Der neue Wurf zum möglichen Zentrum Birsfeldens steht. Er sieht hübsch aus und könnte gute Chancen bei einem Volksentscheid haben. Städtebaulich leider etwas langweiliger als der zu Makulatur verkommene letzte Vorschlag, aber die grossen Würfe sind in Birsfelden bekanntlich ja nicht möglich.
Zur Risiko-Reduktion im neuen Entwurf hat man nun quasi versucht, die Wunschliste der “sichtbaren” Gegnerschaft des letzten Vorschlags miteinzubeziehen. Die unterschiedlichen Anforderungen sind aufgrund verschiedenster Sichtweisen natürlich nicht stringent. Aber man hat so zumindest die Chance eines Kompromisses. Zusammengefasst wurde dies mit folgenden Punkten:

Anforderungen an die Gestaltung des Zentrums (aus der Präsentation des Gemeinderates vom April 2023)
Insgesamt liest sich diese Liste eigentlich ganz verständlich. Der nun vorliegende Vorschlag berücksichtigt diese Punkte nun auch grösstenteils. Einzig der Punkt 7, nachvollziehbare Finanzierung, scheint mit dem neuen Vorschlag nicht ganz abgedeckt zu sein. Es ist für den Schreibenden nämlich nicht nachvollziehbar, wie die Gemeinde in der aktuellen Lage und der insgesamten Ausgestaltung des Projekts in der Lage sein soll, diesen Quartierplan schlussendlich umzusetzen. Wünsche kosten in der Regel etwas und meistens bekommt man sie nicht alle erfüllt…
Mehr öffentlicher Freiraum
Nun, der neue Vorschlag ist sicherlich weniger dicht als sein Vorgänger. Der für die Schule nutzbare Aussenraum wird aber durch die Freigabe des heutigen “Ghetto-Platzes” unterhalb der Schwimmhalle für Neubauten doch recht eingeschränkt. Der übrige Freiraum verbleibt wohl auf Gemeindeboden. Damit also auch die Kosten für Gestaltung und Pflege. Dass dafür kaum Geld vorhanden ist, zeigt z.B. der heutige Kirchmattplatz oder der schöne Sternenfeldplatz (wobei dieses Grundstück der reichen Stadt Basel gehört).
Mehr wertvolle Grünflächen
Das ist im Vorschlag sicher enthalten und aus heutiger Klima-Sicht auch sinnvoll. Aber wer pflegt diesen bzw. wer bezahlt die Pflege?
Der Erhalt von Bestandsbauten
Im neuen Vorschlag werden neben Museum und alter Turnhalle auch die beiden alten Schulhäuser erhalten und aufgefrischt. Kann man machen, kostet den Steuerzahler aber mindestens 10 Mio. mehr. Und damit erhält man Räume, deren künftige Nutzung nicht ganz klar ist (abgesehen vom Lava) und wahrscheinlich weiterhin auch nicht optimal sein wird. Neben dem ohnehin schon grossen Renovationsbedarf der vernachlässigten Bauten, deren Bausubstanz fragwürdig ist, muss man sie auch barrierefrei machen, energetisch aufmöbeln und eben: Erst einmal eine Nutzung definieren (weil Bibliothek und Ludothek sollen ja raus, verbleiben wird der Mittagstisch und ?).
Der mögliche Erhalt von Birspark 2 wiederum mag aus Nachhaltigkeitssicht wünschenswert sein. Er betont aber den im letzten Vorschlag viel monierten Konflikt, unmittelbar neben dem Schulhaus eine Wohnnutzung zu haben. Zudem auch fragwürdig: Vereinsnutzungen sollen erhalten bleiben. Für die Finanzierung dieses Umbaus also auch Gemeindemittel einsetzen? Kann man sich wünschen, macht aber eigentlich keinen Sinn.
Weniger Verkehr
Klar, weniger Dichte ergibt auch weniger Verkehr. Parkflächen sind aber auch immer wieder eine Forderung des Gewerbes und aus Gemeindesicht muss der oberirdische Parkplatz ersetzt bzw. dessen Erstellung bezahlt werden.
Erhalt von Gemeindenutzung
Der Vorschlag entwickelt aufgrund des Erhalts den Status quo etwas weiter. Man kann es sich so natürlich gutvorstellen, aber auf eine Verdichtung oder auf ein Überdenken, ob die heutige Nutzung sinnvoll und effizient ist, wird verzichtet. Heute ist die Nutzung vor allem günstig, weil die Immobilien abgeschrieben sind. Zudem sind im Bereich des Schulraumes (neuer Kindergarten, Aufstockung Birspark, neue Aula Kirchmatt, Ersatzbau Sekretariat auf Schwimmhalle) etc. diverse weitere Kosten vorzusehen. Zusammen mit dem Erhalt von Bestandesbauten ist die Grobe Schätzung des Gemeinderates bei 25 Mio., das dürfte bei einer genaueren Betrachtung wohl noch steigen.
Fazit
Der neue Wohnraum wird sicher etwas Baurechtszins und ein paar Steuerfranken abwerfen. Dies wird aber — im Gegensatz zum letzten Projekt — längst nicht reichen, die Kosten für die Instandstellung, Zusatzbauten und Parkerstellung/Pflege der Gemeinde querzufinanzieren. Das neue Wunschzentrum wird die Gemeinde also viel kosten. Kann sie sich das leisten? In der Präsentation steht nämlich auch:
Gemeindefinanzen: Defizit erfordert dringend Mehreinnahmen, sonst Konkurs
Titelbild: Blick auf den Schulhof in Richtung Nord-Osten
© Harry Gugger Studio, Basel | Westpol Landschaftsarchitektur, Basel | Visualisierung: HGS, Link zur Quelle
Franz Büchler
Mai 10, 2023
Mein Vorschlag:
Sistieren von Zentrum 2.0. Überlassen neuer Projekte an eine aufgeschlossenere Generation.