Dies ist der vierte von sechs Artikeln, die die Gedanken der Jury wiedergeben. Quelle: Bericht des Beurteilungsgremiums. Die Jury hat eine eindeutige Rangfolge erstellt. Wir beginnen hier nach dem biblischen Prinzip »die Ersten werden die Letzten sein«.
Die Gestalter dieses Projekts waren
Architekt: KCAP Architects & Planners, Zürich
Landschaftarchitekt: Fontana Landschaftsarchitektur, Basel
Der Kommentar/Bericht der Jury
Städtebau
Die Absicht, im Zentrum Birsfeldens ein lebendiges, urbanes Gemeindezentrum zu entwickeln, wird bei diesem Vorschlag mit einem Zusammenspiel von markanten baulichen Akzenten und das Gefüge auflockernder, wegführender Freiflächen umgesetzt. Das Nebeneinander von Bestehendem, neu Gebautem und naturnahem Freiraum mit der Gliederung in einen öffentlichen, einen kulturellen und einen Wohnbereich soll Neuentwicklung und harmonische Koexistenz begünstigen.
Die Setzung der programmatisch gegebenen, relativ hohen baulichen Dichte, als fünf einzelne, prägende Volumen nebst wenig bestehender Substanz, nimmt das Thema der Zentrumsgestaltung – das Anbieten von vielfältigen Nutzungsformen – in einer Einheit schaffenden Art und Weise auf. Die charaktergebende, urbane „neue Mitte“ wird als „Stadtkrone“ gesehen, deren Identität auf der Verdichtung und Vernetzung auf mehreren Ebenen basiert und welche nördlich und südlich zwei eindeutige Akzente setzt. Generell Setzung höherer Gebäude nicht schlüssig.
Die in der inneren Erschliessungsstruktur Birsfeldens wichtige Nord-Süd Verbindung von Rhein zu Birs, welche den Zentrumsplatz an der Hauptstrasse und den Quartiersplatz an der Kirchstrasse integriert, erhält mit der Neugestaltung eine erweiterte Dimension, indem sie als „Promenade“ nebst einer reinen Durchgangsfunktion zusätzliche Qualitäten als Treffpunkt und Aufenthaltszone anbietet. Aber auch die untergeordnete West-Ost Verbindung bildet nun ein wesentliches Element in der neuen Vernetzungsstruktur der Gemeinde.
Dieses Generieren von relativ vielen Grün- und Freiflächen, was an sich als Bereicherung gesehen wird, bedingt notgedrungen eine bauliche Kumulation an anderen Orten. Trotz der Entscheidung, keinen einzelnen, sondern mehrere Hochpunkte über einem teilweise als eine Art Basisgalerie mit begrüntem Innenhof angelegten Sockelgeschoss zu schaffen, wird der acht- bis neungeschossige Typus als nur bedingt quartierverträglich gewertet und dessen Wohnqualität im Bereich des Sockels angezweifelt. Positiv sind der Erhalt der alten Turnhalle sowie deren Umnutzung zum Museum. Die Wohnqualität ist mangelhaft.
Die räumliche Organisation sieht eine terrainnahe Verteilung von halb- oder ganz öffentlichen Nutzungen wie Grossverteiler, Verwaltung, Räumlichkeiten für kulturelle Veranstaltungen oder kleinere Gewerbeflächen im Sockelniveau vor. Die insgesamt über 200 Wohneinheiten entwickeln sich grösstenteils in horizontaler Schichtung darüber, mit Ausnahme einzelner Wohnateliers, welche ebenfalls mancherorts im Erdgeschoss liegen.
Auch wenn dieser Vorschlag in sich eine Klarheit birgt und die einzelnen Gebäude für sich betrachtet über schöne Qualitäten verfügen, wird der Massstab der Umgebung mit dem gesamten Gefüge aus 24 bis 30 Meter hohen Volumen an manchen Orten arg strapaziert, insbesondere an der Hauptstrasse im Bereich des Gebäudes der UBS.
Aussenräume
Die Grünräume werden als Promenade mit Ruderalflächen, Höfen und Gärten gelesen. Gemäss den Verfassern braucht es keine klassischen Plätze, sondern vielmehr eine Abfolge von Räumen. So entsteht zwischen der Kirch- und der Hauptstrasse eine Promenade, welche sich jeweils an den Endpunkten zu Plätzen ausweitet. Im Süden an der Hauptstrasse ist ein städtischer und im Norden an der Kirchstrasse ein Quartierplatz vorgesehen. Die Promenade bietet vielschichtige Nutzungen an wie Verweilen, Spielen etc. Sämtliche Beläge sollen wasserdurchlässig sein. Positiv ist, dass durch die Setzung der Gebäude und die geplante Wegführung der wertvolle Baumbestand grösstenteils erhalten werden kann. Weiter wird begrüsst, dass keine grösseren Plätze, sondern vielmehr ein unterschiedliches Raumangebot mit vielfältigen Nutzungen geplant ist. Der Gedanke der Promenade wird positiv aufgenommen. Die etwas fragmentarische, zaghafte Ausgestaltung müsste noch geschärft werden.
Ökologie
Das Projekt postuliert eine grüne Achse zwischen Birs und Rhein, ergänzt durch eine Konzentration von Grünflächen im zentralen Bereich („Parkband“) und in Innenhöfen sowie durch Alleen entlang Haupt‑, Kirch- und der Schulstrasse. Auf dem Hauptplatz und am Nordrand lösen Kiesflächen mit Baumbestand die zentralen begrünten Flächen ab. Der Wert bezüglich Biodiversität hängt hier also von der künftigen Nutzung, Pflege und Toleranz gegenüber Spontanbewuchs ab, eine Vernetzung ist auch auf der Nord-Süd-Achse potenziell möglich. Die Grünfläche insgesamt ist relativ bescheiden, aber grossteils einer breiten Öffentlichkeit zugänglich. Die ökologisch besonders wertvollen Ruderalfluren sollen künftig die doppelte Fläche erhalten. Das Projekt bezeichnet die geplanten Grünflächen des Zentrums insgesamt als ökologische Ausgleichsfläche, die teils auch als Retentionsflächen dient.
Etliche aktuelle Bäume bleiben erhalten, inklusive der Eichen. Sie werden ergänzt mit standortheimischen Arten. Turnhalle und damit Schwalbenkolonie bleiben bestehen.
Aufgefallen (Red.)
Ziemlich »bäumiger« Zentrumsplatz. Überhaupt Bäume soweit das Auge reicht. Positiv dass das Schulhaus Birspark 1 etwas Distanz zum neuen Gebäude hat.
Dieser Artikel ist Teil einer Serie zum neuen Zentrumsprojekt. Hier gehts zu den bisher erschienenen Artikeln.
Mit diesem Link kommen Sie zu einer Artikelserie, die sich mit dem Studienauftrag befasst.
Und mit diesem Link kommen Sie zu einer Artikelserie, die sich mit dem Klimawandel befasst, der eigentlich auch im Zentrumsprojekt eine Rolle spielt.