Lösungsansatz 1: Milliarden
Gemeinsam mit Christoph Buser, dem “6. Regierungsrat”, hat unser Gemeindepräsident und Landrat (und vielleicht auch einmal Regierungsrat?) Christof Hiltmann kürzlich den 5‑Punkte-Plan zur Bekämpfung des regionalen Verkehrskollaps vorgestellt. Wie letzte Woche beschrieben, ist der Birsfelder Stau eigentlich bloss das Symptom einer Arterienverstopfung bzw. Folge der Überbelastung der Autobahn, die den über 40 Jahre angewachsenen Verkehrsanstieg zu Spitzenzeiten nicht mehr aufnehmen kann.
Während links-grüne Kreise das Problem eher mittels Lenkung und Einschränkungen in der Mobilität lösen wollen, ist der Ansatz der beiden Wirtschaftsverteter ein ganz pragmatischer: Ausbau statt komplizierter Umbau!
Der 5(+)-Punkte-Plan sieht nämlich das Vorantreiben der folgenden, grösstenteils schon bestehen Projekte vor:
- Öffnung und offizielle Beschriftung der deutschen Autobahn A98 als Umfahrung (wohl vor allem für deutsche und französische Pendler, die im Fricktal Pharmaprodukte herstellen). -> Motion
- Schneller Ausbau der A2-Osttangente auf Basler Boden, also der Autobahn zwischen Gellert und dem badischen Bahnhof. Dazu noch eine unterirdische Umfahrung von Bahnhof/Gundeli, der sogenannte Gundeli-Tunnel, der den Autobahnring um die Stadt vervollständigen soll. -> Motion
- PUN: Pannenstreifen-Umnutzung zwischen Hagnau und Liestal zu Stosszeiten. Als bauliche Massnahmen müssten einerseits Sicherheitsbuchten erstellt werden, andererseits befindet sich im Bereich Gallerie/Tunnel Schweizerhalle ein unumnutzbares Nadelöhr. Der Vorschlag Hiltmann deshalb: zwei zusätzliche “Baselbieter Spuren” nördlich des Tunnels, natürlich ohne Tunnel. -> Motion
- Ein “Park-and-Ride” im Bereich Salina Raurica/Bahnhof Längi. Statt mit dem Auto das letzte Stück in die Stadt mit der Regio S‑Bahn zurücklegen. -> Motion
- Das “Herzstück” in Basel (unterirdische Eisenbahnverbindung zwischen Bahnhof SBB und badischem Bahnhof) in der “Y‑Variante” bauen. -> Motion
- Ideenskizze für einen äusseren Ring: Tunnel zwischen Arlesheim und Frenkendorf.
Dieser Lösungsansatz ist im Wesentlichen eine Kombination älterer Lösungsansätze, unter deutlicher Distanzierung des ELBA-Projekts (Entwicklungsplanung Leimental Birseck Allschwil) und des Osttangenten-Bypass-Tunnels. Neu ist jedoch vor allem, dass der massive Ausbau so deutlich als Gesamtpaket (und trotzdem mit fünf Einzelmotionen im Landrat) gefordert wird. Wobei die meisten Forderungen an unsere Nachbarn im Stadtkanton gehen.
Was die Vorschläge im Einzelnen bedeuten, werden wir noch eruieren. Hier einfach mal eine Kostenzusammenstellung der ersten fünf Punkte für die FDP, welcher die Pensionskassenausfinanzierung doch ziemlich teuer vorkam:
- Neubeschriftung der Autobahn und Umprogrammierung der Navigationssysteme: vernachlässigbar
- Erweiterung Osttangente: So wie gefordert und vom ASTRA schon einmal geplant ca. 900 Mio. Fr., BS favorisiert allerdings eine Tunnelvariante unter dem Rhein mit Kosten von mindestens 2 Mia. Fr.. Der sanfte Baselbieter Druck drängt zwar in Richtung “schnell und günstig”, dabei könnte Birsfelden lärmtechnisch vom Tunnel sicherlich profitieren.
Der Gundelitunnel ist zusätzlich mit rund Fr. 700 Mio. veranschlagt. - Die Umnutzung der Pannenstreifen ist wahrscheinlich günstig zu haben. Die Erweiterung der Spuren im Bereich des Schweizerhalle-Tunnels dürfte jedoch auch etwas kosten. Schätzung: 100 Mio. Fr.
- Ein Parkhaus auf offenem Feld ist verhältnismässig günstig und wird sich durch Gebühren refinanzieren lassen. Der Ausbau der schon vollen Regio-S-Bahn hingegen kostet bestimmt auch etwas. Schätzung 50 Mio. Fr.
- Die Basler U‑Bahn kostet in der Y‑Variante laut Vorstudie 1,65 Mia. Fr., “ohne Anschlüsse an die Bahnhöfe”. Aber irgendwie wirkt dieser fünfte Punkt sowieso eher wie das ÖV-Feigenblatt als Ausgleich zum Strassenausbau. Immerhin, ein cleverer Schachzug!
Aufsummiert löst diese (An-)Forderung an eine leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur total Investitionen von mindestens Fr. 3,4 Mia. aus; etwas mehr als die offizielle Zahl zur Sanierung der BLPK. Jedoch: der Fehlerbalken der unbekannten Kosten ist vergleichbar. Nur: In diesem Fall wird wohl auch der Bund erhebliche Mittel zur Verfügung stellen müssen. Und immerhin sind die Grossprojekte Osttangente, Gundelitunnel und Herzstück auf Basler Boden und kümmern deshalb weder Herrn Lauber noch Frau Pegoraro, die beide sehnlichst auf die teurere Vignette warten, um das Strassennetz überhaupt noch finanzieren zu können. Immerhin unterstützt auch die nationale FDP die 100-Franken-Vignette offiziell. Alles andere wäre ein ziemliches Eigengoal gewesen.
Diego Persenico
Okt 23, 2013
Mein kleiner Beitrag. Ich schaue, dass ich alle Aufgaben mit dem Auto bis 16.00h erledigt habe. So ist ein Fahrzeug weniger im Stau. Die 100.– Franken Vignette ist nicht toll, aber das muss sein. Nur das es jetzt auch noch eine Vignette für zwei Monate zu 40.– Franken geben soll, ist nicht ok. Schliesslich muss ja das ganze Netz auch wegen den Reisenden aus dem Ausland gebaut werden.
wutbürger
Okt 23, 2013
Grosser Gott Auto wir verneigen uns vor dir. Bald beten wir auch: Auto unser, das du bist im Himmel …
Dass es für eine Pensionskassenausfinanzierung zu viel ist, für die Blechlawine aber gerade knapp gut genug, zeigt recht deutlich, wo heute die Prioritäten der diversen Parteien liegen.