Und so hatte Birsfelden also seinen Hafen. Er schien zu funktionieren. Grosse Klagen sind mir keine bekannt. Und auch der Geschäftsbericht 1944 fiel nicht gerade spektakulär aus — verglichen mit den heutigen Berichten.
Da gibt es heute den Jahresbericht 2018 des Kanton, dann gibt es zusätzlich einen Beteiligungsbericht und schlussendlich den Geschaeftsbericht 2018 von Port of Switzerland (den Rheinhäfen).
Also alles bestens? Oh nein, schon wieder nicht! Da die Geschäfte immer komplizierter wurden, die Ansprüche immer grösser, wollte der Regierungsrat etwas Ordnung schaffen. Er wollte ein Rheinhafengesetz!
Nun muss also im Landrat ein Gesetz diskutiert werden, das der Regierungsrat zusammen mit einer Kommission erarbeitet hat. Da kommt allerhand zusammen, wie man z.B. aus dem Protokoll eines Verhandlungstags sehen kann.
Landrat Jörg Affentranger setzt sich für die Gemeinde Muttenz ein, Margot Hunziker sekundiert. Aber Regierungsrat Eduard Belser setzt sich wie ein Grossgrungbesitzer über alle Bedenken hinweg.
Das Schlimmste dieses Rheinhafengesetzes ist, dass die Gemeinden (Birsfelden und Muttenz) schlicht und einfach entmündigt werden.
Und so wurde das Rheinhafengesetz 1992 harte Wirklichkeit.
Das Rheinhafengesetz forderte für das Hafenperimeter einen kantonalen Nutzungsplan.
Die vorgeschlagene Zielsetzung enthielt kaum Ziele und viele Begründungen:
• Der Umschlag in den Rheinhäfen stagniert seit längerer Zeit. Strukturbedingte Umschlagseinbussen bei einzelnen Gütern können kaum mehr durch Einfuhrzunahmen bei anderen Gütern kompensiert werden.
• Zudem sind die Rheinhäfen einem zunehmenden Konkurrenzdruck durch die (subventionierten) Bahnen, die mit ihrer Preispolitik den Ganzbahnweg favorisieren, ausgesetzt.
• Als Beispiel mag der Import von Kerosin (Flugzeugtreibstoff) per Bahn über Deutschland via Schaffhausen nach Rümlang dienen, ein Gut, das bis vor wenigen Jahren in gebrochenem Verkehr — Schiff / Bahn — über unsere Häfen importiert wurde.
• Es ist deshalb von entscheidender Bedeutung, dass sich die Hafenwirtschaft auf das sich ändernde Umfeld rasch und wirkungsvoll einstellen kann.
• Voraussetzung dazu sind Parameter, die eine flexible Planung mit optimaler wirtschaftlicher Nutzung ermöglichen.
• Freiwillig auferlegte Nutzungseinschränkungen würden diesem Gundgesetz krass widersprechen.
Ziele? Wischiwaschi.
Bei den Planungszielen wurde es dann ein bisschen konkreter:
• Optimale Nutzung der Rheinhäfen im Sinne des raumplanerischen Auftrages nach haushälterischer Nutzung des Bodens.
• Sicherstellung der Raumansprüche des Güterumschlages und der gewerblichen Schiffahrt.
• Sicherstellung der Raumansprüche der Hafenbahn.
• Gewährleistung der Sicherheit und Schonung der Umwelt.
• Angemessene Berücksichtigung der Belange des Naturschutzes.
• Schaffung von analogem, einheitlichem Recht im Hafengebiet bei den Standortgemeinden.
Und hier finden Sie den Nutzungsplan. Am 10. April 2003 wurde der Nutzungsplan vom Landrat genehmigt (neun Jahre nach dem Rheinhafengesetz) …
So jedenfalls entstand auch das Hafenperimeter, der hellblaue Teil, der nur Betriebe enthalten sollte, die den Hafen auch brauchen. Sogenannt hafenaffine Betriebe.
Titelbild: Büchler, Protokolle: Kanton Basel-Landschaft
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Christoph Meury
Apr 14, 2020
Aus heutiger Sicht ist wenig nachvollziehbar, wieso der Kanton, ohne erkennbare Not, seine Kompetenzen vollständig an die Schweizerischen Rheinhäfen abgibt und keine klaren strategischen Vorgaben, in Form einer Eignerstrategie, formuliert und gesetzlich deklariert. Das Rheinhafengesetz von 1992 ist äusserst offen formuliert und gibt den NutzerInnen des Gewerbe- und Industrieareals völlig freie Hand. Der Staat, als Eigentümer des Areals, definiert seine Interessen in keiner Art und Weise. Im Gegenteil: Der Gesetzgeber zeigt, dass er sich beliebig unter Druck setzen lässt und sowohl auf wirtschaftliche Stagnation, oder Konkurrenzdruck, mit günstigen Konditionen und tiefen Baurechtszinsen zu reagieren bereit ist. Damit erhebt er das Hafengebiet zu einer Sonderzone mit Dumpingpreisen und staatlich subventionierter Infrastruktur. Dass sich dabei sogar die ebenfalls staatlich subventionierte Bahninfrastruktur mit dem Schifftransport konkurrenziert nimmt der Kanton in Kauf. Durch die starke staatliche Intervention durch Sonderkonditionen greift der Staat über Gebühr in den Markt ein und wirkt bei der Logistikbranche strukturerhaltend, selbst dann, wenn er selber feststellen muss, dass «der Umschlag in den Häfen stagniert« und der «Konkurrenzdruck zunimmt« und damit das Geschäftsmodell der Sonderzone Hafen in Zukunft wirtschaftlich fragwürdig zu sein scheint. Es ist beileibe nicht die Aufgabe des Staates wirtschaftliche Strukturen aufrecht zu erhalten, um das Überleben einzelner Firmen zu sichern. Es ist auch äusserst fragwürdig, wenn eine solche staatliche Lenkungspolitik nicht klar deklariert wird. Zudem ist im vorliegenden Fall eine flächendeckende und unkontrollierte Subventionierung durch Sonderkonditionen und Dumpingpreisen ein unhaltbarer Zustand. Dies vorallem auch, weil der staatliche Support zeitlich nicht limitiert ist. Das Rheinhafengesetz ist ein äusserst einseitiges Gesetzt, welches die Interessen der Logistikfirmen, welche im Hafen operieren, über Gebühr präferiert und die Interessen der Allgemeinheit grobfahrlässig vernachlässigt. Der Staat ist gehalten die grossen Gewerbe- und Industrieareale wirtschaftlich zu betreiben und einen Mehrwert für die Allgemeinheit zu erwirtschaften. Diese Interessen werden mit dem vorliegenden Gesetz ohne Not vernachlässigt. Kurzum: Der Staat verschenkt Geld, welches dem Gemeinwesen zur Verfügung stehen muss.
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Vollkommen zu Scherzartikel verkommen folgende Formulierungen: «Optimale Nutzung der Rheinhäfen im Sinne des raumplanerischen Auftrages nach haushälterischer Nutzung des Bodens.«
Ein Augenschein vor Ort zeigt, dass seit Jahren grosse Teile des Birsfelder Hafenareals leerstehen, oder unternutzt sind. Riesige Kohlenhalden bedecken wertvollste Flächen an der Hafenkante. Kein Mensch weiss wofür diese Kohlenvorräte angelegt werden. Weitere Parzellen sind grossflächig mit eingeschossigen Lagerhallen überbaut und sind Zeuge eines wenig haushälterischen Umgangs mit der Ressource Boden. Der Kanton müsste hier Remedur schaffen und die gesetzlichen Vorgaben einfordern. Das tut er aber nicht. Jährlich werden die Geschäftsberichte der SRH ohne kritische Würdigung und Korrektur der Baurechtspolitik der SRH durchgewinkt. RR Isaac Reber & seine Entourage sind damit nicht besser als ihre Vorgänger.
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Das Rheinhafengesetz von 1992 gehört längstens revidiert. Die Vorgaben müssten überprüft, adaptiert und präzisiert werden. Klar erkennbar müsste der Wille des Staates sein, welcher mit den Hafenrealen einen Mehrwert erwirtschaften und sich dabei an markwirtschaftlichen Vorgaben orientieren muss. Die diffuse Planwirtschaft im Birsfelder Hafenareal sollte der Vergangenheit angehören und gehört unmittelbar abgeschafft.
CATO
Apr 14, 2020
Ceterum Censeo: Übrigens bin ich der Meinung, dass ein Vertreter der Rheinhäfen nichts im Gemeinderat zu suchen hat.
Christoph Meury
Apr 14, 2020
Ein starkes Argument! Auch in der Wiederholung und mit Copy Paste.
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Ceterum censeo: Haben Sie von den Gemeinderätinnen Brigitte Schafroth Bendel, Regula Meschberger oder Desirée Jaun bis dato Essentielles zum Hafen gehört?
Irgendeine Verlautbarung von der SP, den Grünen, der SVP oder EVP, oder gar der CVP gelesen? Auch hier herrscht vornehmes Schweigen. Die Politik auf Gemeindeebene hat offensichtlich nichts mit Wirtschaftspolitik im Hafen zu tun. w.z.w.b.
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Dabei spielt die Doppelrolle von Simon Oberbeck nur eine marginale Rolle. Man müsste hier eher die CVP in die Pflicht nehmen. Aber ihre Personaldecke ist dünn, da nimmt man was man hat…
Franz Büchler
Apr 14, 2020
Ich weiss, Christof Hiltmann zu schätzen. Auch seine Vorstösse in Sachen Hafen im Landrat.
Aber von der FDP als Partei habe bis heute auch keine Verlautbarung vernommen …
rugeli
Apr 14, 2020
Vielleicht, Herr Meury, sagen die anderen Gemeinderatgsmitglieder nichts, weil die wissen, das der Hafenspitzel mit am Tisch sitzt?
Christoph Meury
Apr 15, 2020
Unsere Demokratie ist eine schöne Sache und die entsprechenden Entscheidungsfindungen lassen uns immer mal wieder daran teilhaben. Meint man. Aber manchmal ist das Räderwerk undurchschaubar und offensichtlich auch leicht blockierbar. Ob ein Einzelner dazu fähig ist, mag ich zu bezweifeln. Des öftern ist es aber offensichtlich einfacher mit Ausreden zu agieren, als Lösungen zu entwickeln, um allfällige Blockaden zu umgehen. Ob es dabei zielführend ist, wenn wir den Schwarzpeter in Bezug auf eine potentielle Hafenentwicklung hin und her schieben, ist fragwürdig.
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Man muss sich mit dem Hafen beschäftigen, um zu realisieren, dass das Hafenkonstrukt komplex ist und von langer Hand so angelegt ist, dass Aussenstehende wenig Einblick haben und sehen, dass das komplizierte Regelwerk zwischen Hafengesetz, Baurechtsvergaben, Verrechnungsschlüssel, staatlichen Dienstleistungen und privatem Unternehmertum als endloses Schachtelkonstrukt demokratische Kontrollen und demokratische Eingriffe defacto ausschliesst. Das Konstrukt funktioniert nach dem Prinzip: Privatisierung der Gewinne und Sozialisierung der Unkosten für Infrastruktur und Betrieb. Hier werden Baurechte und Aufträge aller Art freihändig vergeben. Ob wir bereits von einem Amigosystem reden können, weiss ich nicht. Vieles deutet jedoch darauf hin. Das sollte uns nicht egal sein.
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Das sollte auch dem Gemeinderat nicht egal sein. Natürlich ist es einfacher sich um Strassen mit Flüsterbelag und sonstigen Krimskrams zu kümmern. Es wäre aber nicht unerheblich sich dafür zu interessieren, wo das Gemeinwesen Einnahmen generieren, oder wie im Falle des Hafens, Geld verlieren kann. Wenn man eine gescheite Sozialpolitik betreiben will, sollte man auch um eine stringente Wirtschaftspolitik bemüht sein. Sich um den Hafen zu kümmern heisst reale kommunale Wirtschaftspolitik betreiben.
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Natürlich können sich Gemeinderäte davon abkoppeln und lediglich ihre Schrebergärtchen betreiben. Nun, in den Gemeinderat wählen wir nicht SachbearbeiterInnen, sondern PolitikerInnen. Wir gehen davon aus, dass sich die PolitikerInnen, quasi im Volks-Mandatsverhältnis, um das Gemeinwohl kümmern und eine Politik betreiben welche sich im Spektrum von Gesundheitspolitik bis Wirtschaftspolitik bewegt und fähig sind das Gemeinwesen mit einer gewissen Flughöhe zu sehen und Entscheide in einer Ganzheit zu fällen, welche das Wohl Aller im Blick haben.
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Damit snd wir schon fast beim «Wort zum Sonntag« und bewegen uns im Bereich der eigenen Wahlempfehlung. Was natürlich Quatsch ist. Aber! Ein bisschen mehr Engagement würde ich mir beim Gemeinderat sehr wohl wünschen. Man kann als Aushängeschild nicht nur Christof Hiltmann vor sich hertragen und je nach Erfolg oder Misserfolg ihn loben oder tadeln. Man müsste mal selber in die Hände spucken und die Ärmel hochkrempeln.