Dies ist der Letzte von sechs Artikeln, die die Gedanken der Jury wiedergeben. Quelle: Bericht des Beurteilungsgremiums. Die Jury hat eine eindeutige Rangfolge erstellt. Wir begannen hier nach dem biblischen Prinzip »die Ersten werden die Letzten sein«. Somit also auch das Siegerprojekt.
Die Gestalter des Projekts waren
Architekt: Harry Gugger Studio, Basel
Landschaftarchitekt: Westpol, Basel
Der Kommentar/Bericht der Jury:
Städtebau
Das Projekt schlägt ein Zentrum vor, das sich ab der Hauptstrasse in die Tiefe des Baufeldes hinein entwickelt. Es wird eine markante Platzsituation an der Strassenfront geschaffen und mit den öffentlichen Räumen von hoher Aufenthaltsqualität im Quartier verbunden. Ein Raumkontinuum aus Strassen‑, Gassen- und Platzräumen bildet das neue Zentrum von Birsfelden und verbindet die Quartiere der Kirchstrasse (Migros) mit denjenigen der Hauptstrasse (Coop). Eine zusammenhängende gepflasterte Platzfläche, strukturiert durch Solitärbäume und Baumgruppen und gerahmt von den Vorzonen der Bauten, markiert das Zentrum in der ganzen Tiefe des Perimeters. Die bewusst moderate Höhenstaffelung der vorgeschlagenen Bebauung nimmt den vorherrschenden Massstab des Birsfelder Zentrums auf. Der neue Marktplatz bildet den Auftakt an der Hauptstrasse und wird durch die öffentlichen Nutzungen Gemeindeverwaltung, Bibliothek/Ludothek und durch das bestehende Kaffeehaus gefasst. Die Zwischenräume dienen als belebte, städtische Freiräume und interagieren mit den Erdgeschossnutzungen von Museum und Gemeindesaal. Am Quartierplatz finden sich auf EG-Ebene auch Geschäftsräume. Vor der alten Turnhalle, im Vorbereich des Schulareals wird ein kleinerer Platz angeboten. Die alte Turnhalle wird als Identitätsträger erhalten und es wird vorgeschlagen, die Jugendnutzungen dort unterzubringen.
Im nördlichen Bereich wird ein neuer Blockrand mit grünem Gartenhof ausgebildet. Durch Teilung und Verschiebung versucht sich dieser dem Quartiermassstab anzupassen. Die Kreuzung mit der Kirchstrasse wird durch öffentliche EG-Nutzungen zusätzlich belebt.
Das gesamte Projekt schafft ein vielfältiges Wohnungsangebot, welches in einigen Bereichen auch im Erdgeschoss angesiedelt wird. Wirtschaftlich erscheint das Projekt sehr vernünftig. Eine Etappierung ist sehr gut möglich. Mit dem Verzicht auf hohe Gebäude oder Bauten mit grosser Tiefe und mit der angebotenen vielfältigen Raumsequenz gelingt es dem Projekt, zwischen den Publikumsmagneten Migros und Coop eine belebte und erlebbare Verbindung zu schaffen. Trotzdem wird eine sehr hohe Dichte von beinahe 1.6 angeboten, die noch nach unten justiert werden könnte. Vor allem südlich und östlich der Schulbauten ist dies wünschenswert. Die im nördlichen Perimeter vorgeschlagene Blockrandtypologie scheint das Gesamtkonzept wenig konsequent zu stützen und bei etwas tieferem Nutzungsmass nicht als zwingend. Die Dimensionen der Raumfolge aus mit offener Pflästerung ausgeführten Gassen und Plätze lassen sowohl im Alltag wie an speziellen Anlässen gutes Funktionieren und einen angenehmen Aufenthalt erwarten. Die Qualität und Bedeutung der Schulstrasse werden erhalten und ergänzt durch eine Langsamverkehrsachse mit einer eigenen Qualität und Identität. Der Vorschlag besticht durch seine eher kleinteilige Massstäblichkeit und die starke Identitätswirkung. Das Konzept ist souverän und gleichzeitig unauffällig und präsentiert sich dank der starken Identität äusserst robust und gutmütig für die weitere Entwicklung.
Aussenräume
Das vorgeschlagene Raumkontinuum aus Strassenräumen, Gassen und Platzbereichen, welches die Verbindung von der Hauptstrasse bis zur Kirchstrasse herstellt, ist schlüssig und gibt dem neuen Zentrum einen eigenständigen Charakter mit interessanten Zwischenräumen. Der vorgeschlagene Belag, die Solitärbäume und Baumgruppen tragen zur weiteren Stärkung der Zentrumsidee bei. Interessant ist bei diesem Konzept die Idee das Zentrum von der Hauptstrasse in die Tiefe des Baufeldes bis hin zur Kirchstrasse zu entwickeln. Im Vorbereich des Schulareals entsteht ein kleiner Platz, dieser leitet zum wertvollen Biotop über, das erhalten bleiben kann. Die Stärkung der Schulstrasse mit einer Baumreihe wird positiv gewertet.
Ökologie
Die Grünflächen konzentrieren sich im westlichen und östlichen Nordabschnitt. Insgesamt weist das Projekt eine sehr kleine Grünfläche auf (knapp 2‘700 m²), rund die Hälfte davon liegt zudem isoliert. Die Plandarstellung suggeriert ein Potenzial für eine ökologisch hochwertige Gestaltung der gemeinschaftlichen Gärten, ohne dies weiter auszuführen. Der zentrale Nord-Süd-Strang besteht ausschliesslich aus Verkehrsfläche. Einen gewissen Spielraum bezüglich belebter Natur bietet die Pflästerung, welche teils in Sand verlegt wird und somit Fugenbewuchs aufweisen kann. Sie könnte in dieser Form zumindest die zentral gelegenen Grünflächen bezüglich Organismen wie Pflanzen oder Laufkäfer vernetzen.
Das Projekt erhält das bestehende „Biotop“ mit Ruderalflur und Gehölzen integral, ebenso die Mehlschwalbenkolonie der alten Turnhalle. Die Grünflächen scheinen nur in diesem Bereich einer breiten Öffentlichkeit zugänglich, was den Druck auf die Ruderalflur massiv erhöht. Insgesamt mangelt es an öffentlich zugänglichen Grünflächen. Der aktuelle Baumbestand bleibt nur im östlichen, zentralen Bereich teils erhalten. Die besonders wertvollen Eichen verlangen angesichts der geplanten Gebäudeabstände beim Bauprozess nach konsequentem Schutz. Das Projekt sieht Ersatz vor, Einzelbäume und lockere Baumgruppen ziehen sich durch das gepflasterte Zentrum, Schul- und Hauptstrasse werden mit einer Allee aufgewertet.
Aufgefallen (Red.)
Das Schulhaus Birspark 1 wird wohl ziemlich in den Schatten gestellt. Die Fenster der Schulräume gehen zum rund 25–30 m hohen Haus. Der Blick ins Schulzimmer oder umgekehrt in die Küche ist gegeben. Die im südlichen Teil zwischen zwei Bauten gespannten Kabel sind wohl als Weihnachtsbeleuchtung gedacht — oder sind es Sonnensegel, die uns die Klimaerwärmung erträglicher machen?
Dieser Artikel ist Teil einer Serie zum neuen Zentrumsprojekt. Hier gehts zu den bisher erschienenen Artikeln.
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