Dies ist der dritte von sechs Artikeln, die die Gedanken der Jury wiedergeben. Quelle: Bericht des Beurteilungsgremiums. Die Jury hat eine eindeutige Rangfolge erstellt. Wir beginnen hier nach dem biblischen Prinzip »die Ersten werden die Letzten sein«.
Die Gestalter dieses Projekts waren
Architekt: ARGE Christian, Salewski & Simon KretzArchitekten GmbH, Zürich und
Weyell Zipse Architekten, Basel
Landschaftarchitekt: Atelier Loidl, Berlin
Kommentar/Bericht der Jury:
Städtebau
Ein besonderes Merkmal dieses Vorschlags besteht in der konsequenten Erhaltung und Umnutzung beinahe aller bestehenden Gebäude und deren Einbezug in die Gesamtkonzeption. Nebst einer Nord-Südachse, welche als Parallelverbindung zur Schulstrasse ausgelegt wird, generiert das Konzept mit mehreren Gebäuden von eher kleinem „Footprint“ zudem weitere Wegverbindungen und zahlreiche begrünte Freiräume. Im Weiteren wird ein relativ grosser Platz geschaffen, welcher sich mit seiner Längsseite parallel zur Hauptstrasse entwickelt und auch interessante Einblicke in die Wegachse Rhein – Birs bietet. Dennoch bleibt die Setzung – auch wenn im Ansatz gut — etwas spannungslos und lässt eine gewisse Einheitlichkeit und auch einen etwas deutlicheren Auftritt vermissen. Im Weiteren irritiert die Parallelität der verschieden vom Platz abgehenden Achsen. So gerät die östliche Achse entlang der Post in eine Zweitrangigkeit gegenüber der mittleren Nord-Süd-Verbindung.
Insbesondere macht die Situierung der Volumen mit den vielen verschiedenen Höhen und Formaten deutlich, dass die Konzeptidee zu wenig geschärft ist. Bedingt durch ihre geringe Grundfläche und infolge der im Raumprogramm vorgesehenen Dichte müssen diese stark in die Höhe entwickelt werden, wodurch es an gewissen Orten zu beachtlichen Massstabssprüngen kommt, auch wenn sich die Sockelgeschosse an umliegende Gebäude anpassen und ihre Gesamthöhe 30 m nicht übersteigt. Die durch die Höhenkonzentration freiwerdenden Aussenraumlücken wirken jedoch nicht nur bereichernd, sondern teilweise sogar eher überdimensioniert und mancherorts zu wenig genau ausformuliert. Gerade auch der Nord-Südachse fehlt es mit den durchmischten angrenzenden Räumlichkeiten und teilweise privaten Vorgärten etwas an Eindeutigkeit und einem klar ablesbaren Strassenraum.
Nicht nur die freigelegten Grünflächen zwingen die Neubauten in die Höhe, auch das Festhalten an alter Substanz um jeden Preis trägt dazu bei, dass es zu Einschränkungen in der Besetzung des zu gestaltenden Raumes kommt. Während einerseits die Umnutzung der alten Turnhalle als durchweg positiv bewertet wird, ist beispielsweise die Verbindung der beiden bestehenden Schulhausteile mit Wohnneubauten andererseits eher fraglich und noch ungenau formuliert, auch wenn sie dazu beiträgt, vorhandene Substanz zu nutzen und die Massstäblichkeit der Umgebung beizubehalten.
Wohl ist es verständlich, dass die Mehrzweckhalle mit ihrer eindeutig öffentlichen Nutzung an den Hauptplatz geführt wird, als Objekt überzeugt sie in ihrem Auftritt, ihrer Grösse und ihrem Ausdruck jedoch nur bedingt und der Ort bedarf hinsichtlich eines Entwicklungsszenarios, in welchem die Halle allenfalls nicht realisiert würde, weiterer Klärung.
Der Entscheid, mit einem spezifischen Bautypus auch mit Wohnnutzungen das Erdgeschoss zu beleben, ist nachvollziehbar, bedingt jedoch in diesem Falle das Verlegen sämtlicher Schlafräume in die oberen Geschosse und erzeugt auf diese Weise ein übergrosses Angebot an Duplexwohnungen.
Aussenräume
Der Zentrumsplatz soll aus geschliffenem Asphalt als Inlay gelesen werden. Dieser Asphaltbelag soll als Band aus dem Platz führen, die wichtigsten angrenzenden Gebäude verbinden und einen ausgewiesenen Weg zur Kirchstrasse bilden. Dieses asphaltierte Wegband wird von Grosspflastersteinen umschlossen. Die Grosspflastersteine lösen sich an den Rändern zu Wiesen- und Rasenflächen auf und verwebens ich so allmählich mit den Grünflächen. Bei den vorgesehenen Wohngebäuden sind jeweils Vorgartenzonen vorgesehen. In den Grünflächen sollen sich Wildhecken und Wiesenflächen entwickeln können. Die Idee, dass ein Asphaltband, welches mit Grosspflastersteinen umschlossen, die Wegverbindung vom Markplatz zur Kirchstrasse führt, wird als gut befunden. Umgekehrt ist fraglich, ob der Platz in seiner vorgeschlagenen Ausgestaltung funktionieren wird. Ein Fragezeichen wird zur Ausgestaltung der Vorgärten gemacht. Auch scheint nicht sicher, ob der nötige Freiraum vorhanden ist, damit sich die Heckengehölze frei entfalten können.
Ökologie
Mit 6‘200 m² Grünfläche erreicht das Projekt einen guten Wert, allerdings inklusive private Vorgärten. Das Grün konzentriert sich auf die Nordhälfte und ist relativ gut vernetzt untereinander. Eine gewisse Vernetzungsfunktion könnten auch die im Übergang zu den Grünflächen breiten „Rasenfugen“ übernehmen. Die Ruderalfläche („Biotop“) bleibt in seiner jetzigen Form erhalten und wird flächenmässig stark ausgeweitet. Ebenso bleibt die Mehlschwalbenkolonie bestehen.
Inhaltlich werden die Grünflächen als naturnahe Wiesen mit Wildsträuchern, u.a. Wildrosen, deklariert. „Freiwachsende Wildhecken“ sollen auch die Vorgärten abgrenzen, hier finden unserer Meinung nach aber nur Schnitthecken Raum. Die Innenhöfe sind wohnungsbezogen geplant und somit einer breiten Öffentlichkeit wenig zugänglich.
Wegen der UG-Nutzung muss die Mehrzahl der bestehenden Bäume weichen, diese werden aber durch Neupflanzungen kompensiert. Die besonders wertvolle Gruppe mit zwei Eichen und Linde bleibt gemäss Plan erhalten. Der Charakter der Schulstrasse mit Baumbestand und Vorgärten bleibt bestehen, dank der Erhaltung deralten Bausubstanz.
Aufgefallen (Red.)
Dass Lavater- und Xaver-Gschwind-Schulhaus bestehen bleiben und umgenutzt werden sollen, wird sicher Hans-Peter Moser freuen. Dass alle Verbindungswege asphaltiert werden sollen, ist in Zeiten der Klimaerwärmung nicht unbedingt geschickt (aber es gibt unterdessen auch hellere Asphaltierungen oder andere gescheite Beläge).
Dieser Artikel ist Teil einer Serie zum neuen Zentrumsprojekt. Hier gehts zu den bisher erschienenen Artikeln.
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