Seinen Leben­sun­ter­halt ver­di­ente Manès Sper­ber in den Nachkriegs­jahren neben seinem Engage­ment bis 1948 im Franzö­sis­chen Gen­er­alkon­sulat für die beset­zten Gebi­ete als Lek­tor im renom­mierten Cal­man-Lévy Ver­lag, zuerst für deutschsprachige Lit­er­atur, später auch als Leit­er des gesamten Sek­tors der fremd­sprachi­gen Lit­er­atur. 1949 erschien der erste Teil sein­er Romantrilo­gie “Wie eine Träne im Ozean” unter dem Titel “Et le Buis­son devint Cen­dre” (im deutschen Orig­i­nal später “Die Wasserträger Gottes”).
Sper­ber hielt dazu in sein­er Auto­bi­ogra­phie fest:  “Das Schreiben nahm alle meine Zeit in Anspruch, es bes­timmte von nun an meine Lebensweise und beherrschte meine Gedanken. (…) Wer so entwurzelt wor­den ist wie ich, und dies nicht nur ein­mal, schlägt nir­gends wieder Wurzel, aber er kann sich irgend­wo fest­set­zen, entschlossen, zu bleiben, wo er ist. Das tat ich auch. Doch als ich endlich mit großer Ver­spä­tung Schrift­steller wurde, mußte ich eine Frage lösen, die für mein Schaf­fen und meine Lauf­bahn von größter Bedeu­tung war: die Frage der Sprache. Da es mir psy­chisch unmöglich war, mich ganz vom Deutschen zu lösen, entschloß ich mich notge­drun­gen, ein zweis­prachiger Schrift­steller zu wer­den — die Romane deutsch, die Essays haupt­säch­lich franzö­sisch zu schreiben. À cheval sur le Rhin: mit dem einen Fuß auf dem linken, mit dem andern auf dem recht­en Rhein­ufer — diese Sit­u­a­tion mag vorteil­haft erscheinen, sie ist es keineswegs. Wohl dem, der nur in ein­er einzi­gen Sprache fühlt, denkt und schreibt, selb­st wenn er mehrere Sprachen beherrscht.”

Seinen Kampf gegen Ide­olo­gien, welche die frei­heitliche Entwick­lung der Men­schen ver­hin­dern und sie in katas­trophalen Sack­gassen enden lassen, führte er weit­er.  Ein ein­drück­lich­es Beispiel dafür ist seine Mitar­beit am “Kongress für kul­turelle Frei­heit” von 1950 bis 1970.
In Anlehnung an die bere­its in der Vorkriegszeit durchge­führten, stal­in­is­tisch dominierten Schrift­stellerkon­gresse, die damals möglichst viele Antifaschis­ten sam­meln soll­ten, wur­den nach dem Krieg nach dem gle­ichen Muster der ide­ol­o­gis­chen Kon­trolle und Manip­u­la­tion — erneut von Moskau aus ges­teuerte — Kon­gresse durchge­führt. In Ost-Berlin wurde 1947 der “Kongress Deutsch­er Schrift­steller” und in Bres­lau 1948 die “Inter­na­tionale Kul­turelle Kon­ferenz für den Frieden” abge­hal­ten, mit dem Ziel, möglichst bre­it abgestützte Res­o­lu­tio­nen gegen die west­lichen Demokra­tien und ihre Kul­tur zu fassen und eine Stim­mung zu erzeu­gen, die es allen Schrift­stellern erschw­eren sollte, sich gegen den Total­i­taris­mus in der Sow­je­tu­nion zu äussern. (…)

Als dann 1949 in New York — von der Sow­je­tu­nion organ­isiert und von Ein­stein, Chap­lin und weit­eren Promi­nen­ten finanziell unter­stützt -, eine “Com­mu­nist Inter­na­tion­al Peace Con­fer­ence” abge­hal­ten wurde, formierte sich eine kleine Gruppe Intellek­tueller zu einem Gegenkongress: die “Amer­i­cans for Intel­lec­tu­al Free­dom”. Sie zählten sich zur nicht-kom­mu­nis­tis­chen Linken und woll­ten auf die Bevor­mundung der Schrift­steller in der Sow­je­tu­nion aufmerk­sam machen. Im gle­ichen Jahr erschienen einige erfol­gre­iche Pub­lika­tio­nen aus Kreisen der nicht-kom­mu­nis­tis­chen Linken: “The Vital Cen­ter” (Arthur M. Schlesinger), “1984” (George Orwell) und “The God that failed” (Sam­mel­band). (…)

Der Kampf der nicht-kom­mu­nis­tis­chen Linken gipfelte schliesslich 1950 in der Grün­dung des “Kon­gress­es für kul­turelle Frei­heit”. Das von Arthur Koestler und Manès Sper­ber ent­wor­fene Man­i­fest des Kon­gress­es wurde von Koestler in Berlin vor 15’000 Per­so­n­en ver­lesen und mit Begeis­terung aufgenom­men. Es stellt den Begriff der Frei­heit ins Zen­trum. Frei­heit wird in Anlehnung an Rosa Lux­em­burg als die Frei­heit der Ander­s­denk­enden definiert, und sie wird als unveräusser­lich­es Men­schen­recht pos­tuliert. (alle Auszüge aus Isler, p. 73/74)

Dieses Man­i­fest schauen wir uns in der näch­sten Folge am kom­menden Sam­stag, den 13. Sep­tem­ber genauer an.

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