Da war ich doch, es ist schon lange her, während 7 Jahren Präsident der landrätlichen Petitions‑, Begnadigungs- und Einbügerungskommission.
Die bz hat vorgestern und gestern eine tolle, aber eigentlich unnötige Petitionskampagne lanciert. Bereits haben erste Interessenten das zugeworfene Seil ergriffen:
Fallbeispiele aus meiner Erinnerung:
Petition einer Studentin, die Kosten für eine Ausbildung zu übernehmen, welche in den beiden Basel nicht angeboten wird, für ausserkantonale Studierende das beträchtliche „Schulgeld“ privat in Rechnung stellt.
(eine Unterschrift, die der Gesuchsstellerin)
Nach Anhörung der Petentin in der Kommission von dieser befürwortet, vom Landrat angenommen, dem Regierungsrat überwiesen, Ausbildungskosten übernommen.
Petition des Sportdirektors eines CH-Fussballclubs um beschleunigte Einbürgerung eines seiner Spieler, der habe ein Aufgebot der Nationalmannschft erhalten. Um an einer Weltmeisterschaft teilnehmen zu können, zur Teilnahme benötige dieser möglichst schnell einen Schweizer Pass. Alle Bedingungen zu Einbürgerung waren erfüllt.
(eine Unterschrift, die des Sportdirektors)
Von der Kommission befürwortet, vom Landrat angenommen, positiv und schnell erledigt.
Petition eines lokalen Vereins, das Birsufer zu renaturieren.
(Unterschrift des Vereinspräsidenten Ansprechperson und zahlreicher Vereinsmitglieder und Anwohner)
Nach Lokaltermin und Anhörung einer Delegation der Petenten vom Landrat, auf Antrag der Petitionskommission, dem Regierungsrat überwiesen, und ausgeführt. Sehen Sie selbst bei einem Spaziergang am Birsufer.
Es gibt auch unehrliche Petitionen.
Zum Beispiel initiiert ein aktiver Land- und Gemeinderat eine Petition, zu welcher bereits mehrere Vorstösse (auch eigene) in der Pipeline des Landrats stecken. Die Wahl zum Gemeindepräsidenten steht bevor. Hier handelt es sich nicht um sachbezogene Anliegen, diese werden ja bereits diskutiert. Hier geht es um den Versuch sich politisch zu profilieren und dem eigenen Vorstoss mehr Gewicht zu geben.
Zu meiner Zeit wurden Petitionen so behandelt.
Erstens:
Ist die Petitionskommission der richtige Adressat? Wenn nicht, wer?
Zweitens:
Liegen bereits Vorstösse zum gleichen oder vergleichbaren Themen im Landrat vor?
Ist die Petitionskommission der richtige Adressat, werden die Verantwortlichen Petenten zu einer Anhörung geladen, und nötigenfalls mit ihnen ein Ortstermin vereinbart. Anschliessend zur Kommissionsabstimmung wird die Petition dem Landrat mit einem Antrag vorgelegt.
Ist die Petitionskommission nicht der richtige Adressat, wird die Petition weitergeleitet, die Petenten werden darüber schriftlich informiert. -
Weitergeleitet wird je nach Anliegen z.B.an:
Bund
Gemeinde
Ombudsman
Friedensrichter
So war es dereinst, es wird heute kaum anders sein. Klar, eine grosse Anzahl Petitions-Unterzeichner macht den entscheidenden Landräten vielleicht Eindruck und beeinflusst sie in ihrem Abstimmungsverhalten. Schliesslich wollen sie wieder gewählt werden.
Übrigens: Petitionen dürfen auch nicht stimmberechtigte Mitbewohner, auch Ausländer und Kinder, unterschreiben und einreichen. Jede Petition wird gleich behandelt. Eine Unterschrift genügt,
Immerhin, die Initiative der bz bringt den Einwohnern wieder ein durchaus existierendes Werkzeug in Erinnerung. Die Aussage “die da oben machen sowieso, was sie wollen”, wird relativiert. Eine Petition zwingt die da oben zumindest zur Diskussion, Argumentation und Stellungnahme. Und nicht vergessen dürfen wir, dass wir die da oben gewählt haben und alle vier Jahre die Möglichkeit haben, unsere Wahl zu korrigieren. Das “sich Einmischen” wird einfacher.
Was uns gefällt: Die Kampagne der bz ist kantonsübergreifend und nachhaltig. Es sieht so aus, als würde petitio fest und langfristig installiert werden.
Was uns nicht gefällt: Dass die Petitionen nur mit zahlreichen Unterschriften nach einer vorbestimmten Zeit weitergeleitet werden. Auch Einzelpetitionäre haben dieses Recht.
Die von Christoph Meury initiierte Petition rennt beim Gemeindepräsidenten und den Gemeinde/Landräten von Birsfelden offene Türen ein. Unterzeichnen sollte man sie trotzdem. Rückenwind kann Regula Meschberger und Christof Hiltmann in Liestal nicht schaden.
Franz Büchler
Dez. 2, 2016
Schade, dass die Petitionsplattform das Petitionsrecht beschneidet.
Auch die Volksinitiativen, die in der Schweiz seit 1848 möglich sind, gingen ursprünglich aus dem Petitionsrecht hervor. Gedacht waren die Volksinitiativen als Möglichkeit für das Volk (!), das noch wenig in Parteien vertreten war, Verfassungsänderungen zu verlangen.
Heute werden leider viele Regelungen, die eigentlich in ein Gesetz und nicht in die Verfassung gehörten, auf diesem Wege geregelt, weil in der Schweiz keine Gesetzesinitiative existiert.
Das wird von verschiedenen Parteien missbraucht, obwohl sie im Parlament vertreten sind und dort ihre Anliegen auf Gesetzesstufe anbringen könnten!
ueli kaufmann
Dez. 2, 2016
Die Petition von C.Meury wird schon aus formalen Gründen scheitern. Es gibt darin keine Einheit der Materie.
Die Forderung nach Rückgabe des „enteigneten“ Hafenareals müsste trilateral zwischen Gemeinde, Kanton und Bund geregelt werden. Es braucht Menschenverstand, und Verhandlungen. Meines Wissens wurde das nie durch eine Abstimmung legitimiert, kann also auch nicht durch eine solche rückgängig gemacht werden
Die Forderung eines Kantonswechsels hingegen benötigt eine Kette von Abstimmungen.
müssen die Stimmberechtigten von Birsfelden das wollen.
müssen die Basler dazu ja sagen.
müssen die Räte in Bern zustimmen.
muss die Eidgenossenschaft zustimmen.
Man darf gespannt sein, an wen die Petiio-Betreiber diese Petition weiterleiten.