Am Freitag den 18.1.2019 um 09.45 Uhr soll in Liestal die Petition „Keine vierspurige Schnellstrasse — Für den Schutz des Hardwaldes“ abgegeben, eingereicht, hinterlassen, übergeben werden. Eine Petition, die wir als verkehrsgeplagte Birsfelder voll und ganz unterstützen, auch die Redaktion des “birsfälder.li”. Soviel zum Eintreten.
Aber:
Eine Petition kann durchaus auch von einer Einzelperson eingereicht werden, auch von Kindern, auch von Ausländern mit Wohnsitz in Baselland, von einem Einzelnen, als Vertreter einer Gruppe, von einem Verein. Sie kann auch von all den Erwähnten unterschrieben werden. Die Anzahl der Unterschreibenden, oder gar deren Stimmberechtigung wird auf den Gemeinden nicht überprüft (anders als bei Initiativen oder Referenden). Da diese Kontrolle wegfällt, kann eine Petition von einer Person mehrfach unterschrieben werden, was gefälschte Unterschriften obsolet macht obwohl auch dies möglich wäre.
Mit anderen Worten; es geht bei einer Petition ausschliesslich um Glaubwürdigkeit des Anliegens und Relevanz für den einzelnen und/oder die Gesellschaft.
Die Petitionskommission, Begnadigungs- und Einbürgerungskommission, so der ganze, komplizierte Titel, prüft die Eingabe.
Bereits der Präsident verweist Einzelne an andere Stellen, falls die Problematik ausserhalb des Landrats erledigt werden kann. Zum Beispiel leitet er das Anliegen des oder der Petenten an den Ombudsmann weiter.
In meiner neunjährigen Zeit als Kommissionsmitglied (davon 7 Jahre als Präsident) erinnere ich mich an diese 5 Einzel-Eingaben:
1. Eine Studentin bat um die Bezahlung des Schulgeldes für eine Ausbildung die nur in zwei anderen Kantonen angeboten wurde.
2. Eine Witwe klagte gegen den Entscheid einer Versicherung.
3. Ein Unternehmer klagte gegen einen amtlichen Konkursbeschluss.
4. Ein Berufschauffeur beklagte den Entzug seines Führerscheins.
5. Ein verurteilter Delinquent ersuchte nach Absitzen seiner Strafe um eine nachträgliche Begnadigung.
Die Petitionskommission bringt derartige Eingaben mit einem Antrag in den Landrat, und da praktisch alle Fraktionen in der Kommission vertreten sind, wird dem Antrag in der Regel vom Rat zugestimmt. Bei den oben erwähnten wurde dem Kommissionsantrag in allen Fällen zugestimmt, 2 mal positiv für den Petenten, 3 mal negativ.
Warum diese ausführliche Einlassung?
In der BaZ vom 15.1. wird die Birsfelder Landrätin Désirée Jaun „zitiert“ , die „normalerweise von 500‑1000 Unterschriften“ für eine Petition spricht. Wie die obigen Beispiele zeigen, trifft das nicht zu. Vielleicht hat sich ja auch der Journalist verhört.
Dass der Gesetzgeber oder Verfassungsgeber Unterschrifts-Knautschzonen von 500‑1000 festlegt, ist mir neu.
Was ich mich überhaupt frage:
Hätten amtierende Landräte nicht schnellere, wirksamere und nicht zuletzt schneller wirksame Werkzeuge für das gleiche Anliegen?
So bliebe die Petition als zweiter, dritter oder letzter Pfeil im Köcher.
Jetzt ist dieser Pfeil politisch bereits verschossen.
Schade!
florian
Jan. 17, 2019
Petitionen, aber auch Initiativen, Referenden und sonstige (an sich) technische Instrumente haben auch immer eine Wirkung für die Öffentlichkeit, die nicht unterschrieben hat. Deshalb braucht es als Zeichen, dass sich viele für ein Anliegen interessieren, auch viele Unterschriften. Ich bezweifle jetzt, dass die von dir genannten Beispiele mehrfach in den Medien erwähnt wurden. Übrigens hat Désirée Jaun auch gleich eine Motion eingereicht, die das Anliegen direkt in den Landrat bringt. https://baselland.talus.ch/de/politik/cdws/geschaeft.php?gid=1c90a195c08341659540a88246be1233
Franz Büchler
Jan. 17, 2019
Konnte man seit heute 11.30 Uhr im http://www.birsfälder.li lesen
ueli kaufmann
Jan. 17, 2019
Lieber Florian
Tatsächlich? Das habe ich nicht bemerkt. Spass beiseite.
In meinem Beitrag geht es nicht um Polit-PR, sondern um die falsche Aussage, eine Petition benötige 500 — 1000 Unterschriften.
Siehe Beitragstitel. Siehe Fallbeispiele. Siehe Markierung im BaZ-Ausriss.
Übrigens: Ich habe die Petition auch unterschrieben.
Désirée Jaun
Jan. 17, 2019
Kurze Präzisierung zur zitierten Zahl: Dies war bloss eine Einschätzung meinerseits im Zusammenhang mit Petitionen mit einer ähnlichen Reichweite und keine gesetzlich verankerte Angabe einer Anzahl Unterschriften, die für das Zustandekommen einer Petition notwendig wären.
Béatrice Lutz
Jan. 17, 2019
Ich finde es auch wirklich SEHR SCHADE, dass der letzte politische Pfeil im Köcher- vielleicht im Übereifer? — bereits schon zum Anfang der Kampagne verbraucht, ja gar verschossen zu haben!
Das ist doch eben gerade ein wichtig-wirksames politisches Privileg der Arbeit der LandrätInnen, dass sie — als Schritt eins — Werkzeuge haben,sofort, wirksam und unbürokratisch direkt gegen eine miese Sache, nämlich gegen die “Schnellstrasse durch den Hardwald”, im Landrat opponieren zu können. Dieser wichtige Schritt eins wurde leider unsinnig und unachtsam verpasst! Sehr schade, nicht alle Werkzeuge ausgeschöpft zu haben!