Im ersten Teil ging es darum den Begriff des Frames kurz zu erk­lären, mit einem Beispiel.

»Poli­tik ist Sprache und Sprache ist Poli­tik. Wenn sie eine Wirk­lichkeit schafft, dann ist immer auch die Frage, welche Wirk­lichkeit sie schafft.« sagte Robert Habeck, Bun­desvor­sitzen­der der Grü­nen Deutsch­land (zusam­men mit Annale­na Baer­bock).

Heute schauen wir uns andere Begriffe an. An was denken Sie bei den Wörtern
Auf­fangnetz
am Tropf
Falle
Hänge­mat­te

Das Auf­fangnetz wird von Artis­ten gebraucht, die sich vorsät­zlich in Gefahr begeben. Wer ins Auf­fangnetz fällt war unvor­sichtig, leicht­fer­tig, hat auch ver­sagt. Gefühlslage eher neg­a­tiv.
Am Tropf ist jemand, dem es schlecht geht, der im Spi­tal liegt, der krank ist. Gefühlslage neg­a­tiv.
Die Falle ist eine hin­ter­hältige, gemeine Anod­nung oder Organ­i­sa­tion von Geräten um etwas oder jeman­den über­raschend festzuset­zen oder gar zu töten (z.B. Spreng­falle). Gefühlslage neg­a­tiv.
Die Hänge­mat­te ist im Gegen­satz zu den drei obi­gen Begrif­f­en eher pos­i­tiv, was die Gefühlslage bet­rifft. Man ist entspan­nt, eher inak­tiv, Ferien klin­gen an, auch das Faulen­zen.

Nun vier neue Begriffe zu denen Sie sich wieder die Wirkung, bewirk­te Gefühlslage vorstellen:
Soziales Auf­fangnetz
Am Tropf der Sozial­hil­fe
Sozial­hil­fe­falle
Soziale Hänge­mat­te

Wer also im sozialen Auf­fangnetz lan­det war unvor­sichtig, leicht­fer­tig oder hat ganz ein­fach ver­sagt, ein Ver­sager.
Kommt dazu, dass die All­ge­mein­heit, die das soziale Auf­fangnetz auf­s­pan­nt und finanziert für diese Leicht­fer­tigkeit und für dieses Ver­sagen auch noch bezahlen muss.
Der Ver­sager oder die Ver­sagerin liegt dann in der Sozial­hil­fe­hänge­mat­te, macht Pause und löst das Gefühl aus, er lasse es sich gut gehen und führe ein entspan­ntes Leben. Auss­er er hängt am Tropf der Sozial­hil­fe, dann ist eine schwere Krankheit ange­sagt, im Spi­tal bekommt er/sie die Notwendi­ge Hil­fe um wieder auf die Beine zu kom­men. Er/sie kann den Anforderun­gen des All­t­ags nicht mehr nachkom­men.
Daraus fol­gt die Sozial­hil­fe­falle, aus der Betrof­fene lebenslang nicht mehr her­aus kom­men.

Mit diesen Sozial­hil­fe-Frames wird von den recht­en Parteien das Prob­lem Sozial­hil­fe bear­beit­et. Ohne dass dabei je ein­mal aus den Sta­tis­tiken erwäh­nt wird, dass die Sozial­hil­fe­quote um nur 4% liegt, dass ein Grossteil von Kurzzeit­beziehen­den von 51% beste­ht. Gere­det wird nur immer von Miss­brauch.

Über eine ganz spezielle Sorte des Miss­brauchs wird über­haupt nicht gere­det, näm­lich über die Fir­men und Konz­erne, die sich jew­eils über Per­son­alent­las­sun­gen sanieren. Oder wie es Valentin Vogt, Präsi­dent des Schweiz­erischen Arbeit­ge­berver­bands anlässlich der Min­dest­lohnini­tia­tive zynisch dar­legte:
»Nicht jed­er Lohn kann für eine Fam­i­lie exis­ten­zsich­ernd sein. Wo aus­nahm­sweise das Haushal­teinkom­men nicht aus­re­icht, gewährleis­ten Sozialver­sicherun­gen und Sozial­hil­fe die Exis­ten­zsicherung.«

Es wäre wichtig in dieser Sache sorgfältiger mit der Sprache umzuge­hen. Nicht nur die SVP und die FDP, son­dern alle Parteien.

Inter­essiert an poli­tis­ch­er Sprache, an poli­tis­chen Frames?
Elis­a­beth Wehling
Poli­tis­ches Fram­ing
Wie eine Nation sich ihr Denken einre­det — und daraus Poli­tik macht
edi­tion medi­en­prax­is
Köln: Halem 2016
Fr. 18.50
oder in der GGG-Bib­lio­thek

Und die Weisheit zur Sache:

Mil­lio­nen­schwere Män­ner brin­gen Men­schen dazu,
eine Poli­tik gegen ihre eige­nen Inter­essen zu unter­stützen.
Melin­da Nadj Abond­ji

 

Umgestaltung Hauptstrasse 3: Selbstregulierung
Mattiello am Mittwoch 32/19

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