrheit will diese Garan­tin unser­er Sicher­heit aufgeben.«

Diese Neu­tral­ität war nicht frei­willig gewählt, wie immer wieder behauptet wird. Die Schweiz wurde vom »Wiener Kongress« 1814/1815 dazu verpflichtet.
Man kön­nte fast glauben, diese immer­währende Neu­tral­ität habe schon immer existiert und habe immer bestens funk­tion­iert:
• Vergessen, dass nach 1815 noch bis zum Ver­bot 1859 Schweiz­er Söld­ner in frem­den Dien­sten waren.
• Vergessen der nicht ver­wehrte »Durch­marsch auf den Schienen« von Mate­ri­alien, Trup­pen und ver­hafteten Men­schen durch die Schweiz während dem 2. Weltkrieg?
• Vergessen die Stel­lung­nah­men während dem Kalten Krieg, P26 von 1979 bis 1990 und die Fichierung der hal­ben Schweiz­er Bevölkerung?
• Vergessen das »Manöver H« der Schweiz­er Armee während dem 2. Weltkrieg? Respek­tive die »Affaire de la Char­ité de Loire«?

Eigentlich kön­nte man vere­in­facht sagen: Die Neu­tral­ität wird vor allem dann durchge­set­zt, wenn es der Schweiz nützt. Andern­falls kann man auch gut darauf verzicht­en.
Keine Sank­tio­nen übernehmen, wie die Neu­tral­itätsini­tia­tive das fordert, bei Kon­flikten schweigen, heisst let­ztlich, sich um die Ver­ant­wor­tung drück­en. Es heisst, Täter und Opfer gle­ich­stellen. Es heisst, Angreifer gle­ich behan­deln wie Ange­grif­f­ene. Damit gibt die Schweiz, das Land der human­itären Tra­di­tion und der Hort der Men­schen­rechte, ihre eige­nen Ansprüche auf zugun­sten des ängstlichen Weg­duck­ens. Allen­falls zugun­sten eines unge­hin­derten Geschäftens?
Wenn Sie sich weit­er mit ver­schiede­nen The­men zur Neu­tral­ität beschäfti­gen wollen, das Birs­fälder­püng­gtli hat ihnen mit diesem Link einiges zu bieten.

Und zum Schluss noch dies:
Wir sitzen in der Loge der Neu­tral­ität und spuck­en den rin­gen­den Völk­ern auf die Köpfe.
(Autor:in nicht bekan­nt)

Trump Dämmerung 46
Die Reichsidee 161

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