Bleiben wir doch noch ein bisschen bei den Parteien, sie füllen das Sommerloch so schön.
Wie man am 2. Juli in der Tagespresse lesen konnte, haben sich die SVP-Zudiener gefunden.
Sie wollen nun also bei den Regierungsratswahlen gemeinsam auftreten und bei Majorzwahlen sollen grundlegende Gemeinsamkeiten den Ausschlag geben für eine Zusammenarbeit. Zudem wollen sie bei bürgerlichen Sachgeschäften (gibt es andere?) die Mitte-Parteien (wer immer das auch ist) für sich gewinnen. Zu den drei Bisherigen soll ein vierter Regierungsratskandidat ins Rennen geschickt werden, die Kandidatur soll von den drei Parteipräsidenten vorbereitet werden und im August den Nominationsparteitagen vorgeschlagen werden (das gibt wohl Zoff).
Der CVP-Vorstand will an seinem Parteitag zusätzlich den BDP-Mann aus dem Laufental empfehlen.
Bei den Nationalratswahlen sollen alle Listenverbindungen dazu dienen bürgerliche Mandate zu sichern.
Für den Ständerat soll im Oktober 2015 eine bürgerliche FDP-Kandidatur stehen.
Im Schlusssatz meinen die Präsidien: »Die drei Parteipräsidien sind zuversichtlich, mit diesen Entscheiden eine gute Basis für ein erfolgreiches Wahljahr 2015 im Speziellen und für die Stärkung der bürgerlichen Politik im Allgemeinen gelegt zu haben.«
In drei Artikeln wurde hier schon zum Thema »bürgerlich« geschrieben.
In Teil 1 eher geschichtlich, in Teil 2 hörten wir die Ideen von Prof. Dr.Kurt Imhof und in Teil 3 wurde es vor dem Hintergrund der Masseneinwanderungsinitiative vielleicht auch etwas polemisch.
Da aber auch die drei Parteien wahrscheinlich eine Vorstellung von »bürgerlich« haben, wurden die Parteipräsidien eingeladen, ihre Vorstellung von »bürgerlich« in Kürze vorzustellen. Sehr prompt, noch am gleichen Tag folgte die Erklärung von Oskar Kämpfer SVP:
»DIE bürgerliche Politik werde ich Ihnen (zu Handen Ihrer Leser) nicht erklären, weil dieser Begriff nicht unumstritten ist und in der EX-DDR auch missbräuchlich verwendet wurde.
Ich kann Ihnen nur unsere Grundlagen einer bürgerlichen Politik darlegen:
Ein wesentliches Merkmal der bürgerlichen Politik ist der Vorrang des Bürgers (Einwohners) gegenüber dem Staat, basierend auf Verantwortung und damit verbunden auch den zugehörigen Kompetenzen. Damit ist ein funktionierender Staat bejaht, solange er nicht Aufgaben und Kompetenzen wahrnehmen will, die subsidiär effizienter wahrgenommen werden können.
Das Eigentum und der Respekt vor dem Eigentum hat höchsten Stellenwert.
Der Staat soll dem Bürger möglichst viel Kapital belassen (tiefe Steuern) und möglichst keine Schulden machen. Damit ist eine Defizitpolitik gemeint, die früher oder später zu Inflation führt und damit Werte (Eigentum) vernichtet.
Persönlich gehört für mich auch die folgende Erkenntnis zu einer bürgerlichen Politik: Unser föderalistisches System auf nationaler und kantonaler Ebene ist ein Erfolgsmodell und wir sollten dieses Erfolgsmodell auch bewahren.
Sie werden in der Literatur noch sehr viel zu diesem Thema finden, resp. Sie haben dazu sicher schon viel gefunden. Obige Aussagen könnten daher noch beliebig ausgedehnt werden, aber ich sehe diese Definitionen als grösstes Unterscheidungsmerkmal zur politischen Linken.«
Eingangsportale einer Feuerwehr in Paris
Kurzkommentar zu Herrn Kämpfers Darstellung von Bürgerlichkeit:
Mir fehlen die drei urbürgerlichen Werte:
Es fehlt die Freiheit (nicht nur die ohne staatliche Bevormundung, sonder auch ohne wirtschaftliche Bevormundung durch Lobbyisten und mit Arbeitsplätzen drohenden Grosskonzernen).
Es fehlt die Égalité die immer mehr zur – bleiben wir im Französischen – Égolité wird. Siehe auch die neuesten Initiativdrohungen (Asyl nur noch mit Flugbillett)
Und mir fehlt ganz fest die Fraternité – um es gendergerecht zu sagen: die Menschlichkeit oder Solidarität.
Und jetzt käme noch das Kurzstatement der FDP und der CVP zu ihrer Ansicht von Bürgerlichkeit. Tja, sie haben es nach mehr als einem Monat nicht geschafft uns zu antworten. Aber vielleicht haben sie auch gar keine Beziehung mehr zur Bürgerlichkeit. Oder wahrscheinlicher, waren die entsprechenden Präsidien zu sehr damit beschäftigt ihren Mitgliedern den oben beschriebenen Deal zu verkaufen …
Die Weisheit zum Artikel:
»Ich hätte viele Dinge begriffen, hätte man mir sie nicht erklärt.«
Stanislaw Jerzy Lec