Fast exakt zwei Jahre nach dem Entscheid für den 3‑Stationen-Museumslift UG/EG/OG stimmt das Birsfelder Stimmvolk an der kommenden Gemeindeversammlung über einen Nachtragskredit ab. Seither ist nichts und doch recht viel passiert. Die Geschichte zum Lift gibt es hier. Dass der 2012 bewilligte Betrag bei Weitem nicht reichen würde, hat man damals schon unter vorgehaltener Hand gemunkelt. Dass man für diese Erkenntnis auf der Verwaltung zwei geschlagene Jahre braucht, ist hingegen bedenklich (um nicht “äusserst peinlich” schreiben zu müssen).
Die Vorlage zum Nachtragskredit ist in den Erläuterungen zu finden. Nachdem bisher praktisch immer die Ausstellungsplanung und die beschränkten personellen Ressourcen als Grund für die Verzögerungen angegeben wurden, gibt man inzwischen immerhin zu:
Im Verlauf der Projektbearbeitung zeigte sich, dass die von der Gemeindeversammlung beschlossene Variante zu den dazu bewilligten Kosten nicht realisierbar ist.
Und mit der aktualisierten Kostenaufstellung für den 2‑Stationenlift, die es “zu Vergleichszwecken” ebenfalls in die Vorlage geschafft hat, gibt man weiter zu, dass die damals vorgeschlagenen CHF 96’000.- auch für diese Variante längstens nicht gereicht hätten. Mittlerweile hat man erkannt, dass es auch ein Gerüst braucht und schätzt die Kosten für die Variante “2 Haltestellen” optimistisch auf CHF 126’000.-. Das sind “nur” rund 30% mehr als vor zwei Jahren, wobei auch jetzt keine Projektierungskosten (rund 10% der Projektkosten) ersichtlich miteingerechnet sind.
Werfen wir doch auch einen kleinen Blick auf den Vergleich. Links ist der Lift UG/EG/OG, rechts die Variante EG/OG.Dass die Baugrube (inkl. Verschiebung der Treppe) und der Schachtbau etwas teurer sind, ist logisch. Ebenfalls dürften sich irgendwo im Ausbau (1 oder 2) die schicken Glasbrücken verstecken. Was mir nicht einleuchtet ist die Tatsache, dass die Transportanlage in der längeren Variante insgesamt günstiger kommt. Über die technischen Gründe dazu lasse ich mich aber gerne aufklären. Was mich aber noch stutziger macht, ist die Tatsache, dass die “Heizung Anpassung der best. Anlage” nun plötzlich nur in der 2 Haltestellenvariante erscheint. Erinnern wir uns an die Medienmitteilung im November 2013 (deren Lektüre sich immer wieder lohnt). Dort steht wörtlich:
Insbesondere das bestehende Heizungssystem sowie aufwändige Detailabklärungen mit Lieferanten führten dazu, dass die Projektumsetzung per Mitte November nicht erfolgen konnte.
Zuerst wurde uns monatelang weisgemacht, dass durch die notwendige örtliche Verschiebung des Lifts Probleme mit dem Heizsystem entstehen und nun sehen wir schwarz auf weiss, dass dies insbesondere in der alten Variante Mehrkosten verursacht hätte. Was soll man glauben? An dieser Stelle beginnt nun langsam aber sicher der Zweifel, dass auch dieses “neue” Projekt und der damit verbundene Nachtragskredit nicht sauber ausgearbeitet sind.
Weitere Gründe zum Zweifeln sind:
- Unter einem gewissen öffentlichen Druck hat die Bauabteilung im September zuerst über Nacht Bauprofile gestellt und drei Wochen danach eine Baueingabe gemacht. Bis heute hat sie keine Baubewilligung erhalten (es ist als “offen” gelistet, nicht als “zurückgezogen”). Waren die eingereichten Unterlagen ungenügend? War das Projekt zu diesem Zeitpunkt überhaupt schon reif?
- Wie weiter oben schon erwähnt, fehlen in beiden Kostenaufstellungen die Projektierungskosten. Das sind Architekten- bzw. Ingenieur-Honorare und die ebenfalls in der Medienmitteilung erwähnten “zusätzlichen externen Ressourcen”. Bis zum 31.12.2013 sind gemäss Rechnung (S. 68) schon CHF 17’328.- für den Lift ausgegeben worden (verwaltungsinterne Leerläufe erscheinen natürlich nirgends). Da noch nichts gebaut wurde, muss dieser Betrag wohl für Projektierungsarbeiten verwendet worden sein. Rechnet man nun diese Kosten mit den Baukosten zusammen, sind wir bereits bei rund CHF 213’000.- und der nächste Nachtragskredit winkt, weil man bei Offerten selbst als unerfahrener Bauherr eine Unsicherheit von +/-10% einkalkuliert. Die Gemeinde ist sich ihrer Sache aber offensichtlich schon sehr sicher; oder hat schlicht keine Ahnung.
Alles in allem ein ziemliches Desaster. Dabei hatte die Bauabteilung offenbar noch Unterstützung, wie diese interne Stellenausschreibung vom August 2013 zeigt:
Im Bereich Hochbau (Bau- und Gemeindeentwicklung) haben wir momentan einen akuten Projektüberhang. Zur Unterstützung des Leiters sowie zur Sicherstellung der termingerechten Abwicklung der geplanten Arbeiten suchen wir per sofort oder so bald wie möglich eine geeignete Person. Anforderungen: Bauleiter, Hochbauzeichner oder ähnliches mit mehrjähriger Erfahrung in der selbständigen Abwicklung von grösseren und kleineren Bauprojekten. Verwaltungserfahrung von Vorteil, aber keine Bedingung.
Die (privatrechtliche) Anstellung erfolgt vorerst befristet für 6 Monate zu einem Pensum von ca. 50%.
Hat man niemanden gefunden oder ist der “Projektüberhang” heute kleiner? Aus welchem Budget wurde diese Person bezahlt? Sind das die 17’000.-? Von diesem scheinbar hochkomplexen Liftprojekt abgesehen: Hat das Scheitern an solch einfacheren Aufgaben Konsequenzen? Wie hätte diese Bauabteilung jemals Grossprojekte wie den Umbau der Verwaltung Hardstrasse 25 oder des Sternenfeldschulhauses stemmen sollen? Ist es grundsätzlich ein organisatorisches oder ein personelles Problem?
Zurück zum Liftprojekt. Es bleibt nun die Frage: Was passiert, wenn der Nachtragskredit abgelehnt wird? Wird die ursprüngliche Variante umgesetzt oder gibt es gar keinen Lift? Grundsätzlich besteht der Volksauftrag zum Bau eines 3‑Haltestellen-Lifts eigentlich weiterhin.
Franz Büchler
Jun 15, 2014
Ein typischer Fall von Prokrastination!
Und vielleicht auch vom Arbeitgeber übersehener Überbelastung – oder Unfähigkeit?
rugeli
Jun 16, 2014
Prokastratination muss sich noch googeln. Egal
Was mir nicht klar ist:
Unfähigkeit oder Überbelastung von wem, Arbeitgeber oder Arbeitnehmer,
oder gar nicht und überhaupt?
Arthur Caccivio
Jun 16, 2014
Lieber Florian, dein Bericht zur “Museumslift-Geschichte” ist umfassend und klar. Auch deine Rückschlüsse und Fragen sind logisch. Heute zirkuliert nun das Gerücht, dass der Gemeinderat aus Spargründen insgesamt zwölf Mitarbeitenden gekündigt habe! Dies ist schwer zu verstehen und sehr bedauerlich. Nur bei einer Person könnte ich den “Verlust” verschmerzen, beim Bauverwalter …
P. Büschi
Jun 16, 2014
Vielleicht sollte man bevor man willkürlich MitarbeiterInnen kündigt, 2 — 3 Gemeinderäte reduzieren, dass wäre massive Kosteneinsparung! Einige von diesen GR’s (vorwiegend Herren!) sitzen einfach zuviel rum, anstatt das sie was bewirken! Sicherlich wurden wieder MitarbeiterInnen gekündigt, die ihren Job 100% wenn nicht 200%ig machen (gemacht haben) und diejenigen die sich seit je her vom Vitamin B von gewisssen Gemeinderäte (vorwiegend Herren) profitieren aber eher uneffizient sind, werden dann von dieser Gemeide wieder durchgefüttert. Der Alibi-Sparwahn geht also weiter.…
Franz Büchler
Jun 16, 2014
Liebe/r/s rugeli
Auf die schwierigen Wörter muss man nur drauf klicken, dann erklären sie sich von selbst.
rugeli
Jun 16, 2014
Danke Franz Büchler, habe ich gemacht und dabei erfahren, dass auch ich eigentlich ein Procrastinator bin. Aber das geht Euch im Grund gar nichts an.
Franz
Jun 23, 2014
Der Gemeinderat beantragt der Gemeindeversammlung zu beschliessen:
Für die Erstellung des von der Gemeindeversammlung vom 18. Juni 2012 beschlossenen Museums-Liftes mit drei Haltestellen (Keller – EG – 1. Stock) wird ein Nachtragskredit von CHF 60‘000.– inkl. MwSt. bewilligt.
://: Die Gemeindekommission lehnt den Antrag des Gemeinderates mit 5 Ja, 9 Nein und 1 Enthaltung ab.
Dieser Beschluss untersteht nicht dem fakultativen Referendum.