Alle wollen die Schweiz nach ihren Vorstellungen gestalten. Möglichst still und leise. Aber wenn es nicht anders geht laut und schrill, mit Drohungen. Die Rede ist von den Wirtschaftsverbänden, den Bauernverbänden, den Patriotinnen und Patrioten, von politischen Gruppierungen bis zu gestandenen Parteien.
Ich wage hier einen Versuch, die Gefahren zu skizzieren.
Einstiegsthema für die ersten Folgen: Wie Faschismus beginnt.
Jason Stanley beschreibt in seinem Buch »Wie Faschismus funktioniert« (Westend Verlag) zehn Merkmale des Faschismus. So quasi ein Merkblatt, mit dem man Faschismus eruieren könnte. Ich gehe die einzelnen Punkte in den noch folgenden Artikeln mit Beispielen durch. Nicht jeder dieser Punkte führt zu Faschismus, aber all diese Punkte »auf einem Haufen«, z.B. bei einer Bewegung oder Partei, ist möglicherweise der Beginn von Faschismus.
Punkt 2:
Faschistische Propaganda stellt den politischen Gegner als Bedrohung für die eigene Existenz und eigene Traditionen dar. »Sie« gegen »uns«.
Wenn »sie« das Sagen haben, bedeutet dies das Ende der Nation.
Einige Beispiele für derartige Propaganda:
• Würmli-Plakat (Bild)
Das Ungeziefer frisst sich in die Schweiz.
»Jede Propaganda hat volkstümlich zu sein und ihr geistiges Niveau einzustellen nach der Aufnahmefähigkeit des Beschränktesten unter denen, an die sie sich zu richten gedenkt. Damit wird ihre rein geistige Höhe um so tiefer zu stellen sein, je grösser die zu erfassende Masse der Menschen sein soll … so kann die Vorsicht bei der Vermeidung zu hoher geistiger Voraussetzungen gar nicht gross genug sein.
Je bescheidener dann ihr wissenschaftlicher Ballast ist, und je mehr sie ausschliesslich auf das Fühlen der Masse Rücksicht nimmt, um so durchschlagender der Erfolg. Dieser aber ist der beste Beweis für die Richtigkeit oder Unrichtigkeit einer Propaganda und nicht die gelungene Befriedigung einiger Gelehrter oder ästhetischer Jünglinge.« (aus Adolf Hitler »Mein Kampf«)
Auf dem Plakat sehen Sie die Schädlinge der Schweiz: Der FDP-Wurm, der CVP-Wurm, der Grünen-Wurm, den SP-Wurm und wie könnte es anders sein, natürlich auch den EU-Wurm.
Und jetzt überlegen Sie sich nur noch, was man mit solchen Schädlingen macht …
Zur politischen Rhetorik der Nationalsozialisten meint Wikipedia:
»Schimpfwörter wie „Parasit“, „Wanze“, „Spulwurm“ und „Ungeziefer“ sollten bewirken, dass die Empathie mit ihnen verloren ging und sich beim Hörer kein Mitgefühl mit den Angegriffenen einstellte.«
• Böswillig unsere Heimat zersetzen
An vielen Laternenpfählen war dieser aufwändig produzierte Kleber zu sehen:
Er spricht die Kultur an, die vom »Abschaum der Welt« unschweizerisch an die Jugend herangetragen wird.
Was genau die Inhalte sind fehlt.
Mit »geschändet, belacht, verleumdet, verachtet« sind genau die Verben vorhanden, die »propagandatypisch« sind.
Der Weckruf soll die Zukunft der Knechtschaft verorten. (Und das mit der Knechtschaft kennen wir ja schon von Punkt 1, der mythischen Vergangenheit)
• Queere verführen die Jugend. Propaganda aus den Positionen der »Jungen Tat«:
»Gender-Ideologie und radikaler Feminismus dienen einer globalistischen Agenda und zielen auf das kleinste, aber stärkste Kollektiv im Staat ab: die Familie! Wir setzen uns für wirksame Massnahmen zur Förderung und zum Schutz der Schweizer Familien ein. Durch neuzeitliche Trends im Zusammenhang mit “diversen Geschlechtern”, “LGBTQI+” werden normale Familien aus dem Alltag verdrängt.
Exemplarisch für den Angriff auf die Familie stehen linke Vorstöße und Initiativen wie zum Beispiel die „Ehe für alle“. Homosexuelle Paare haben nun das Recht zu heiraten, erleichtert Kinder zu adoptieren oder den „Partner“ schneller einzubürgern. Randerscheinungen werden hier normalisiert und auf eine Ebene mit normalen Ehen zwischen Mann und Frau gestellt.«
• Asylanten nehmen uns Arbeitsplätze weg und kosten viel
Fakt ist, dass viele Arbeitslose Menschen über 50 sind. Diese Arbeitslosen werden nicht durch Asylanten ersetzt. Sie sind arbeitslos, weil sie für die Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen »zu teuer« seien …
Fakt ist, dass viele Asylanten gar nicht arbeiten dürfen, solange ihr Asylantrag nicht bearbeitet ist. Aber es hört sich für die fremdenfeindlichen, zum Teil rassistischen, Aktivisten und Aktivistinnen gut an, das zu sagen. WOW! Denen habe ich es gesagt …
• Fake News
In den letzten Jahren basiert die Propaganda vermehrt auf Fake News. Vor allem vor Wahlen sind »Social Bots«, Computerprogramme, die in den letzten Jahren vermehrt in sozialen Netzwerken eingesetzt werden, ein entscheidendes Hilfsmittel bei der Verbreitung von Fake News.
Schön, dass sich mehr und mehr Plattformen für Faktenchecker-innen etablieren. Zum Beispiel sehr aktiv im deutschen Wahlkampf im Januar/Februar 2025 ist mir correctiv aufgefallen.
• Und die alten Nazimaschen über Jahrzehnte immer wieder wiederholt:
Die Original-Freifahrkarte der Nazizeit. Eindeutig auch auf Juden zugeschnitten, mit dem Endziel Jerusalem. Wer sie jeweils wem in die Hand gedrückt hat, entzieht sich meiner Kenntnis.
Schon aktueller ist das Rückflugticket und auch wesentlich internationaler ausgelegt. Dieses Ticket wurde in der Zeit der Wahlen 2024/2025 in Deutschland von der AfD in Umlauf gebracht.
Und zum Schluss hat sich noch die Schweizerische Volkspartei SVP der Idee angenommen.
• What about Bullshit?
In der Zeit der grössten Bullshiter brauchen wir oft eine Hilfe, um zwischen Lüge, Fakenews und Bullshit zu unterscheiden. Dafür hat Matthias Zehnder in seinem Wochenkommentar (sehr zu empfehlen!) einen sehr erhellenden und hilfreichen Artikel vorgelegt: »Wie Sie Bullshit erkennen und was Sie dagegen tun können«.
• Die (un)heimlichen Meinungsmacher
Nachdem Blocher/Somm mit der Basler Zeitung gescheitert waren, konzentrierte sich Christoph Blocher auf vor allem auf die Gratiszeitungen in der ganzen Schweiz. Dazu gibt es eine interessante Recherche von correctiv schweiz. Dabei ist auch die swissregio media unter den Fittichen von Rahel Blocher aufgefallen.
In vielen dieser Zeitungen schreibt jeweils der Verleger (Christoph Blocher) seine Kolumnen. Und diese sind ganz einfach nur SVPlastig. Die grosse Macht der Blochers klar zu sehn!
Obwohl im Impressum meist steht »unabhängige redaktionelle Wochenzeitung« oder so, werden in diesen Zeitungen oft undeklariert, die rechtslastigen SVP-Meinungen gedruckt.
Interessant für unsere Region: In die gleiche Richtung funktionieren auch die von Verleger Henrique Schneider (seit 2024 Generalsekretär der SVP) herausgegebene »Basler Woche«, »Baselbieter Woche« und »Baselland Woche«.
Der US-Autor William Saletan schreibt: »Es gibt keinen klassischen Kampf zwischen Oppositionsparteien mehr. Nur noch den Kampf zwischen Lüge und Wahrheit.«
Hoffen wir, es kommt nicht wirklich ganz so weit …