Selten macht jemand aus unserem Leserkreis davon Gebrauch einen eigenen Artikel zu schreiben. Unter »So goht’s« —> »Doityourself« haben wir das von Beginn weg angeboten. Christoph Meury macht mit dem folgenden Artikel davon Gebrauch. Danke.
Wirtschaftsförderung im Konkreten:
Wo herrscht in Baselland reinste Planwirtschaft?
Im Birsfelder Hafenareal!
Für den Kanton Baselland ist die Wirtschaftsförderung aktuell ein großes Thema. Die gewünschte Baselbieter Wirtschaftsoffensive sollte Geld in die angeschlagene Kantonskasse spülen. Doch die Resultate sind bis zur Stunde mager und können im Konkreten an einer Hand abgezählt werden. Etliche Firmen bekunden zwar Interesse, doch ein Sturm auf die vorhandenen Entwicklungsgebiete ist bis anhin ausgeblieben. Großflächige Gebiete, welche für eine Wirtschaftsentwicklung zur Verfügung stehen: «Salina Raurica» mit rund 400’000 Quadratmetern, «Bachgraben» in Allschwil mit 75’000 Quadratmetern, «ABB-Areal» in Arlesheim mit 35’000 Quadratmetern und der Birsfelder Hafen mit rund 420’000 Quadratmetern, sind gut erschlossene und großflächige Wirtschaftszonen und warten auf ihre internationalen Kunden. Das sind eigentlich paradiesische Verhältnisse. Wo liegt also das Problem? Die darbende Wirtschaft kann es nicht sein. Firmen prosperieren und die Aktienkurse schießen seit einiger Zeit in die Höhe. Anleger können satte Gewinne verbuchen.
Kürzlich war in der Presse zu lesen: «Den Birsfelder Hafen hat der Kanton erst vor kurzem als möglichen Entwicklungsschwerpunkt definiert. Zwischen Sternenfeldstrasse, Hardwald und Rhein erstreckt sich auf einem Drittel der Gemeindefläche von Birsfelden ein Gebiet mit beträchtlichem Umnutzungspotential. Zudem gibt es dort große Freiflächen. Und dies direkt am Rhein an verkehrstechnisch hervorragender Lage mit «eigenem» Autobahnanschluss. Allerdings sieht der Kanton für die weitere Aufwertung der «Birsfelder Goldküste» einen sehr langfristigen Planungshorizont; auf dem Areal laufen einige Baurechtsverträge noch 30 Jahre (…)».
Recherchen haben gezeigt, dass die ersten Areale im Hafengebiet ab 2020 und dann gestaffelt 2040, 2050 und 2060 frei werden. Es wäre daher sinnvoll rasch ein klare Entwicklungsstrategie festzulegen. Freiwerdende Areal dürften zukünftig nicht mehr weiterverpachtet werden. Die Politik muss den Schweizerischen Rheinhäfen klare Auflagen machen. Eine kontinuierliche Verlängerung der Baurechtsverträge würde eine Gesamtplanung verhindern und zementiert die bisherigen Verhältnisse.
Planungshorizonte für Arealentwicklungen von 15 Jahren sind wie Beispiele zeigen angemessen. Zum Vergleich: Das Gebiet «Salina Raurica» ist seit 14 Jahren in einer Planungsphase. Es wäre also richtig, wenn der Kanton das Heft jetzt in die Hand nimmt. Ab 2020 stehen die ersten Areale zur Verfügung. Die Zeit drängt. Im Birsfelder Hafenareal planerisch auf der Bremse zu stehen, heißt Geld verlieren und längerfristig eine Entwicklung verschlafen.
Ein Augenschein hat gezeigt, dass etliche große Flächen, inmitten dieses Entwicklungsgebietes, seit Jahren brachliegen. Ein Grossteil der jetzigen Überbauung besteht zudem aus eingeschossigen, älteren Lagerhallen. Dabei könnte auf dem gesamten Areal mehrgeschossig (6 bis 9 Stockwerke) gebaut werden. Das sind zumindest Hinweise, dass das Gebiet wirtschaftlich nicht optimal genutzt wird. Eine bedeutend höhere Nutzung wäre möglich. Damit entgeht dem Baurechtsgeber viel Geld.
Über den Daumen gepeilt könnten auf dem 420’000 großen Areal Baurechtszinsen von mindestens 35.- Franken pro Quadratmeter erwirtschaftet werden. Das ergäbe einen stolzen Ertrag von über 14 Millionen Franken an Baurechtszinsen. Das ist ein Mehrfaches des Betrages, welcher das Areal bis jetzt abwirft. Aktuell liefern die Schweizerischen Rheinhäfen für alle Hafengebiete (Basel, Birsfelden, Muttenz) den beiden Kantonen BL & BS einen Baurechtszins (Gewinn) von rund 7.5 Millionen ab.
Eine wirtschaftliche Aufwertung und intensivere Nutzung würde im Weiteren auch mehr Arbeitsplätze generieren und prosperierende Firmen sind grundsätzlich gute Steuerzahler. Jetzt, wo die öffentlichen Finanzen immer stärker unter Druck geraten und Gemeinden kontinuierlich an den Sparschrauben drehen müssen, ist es ein Gebot der Not das Hafenareal nicht weiterhin den Schweizerischen Rheinhäfen zur alleinigen Bewirtschaftung zu überlassen. Hier wird eine Verpachtungspraxis gepflegt, welche sich der Besitzstandswahrung verpflichtet und das Allgemeinwohl des Kantons aus den Augen verloren hat.
Natürlich brauchen wir einen Hafen, das ist unbestritten, aber das Hafenareal in Birsfelden ist mehr als ein Umschlagplatz für Güter, welche per Schiff transportiert und hier umgeschlagen werden müssen. Das Hafenareal ist wesentlich ein Industrieareal und ein interessanter, gut erschlossener Wirtschaftsstandort. Hier müssen markwirtschaftliche Gesetze gelten und hier muss zwingend ein erheblicher Mehrwert erwirtschaftet werden. Es kann nicht angehen, dass alteingesessene Firmen auf subventioniertem Boden ihre internationalen Geschäfte tätigen. Die Allgemeinheit stellt im Birsfelder Hafen einen Grossteil der Areale zur Verfügung. Dafür muss der Kanton und muss die Gemeinde Birsfelden angemessen entschädigt werden.
Es ist also unbedingt nötig, dass die Ökonomen und Wirtschaftsfachleute jetzt Klartext reden und uns vorrechnen, was wir mit der laschen Planwirtschaft, welche der Kanton und Schweizerischen Rheinhäfen, hier seit Jahren betreiben an volkswirtschaftlichem Schaden anrichten und wie viel Mehrwert wir hier erwirtschaften könnten. Es ist ein großes Manko, dass wir über die aktuelle Bewirtschaftung und die effizienteren Optionen einer extensiveren Bewirtschaftung wenig wissen und kaum Zahlen zur Verfügung stehen.
Es ist aber offensichtlich: Hier verliert der Kanton Geld. Richtig viel Geld. Offensichtlich ist aber auch, dass die Gemeinde Birsfelden mit den getroffen Vereinbarungen und Abfindungen weiterhin den Status einer Gemeinde behalten wird, welche jährlich mit Millionen von den Anrainergemeinden alimentiert werden muss. Das müsste nicht sein.
Kleine Anmerkung zu den präsentierten LandratskandidatInnen auf der Website des birsfälder.li:
Acht porträtierten KandidatInnen signalisieren mit ihren Aussagen, dass sie in Liestal etwas Positives für Birsfelden bewirken wollen (Regula Meschberger, Heiner Lenzin, Katja Iseli, Daniel Miesch, Jonas Eggmann, Rosmarie Brunner, Thomas Buser, Anita Biedert-Vogt, usw. ). Die Vorstellungen sind jedoch sehr vage und keine der KandidatInnen hat ein politisches Projekt, welches einen Turnaround bewirken könnte. Man ist sich einig, dass Birsfelden ein strukturell bedingtes Finanzprobleme hat, aber Lösungen kann und will keine der KandidatInnen aufzeigen. Ein gewisser Fatalismus und eine unübersehbare Ratlosigkeit scheinen sich offensichtlich breit gemacht zu haben. Der Hafen und eine mögliche höhere Abgeltung durch den Kanton könnte eine Lösung sein, aber richtig daran glauben will niemand. In diesem Sinne ist es mir unerklärlich, was unsere Birsfelder VertreterInnen in Liestal wollen. Der Kanton wird Birsfelden, als Randgemeinde, weiterhin links liegen lassen. Ich meine, dass es wichtig wäre, wenn LandrätInnen auch als VertreterInnen ihrer Gemeinde in Liestal antreten und daselbst nicht konzeptlos und leise in Erscheinung treten. Dazu müssten sie aber klare Vorstellungen haben, was unsere Gemeinde vorwärts bringen soll und sie müssten diese Vorstellungen und die nötigen Ideen mit uns (dem gemeinen Volk) teilen. Immerhin gehen die Frauen und Mannen ja als unsere VertreterInnen in den Landrat.
Kleine Anmerkung zum Slogan der FDP:
«Wir kämpfen für ihre Freiheit». In einer Gemeinde, welche durch fehlende Finanzen keine Handlungsspielräume mehr hat, schwindet auch die Freiheit. Ergo müsste uns gerade die FDP aufzeigen, wo sie die nötigen Handlungsspielräume, auch kantonal, gewinnen möchte. Aber bitte kommt mir jetzt nicht mit Sparoptionen! Ich wünsche mir hier entschieden mehr konstruktive und kreative Ideen. In der vorliegenden Wahlpropaganda finde ich keine solchen Ideen und Projekte und muss mich mit Beschwörungsformeln zufrieden geben. Wo bitte kämpft die FDP für meine Freiheit?
Christoph Meury
florian dettwiler
Jan 26, 2015
Lieber Herr Meury
Ja, die Industriefläche im Hafen und am Rest der Sternenfeldstrasse ist äusserst schlecht genutzt und kostet sowohl die Gemeinde wie auch den Kanton viel Geld. Warum man die Entwicklung des Gebiets seit Jahrzehnten vernachlässigt hat und faktisch immer noch tut, ist mir absolut schleierhaft und ich finde es gut, dass Sie die Diskussion immer wieder anzuregen versuchen. Ihre Vorschläge der letzten Jahre für eine neue Nutzung (Uni-Campus, Konzert- und Kultursaal und jetzt neu Wirtschaft pur) sind zwar interessant, letztlich fehlt aber auch Ihnen ein klares Konzept. Ich würde deshalb nicht mit allen LandratskandidatInnen so hart ins Gericht gehen, auch wenn Sie im Grundsatz sicher recht haben.
Auch ich achte beim Wählen darauf, dass die Kandidierenden sich mit Gemeindepolitik und Gemeindeanliegen auskennen. Der Landrat hat aber auch Aufgaben, die darüber hinausgehen. Für das Einbringen von Projekten und der zum Erfolg nötigen Durchschlagskraft im Landrat braucht es neben den lauten Ideen ebenfalls die eher leise Arbeit im Hintergrund. Mit Regula Meschberger und Christof Hiltmann (Freiheit hin oder her) haben wir mindestens zwei Parlamentsmitglieder, die meiner Meinung nach diesem Anspruch gerecht werden, gerade auch für Anliegen der Gemeinde Birsfelden.
Ideenlieferanten sollten nicht zuletzt die Ortsparteien und die Bürgerinnen und Bürger selbst sein. Dass man diese dazu bewegen kann, kreative Ideen zu entwickeln und zu diskutieren, wäre wünschenswert und würde der Gesellschaft enorm dienen. Die Frage ist jedoch: Wie motiviert man diese dazu?
Meury Christoph
Jan 26, 2015
Kleine Replik: Die vorliegenden Antworten der PolitikerInnen lassen keine grossen politischen Ideen und Projekte erkennen (siehe Umfrage jeweils Punkt 4).
Lediglich Christof Hiltmann ist bis dato in grösserem Umfang politisch aktiv geworden. Er hat im 2012 eine Interpellation zur Bewirtschaftung des Hafenareals, im 2013 eine Motion zur Gewinnverteilung u. Teilabgeltung an die Standortgemeinden und 2014 eine Motion mit der Forderung nach einer Eignerstrategie für die Schweizerischen Rheinhäfen eingereicht. Die restlichen Birsfelder PolitikerInnen waren dabei als MitunterzeichnerInnen teilweise in Erscheinung getreten. Fazit: Mässig aktiv! Und äusserst gemächlich! Und sehr diskret.…
Konzept- und Strategielos ist bei der Hafenbewirtschaftung in jedem Fall der Kanton. Damit wird die Planwirtschaft im Birsfelder Hafen von den PolitikerInnen stillschweigend akzeptiert. Ebenfalls strategie- und konzeptlos agieren die Schweizerischen Rheinhäfen. Man könnte ihre Position als reine Verteidigung des Status Quo bezeichnen. Sprich: Ohne Aufwand, Position halten. Für diesen Einsatz verbuchen die Verwaltungsräte der «Schweizerischen Rheinhäfen» Honorare in der Höhe von rund 90’000.- pro Jahr (Devise: Ein Maximum an Honorar gegen ein Minimum an Einsatz). Und wo bleibt die Kommunikationsabteilung der «Schweizerischen Rheinhäfen»?
Zur persönlichen Unterstellung: Ich habe ein klares Konzept und eine unverkennbare Strategie. Ich möchte mit meinen Artikeln grösstmögliche Öffentlichkeit herstellen, um die miserable Hafenbewirtschaftung öffentlich anzuprangern und Vorschläge für einen Mehrwert generierende Bewirtschaftung als Industriezone zu lancieren, respektive diese zur Diskussion zu stellen. Um das Gespräch über den Birsfelder Hafen virulent zu halten, gilt es auch laufend Vorschläge öffentlich zu lancieren, um mögliche Partner ins’s Boot zu holen. Die neueste Option: Das Hafenareal könnte auch als Standort für ein neues «Unispital beider Basel» zur Diskussion stehen. Die ab 2020 freiwerdenden Areale wären strategisch bedeutend idealer als der Standort Bruderholz (verkehrstechnisch in alle Richtungen bestens erschlossen). Es gehört auch zur edlen Aufgabe der PoltikerInnen solche Projekte öffentlich zur Disposition zu stellen.
Mehr Konzept kann von meiner Seite her nicht sein. Es sei denn man würde mich, analog den jetzigen «Stadtentwicklern», dafür bezahlen. Aber das wäre eine andere Sache.…
Christoph Meury