So schön sagt es die FDP in ihrem Positionspapier:
»Leistung muss sich lohnen: Jene, die arbeiten und sparen, dürfen nicht bestraft werden. Arbeit und Leistung muss sich lohnen. Tiefe Einkommens-und Vermögenssteuern sind das richtige Signal.«
Da kann man nur zustimmen. Allerdings stellt sich mir da eine Frage: Wie wird denn diese Leistung eigentlich gemessen?
• Da macht also einer ein Studium, wird Nat. oec. mit Lizentiat oder Doktorat oder was immer. Ausbildungskosten für ihn: Semestergebühr jeweils ca. Fr. 1000.—, wohl etwa Ausbildungskosten von ca. Fr. 50’000.— oder etwas mehr für den Staat. Er arbeitet später auf einer Bank und klettert das Leiterchen hoch. Verdienst im Alter von 55 Jahren: pro Jahr ca. Fr. 10’000’000 Fr.—. Nein, nicht Herr Ermotti, der bekommt ja noch mehr …
• Da macht einer nur eine Anlehre und arbeitet als Strassenbauer oder Schienenbauer — oder was auch immer. Besonders im Sommer eine mörderische Arbeit. Verdienst im Alter von 55 Jahren: pro Jahr ca. Fr. 80’000.—.
Jetzt komme mir niemand mit mehr oder weniger Verantwortung.
Jetzt komme mir niemand mit in der langen Ausbildungszeit nichts verdient.
Jetzt komme mir niemand mit Leistungsträger (oh die schwere Last, denn beide sind Leistungserbringer, nicht Leistungsträger).
Jetzt komme mir niemand mit Sozialneid oder so.
Und dann kommen die Steuerfetischisten der FDP und SVP, sicher nicht aus dem Niedriglohnsektor, und jammern und seufzen nach tieferen Einkommens- und Vermögenssteuern. Eben: Leistung muss sich lohnen.
Oder da kommen die Koriphäen von economie suisse:
»Dem Schweizer Mittelstand ging es noch nie so gut wie heute. Auch im internationalen Vergleich stehen Herr und Frau Schweizer mit ihren hohen Durchschnittseinkommen auf den vordersten Rängen. Rosige Aussichten für unser Land? Weit gefehlt, denn die gute Ausgangslage wird durch die staatliche Umverteilungspolitik regelrecht umgepflügt.«
WOW!
Oder da kommt Herr Maurer und Herr Matter (er braucht eine eigene Bank schon alleine um das Familienvermögen zu verwalten) von der SVP anlässlich der Steuerstrafrechtsrevision:
Bundesrat Ueli Maurer zum Geschäft: »Wir gehen davon aus, dass die Steuerzahler grundsätzlich ehrlich sind und ihre Einkünfte und Vermögen deklarieren.« Ja, natürlich, vor allem die Mehrheit mit einem Lohnausweis.
Und der Kommentar von Thomas Matter, in 10vor10: »… dass wir eine Wertvorstellung haben, dass der Staat nichts zu suchen hat in der Privatsphäre.«
Bei Sozialhilfe ist der Datenschutz und die Privatsphäre dann aber nicht mehr gefragt, die armen Schlucker sind ja von Haus aus Betrüger …
Und das sagen Leute einer Partei, die eine Volkspartei sein will. Ich denke, diesen Begriff müssen wir gelegentlich auch noch aufgreifen …
Und die Weisheit zur Sache:
Satt zu sein ist ein körperliches Signal,
Nimmersatt ein charakterliches Problem.
Justus Vogt