Ist es möglich, die Botschaft, die uns Ralph Wal­do Emer­son in seinen Essais mit­geben wollte, in einige wenige Merk­sätze zu fassen? Eine Gratiszusam­men­fas­sung zu Emerson’s Werk von getab­stract ver­sucht genau das zu tun:
Der Kerngedanke Emer­sons ist, dass unser gewöhn­lich­es, mit den Sin­nen erfass­bares Leben von ein­er höheren Real­ität geprägt und geleit­et wird.
Es gibt eine allum­fassende göt­tliche Seele, die in jedem einzel­nen Men­schen wirkt.
Jed­er Men­sch hat unmit­tel­baren Zugang zu ihr. Er muss nur den Mut haben, allein auf ihre Einge­bun­gen und seine darauf auf­bauen­den Gedanken zu ver­trauen.
● Die ganze natür­liche Welt ist darauf aus­gerichtet, den Men­schen zur Tugend zu erziehen.
● Selb­st Fre­und­schaft und Liebe dienen dem höheren Zweck der Charak­ter­en­twick­lung.
● Jed­er Men­sch wird bere­its in diesem Leben ern­ten, was er gesät hat – gemäß dem Gesetz von Ursache und Wirkung.
● Ein Held ist jemand, der ungeachtet äußer­er Wider­stände an seinen eige­nen Prinzip­i­en fes­thält und Falschheit und Unrecht ent­ge­gen­tritt.
● Alles, was wir erleben, auch ver­meintlich Schlecht­es, dient unser­er Weit­er­en­twick­lung.
● In Emer­sons Sinn muss Frei­heit mit der Ver­ant­wor­tung ver­bun­den sein, diese zu konkreten Tat­en zu nutzen.

Und zu dem für Emer­son so wichti­gen The­ma der Selb­ständigkeit und des Selb­stver­trauens find­et sich diese Zusam­men­fas­sung:
Der Men­sch, den wir als echt schöpferischen Genius anerken­nen, weiß, dass er nur seinen eige­nen Gedanken Ver­trauen zu schenken braucht und diese dann für alle Men­schen die Wahrheit bedeuten. Wenn wir unser Bestes geben und mutig auf die göt­tlichen Ideen hören, die jedem von uns zugänglich sind, dann kön­nen wir auch auf uns selb­st ver­trauen. Dazu müssen wir aufhören, uns feige anzu­passen und die Ideen ander­er aus reinem Oppor­tunis­mus anzunehmen. Wer wirk­lich Men­sch sein will, muss ein Nonkon­formist sein, bere­it, nur auf die göt­tliche Einge­bung zu hören. Bere­it aber auch, sich von den Erfahrun­gen, die ihm die Vorse­hung zuteil­w­er­den lässt, belehren zu lassen. So wird er Wahrheit, Tugend und Charak­ter gewin­nen und den Weg zu einem glück­lichen Leben find­en. Dabei ist jed­er von uns auf sich allein gestellt. Wir dür­fen nie vergessen, dass wir let­ztlich nur unserem eige­nen Urteil ver­trauen kön­nen.

Ich finde, wer immer für diese Zusam­men­fas­sung ver­ant­wortlich ist, hat gute Arbeit geleis­tet. Deshalb ist ein Besuch der entsprechen­den Web­seite empfehlenswert, weil sie auch auf weit­ere The­men Emer­sons wie Geschichte, Kom­pen­sa­tion, Geistige Geset­ze, Liebe, Fre­und­schaft, Klugheit und Hero­is­mus und viele weit­ere einge­ht.

Dass Emer­son zwar kein Kirchenchrist, aber ein zutief­st von ein­er göt­tlichen Wirk­lichkeit durch­drun­gener Denker war, zeigt sich hier beson­ders deut­lich:
Die Ereignisse im Leben des Men­schen unter­liegen nicht seinem eige­nen Willen. Sie wer­den eben­so wie seine Gedanken von ein­er höheren Quelle, der allum­fassenden Seele, bee­in­flusst. Wie jedes Gestirn, jede Pflanze und jedes Tier ist der Men­sch Teil dieser Seele und eine ihrer äußer­lichen Erschei­n­ungs­for­men. Wenn sich das Wirken der Seele im Men­schen unge­hin­dert man­i­festieren kann, wird sie in seinem Intellekt zum schöpferischen Geist, zum Genius. Im Willen bewirkt sie die Tugend, im Gefühl die Liebe. Eine Gren­ze, wo der Men­sch als Wirkung aufhört und Gott als Ursache begin­nt, gibt es nicht. Die Seele ste­ht außer­halb von Raum und Zeit, sie kann an allen Orten und zu allen Zeit­en ihre Wirkung ent­fal­ten. Sie offen­bart uns die Wahrheit, sie ermöglicht es uns, die absoluten, ewigen Geset­ze des natür­lichen Uni­ver­sums wahrzunehmen. Im Wirken der Seele wer­den Men­sch und Gott vere­int.

Das Uni­ver­sum ist ständig im Fluss. Wie ein ins Wass­er gewor­fen­er Stein immer weit­ere Kreise zieht, so schre­it­et auch unser Leben kre­is­för­mig fort und erweit­ert sich ständig. Instink­tiv wis­sen wir zu jed­er Zeit, dass in uns noch größere Möglichkeit­en schlum­mern, als wir bish­er ver­wirk­licht haben. Alles, was wir erleben, dient am Ende unserem per­sön­lichen Wach­s­tum und unser­er For­ten­twick­lung. Selb­st unsere Beziehun­gen zu anderen Men­schen entste­hen vor diesem Hin­ter­grund. Wenn wir reif dafür sind, wer­den neue Fre­unde, die für unser Wach­s­tum förder­lich­er sind, in unser Leben treten. Auch die men­schliche Kul­tur unter­liegt ein­er solchen kre­is­för­mi­gen Entwick­lung. Immer wenn ein kul­tureller Höhep­unkt erre­icht scheint, stellt sich dieser doch nur als Aus­gangspunkt für eine noch weit­er gehende Entwick­lung her­aus. So schre­it­et alles ewig in ein­er end­losen Folge von Kreisen voran; beständig bleibt nur der göt­tliche Erzeuger der­sel­ben. Der Men­sch sehnt sich nach Sicher­heit, aber seine wirk­liche Hoff­nung liegt allein darin, dass alles im Fluss bleibt und dass dadurch noch höhere Ziele erre­icht wer­den kön­nen.

Doch lassen wir zum Schluss Emer­son noch ein­mal sel­ber sprechen:
Die flüchtig­ste Tat und das flüchtig­ste Wort, der bloße Anschein, etwas zu tun, die angedeutete Absicht, drück­en den Charak­ter aus. Wenn du han­delst, zeigst du Charak­ter; wenn du still sitzt, wenn du schläf­st, zeigst du ihn. (…) Niemals ging ein aufrichtiges Wort gän­zlich ver­loren. Niemals fiel eine Großzügigkeit zu Boden, aber es gibt ein Herz, das sie uner­wartet begrüßt und annimmt. Ein Men­sch geht für das, was er wert ist. Was er ist, ste­ht in Licht­buch­staben auf seinem Gesicht, auf sein­er Gestalt, auf seinem Schick­sal. Ver­bor­gen­heit nützt ihm nichts, Prahlerei nichts. Es gibt ein Beken­nt­nis in den Blick­en unser­er Augen, in unserem Lächeln, in der Begrüßung und im Ergreifen der Hände. Seine Sünde betäubt ihn, trübt seinen guten Ein­druck. Die Men­schen wis­sen nicht, warum sie ihm nicht trauen; aber sie trauen ihm nicht. Sein Laster vernebelt das Auge, schnei­det Fal­ten des gemeinen Aus­drucks in die Wange, kneift die Nase zusam­men, set­zt das Zeichen des Tieres auf den Hin­terkopf und schreibt “O Narr, Narr” auf die Stirn eines Königs.

Damit ver­lassen wir Ralph Wal­do Emer­son, — und ver­lassen ihn doch nicht, denn die näch­ste Per­sön­lichkeit, die im birsfaelder.li vorgestellt wird, kan­nte Emer­son zwar mit grösster Wahrschein­lichkeit nicht, aber ihr Leben ist ein ein­drück­lich­es Beispiel für die Ver­wirk­lichung viel­er Forderun­gen des amerikanis­chen Philosophen. Ein klein­er unschein­bar­er Platz in einem Aussen­quarti­er Zürichs trägt seit 2009 seinen Namen und erin­nert so an den 1945 ver­stor­be­nen uner­müdlichen Kämpfer für Men­schen­würde und soziale Gerechtigkeit.

Wer es ist? Dazu mehr in der näch­sten Folge

am Sam­stag, den 22. Jan­u­ar.

 

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