Mit 27 Artikeln haben wir (Christoph Meury und Franz Büchler) Sie in der vergangenen Zeit (vom 2. April bis am 3. Juli) mit Hafengeschichte(n) versorgt. Geschichtliches, Ökonomisches und Politisches.
Nun stehen für viele die Ferien vor der Tür und darum möchten wir eine Zäsur machen. Oder besser vielleicht eine Denkpause, eine Pause zum Denken.
Wir möchten Sie, liebe Leserinnen und Leser, und alle innerhalb der Gemeinde Birsfelden politisch Aktiven wie Kommissionsmitglieder, Mitglieder des Gemeinderates und des Landrates, sowie die Parteipräsidenten und Parteipräsidentinnen auffordern, für Ihre Gemeinde aktiv zu werden.
Die Mitglieder der Räte wissen hoffentlich wie, sie haben die politischen Instrumente. Sollten Sie Mühe haben Ihre Anträge im Bereich Hafen / Kraftwerk / Wasserstoff / Denkmalschutz zu formulieren: Wir helfen Ihnen gerne dabei.
Als Bewohnerinnen und Bewohner der Gemeinde Birsfelden möchten wir Sie auffordern, »ihren Parteien«, denen Sie bei den letzten Wahlen Ihre Stimme(n) gegeben haben, ein kurzes Mail zu schreiben mit der Aufforderung für ein bestimmtes Thema aktiv zu werden. Die Mailadressen finden Sie am Ende dieses Artikels.
Und das erwarten wir von diesen Leuten:
1. Postulat Wiedemann
Welche Partei(en), welche Landräte und Landrätinnen sorgen dafür, dass das Postulat Wiedemann gehörig beantwortet wird und auch über die Baurechtszinsen (wenn auch global oder als Durchschnittswert) orientiert wird … und nicht einfach der Unlust der Nichthafengemeinden zum Opfer fällt?
Kurzinfo:
In der Beantwortung der Motion Wiedemann sagte der Regierungsrat:
»Diese Baurechtszinsen an die SRH liegen um ein Vier- bis Fünffaches höher als die in der Motion genannten CHF 5.27/m2.« Die Motion wurde als Postulat mit 75:0 Stimmen überwiesen.
Der Regierungsrat hat dieses Postulat verbummelt und wollte es an einer der letzten Landratssitzungen abschreiben, weil er glaubte dieses sei mit dem »Zielbild Hafen Birsfelden 2040+« erledigt.
Doch die Geschäftsprüfungskommission und anschliessend auch der Landrat wollte eine »anständige und konforme« Antwort der Regierung und lehnte die Abschreibung ab.
Der Regierungsrat muss nun noch einmal hinter die Bücher!
2. Baurechte im Birsfelder Hafen
Welche Partei(en), welche Landräte und Landrätinnen sorgen dafür, dass ein Baurechtsmoratorium erstellt wird, bis ein Masterplan für den Hafenperimeter kreiert ist, der auch mögliche Wohnzonen im Uferbereich vorsieht. Und der die Verschiebung der Tankanlagen zum Auhafen zeitlich terminiert?
Das »Zielbild Hafen Birsfelden 2040+« ist dazu noch nicht tauglich.
Kurzinfo:
Das »Zielbild Hafen Birsfelden 2040+« lässt alles in vagen Schlagwörtern verschwinden. Eine Gemeinde muss auch auf längere Frist planen können und eine gewisse Planungssicherheit haben.
Dazu finden Sie in den Hafengeschichte(n) 15–17 genügend Anhaltspunkte.
Die Langfristigkeit dieser Baurechte ist dafür eine gute Begründung (die Längsten laufen jetzt schon bis 2060).
3. Kraftwerk unter Denkmalschutz stellen
Welche Partei(en), welche Landräte und Landrätinnen, Gemeinderätinnen und Gemeinderäte, sorgen dafür, dass die Gemeinde (als Standortgemeinde) oder der Kanton Basel-Landschaft (Besitzer) das Kraftwerk Birsfelden unter Denkmalschutz stellt. Nur die zwei genannten können dies tun.
Wer stellt Antrag an den Gemeinderat via Gemeindeversammlung? Wer stellt Antrag im Landrat an den Kanton? Können sich Parteien koordinieren?
Kurzinfo:
Das Kraftwerk Birsfelden ist für viele Besucher und Besucherinnen Birsfeldens ein grosser Anziehungspunkt. Es steht auch im ISOS des Bundes als schützenswertes Objekt (heisst nicht denkmalgeschützt!).
Frau Pegoraro hatte vor Jahren dafür gekämpft und damit geprahlt, dass das Kraftwerk nicht unter Denkmalschutz gestellt wurde: »Wir haben in zähen Verhandlungen erreicht, dass wir für das Kraftwerk Birsfelden die bundesrätliche Zusicherung erhalten haben, dass die Unterschutzstellung nicht allen anderen Interessen vorgeht.«
Eigentlich wäre es sogar sinnvoll, wenn das ganze Ensemble geschützt würde, also die Insel und das umgebende Gelände.
Weder die Konzession noch die Eigentümerstrategie des Kantons verlangt vom Kraftwerk Birsfelden sich mit Immobilienplänen oder mit Industrieplänen zu diversifizieren.
Das Einzige, was noch ansteht, ist eine normgerechte Fischtreppe.
4. Wasserstoffindustrie auf der Kraftwerkinsel?
Welche Partei(en), welche Landräte und Landrätinnen, Gemeinderäte und Gemeinderätinnen, sorgen dafür, dass auf der Kraftwerkinsel kein Industriebetrieb entsteht?
Kurzinfo:
Auf der Kraftwerkinsel soll, vorerst mit einer Versuchsanlage, Wasserstoff hergestellt werden. Gegen die Wasserstoffherstellung ist nichts einzuwenden, sie ist sogar sinnvoll.
Es stellt sich allerdings die Frage, was nach der Versuchsphase weitergeschieht, denn die Wasserstoffherstellung braucht Platz, Platz der der Bevölkerung Birsfeldens weggenommen wird, Transportverkehr, der über die schmale Schleusenbrücke geführt würde. Also Konfliktpotential.
Wer passt also auf, dass hier nicht unumkehrbare Projekte hingezaubert werden?
Der Hafenperimeter wäre dazu tatsächlich der geeignetere Standort.
5. Areal 1550 umzonen
Welche Partei(en), welche Landräte und Landrätinnen, Gemeinderäte und Gemeinderätinnen, sorgen dafür, dass das Areal 1550 nicht der Immobilienspekulation zum Opfer fällt? Wer sorgt dafür, dass dieses Areal der Bevölkerung Birsfeldens als Erholungszone / Grünzone erhalten bleibt?
Kurzinfo:
Die Parzelle 1550 hat schon öfter durch Planungen, gewollter (Hochhaus und Projekt Blaser Architekten) wie auch (scheints) ungewollter Planer, den Unmut der Bevölkerung hervorgerufen. Es ist der Wille hier nichts zu bauen (allenfals eine Fischtreppe?).
Im Moment ist das Areal 1550 in einer Spezialzone, belegt mit einem Bürohaus des Kraftwerks, einem Biotop, Tennisplätzen und Familiengärten. Da aber mit der schwindenden Schifffahrt sicher keine dritte Schleuse mehr ansteht, steht eigentlich einer Umzonung nichts mehr im Wege.
6. Wasserzinsen
Welche Partei(en), welche Landräte und Landrätinnen sorgen dafür, dass das Problem Wasserzinsen wieder einmal zur Sprache kommt? Birsfelden könnte dies wie die Bündner- und Wallisergemeinden auch gebrauchen.
Kurzinfo:
Der Kanton Basel-Stadt und der Kanton Basel-Landschaft haben vom Bund die Kraftwerkkonzession erhalten. Der Bund regelt die Höhe der Wasserzinsen (eine Neuregelung steht nach langem Gezerre in den eidgenössischen Räten 2024 wieder einmal an).
Nach der Konzessionserteilung hätte der Kanton die anstossenden Gemeinden Muttenz und Birsfelden an diesen Wasserzinsen beteiligen können. Hat er nicht gemacht.
Im Jahre 2014, Birsfelden war am Sparen, hat das Birsfälderpünggtli Massnahmen vorgeschlagen die Mehreinnahmen hätten bringen können. So den Wasserzins. Damals kassierte der Kanton locker 2,5 Millionen pro Jahr.
Landrätin Regula Meschberger reichte dazu 2015 ein Postulat ein und bekam von Regierungsrat laut bz zur Antwort:
»Es scheine nicht opportun, die Standortgemeinden an den Wasserzinseinnahmen zu beteiligen. Erstens sei der Kanton ‘finanziell nicht auf Rosen gebettet’ und zweitens habe er den Bau des Kraftwerks Birsfelden «hälftig mitfinanziert».
«Dass es dem Kanton schlecht geht, ist kein Argument. Birsfelden geht’s auch schlecht», hielt Meschberger dagegen. Und der Bau des Kraftwerks liege mittlerweile sechs Jahrzehnte zurück.«
Und hätte Birsfelden in diesen 60 Jahren nur jährlich bescheidene 300’000 Franken bekommen, wären das doch auch 18 Millionen geworden …
7. Geburtstagsgeschenk für das 600-Jahre-Birsfelden-Jubiläum*
Welche Partei(en), welche Landräte und Landrätinnen sorgen dafür, dass Birsfelden im Jahre 2025 vom Kanton ein anständiges Geburtstagsgeschenk bekommt?
Kurzinfo:
1227 gab es den ersten Hinweis auf den Hof im Birsfeld, gegründet vom Kloster St. Alban. Das war aber noch keine »Ortsgründung«.
Papst Martin V. hatte der Stadt Basel mitgeteilt, dass 1431 ein Konzil in Basel stattfindet. Auf diesen Anlass hin wurde 1425 über die Birs eine »standesgemässe« Brücke gebaut. Und entlang der Strasse zu dieser Brücke entstand nach und nach Birsfelden.
Darum wäre es angemessen, der Kanton würde der Gemeinde Birsfelden die Kraftwerkinsel und die Parzelle 1550 schenken. Happy birthday …
*Einfach ein Hinweis für Gemeinde und Vereine, dass sich Birsfelden wieder einmal feiern könnte …
Und hier die Adressen der Parteipräsidenten und Parteipräsidentin:
EVP andre.fritz@bluewin.ch
JEVP sara.fritz@gmx.ch
BDP dominic.frei@bluewin.ch
FDP pascal.donati@me.com
CVP simon.oberbeck@cvp-bl.ch
SP heiner.lenzin@teleport.ch
SVP samuel.baenziger@svp-birsfelden.ch
Grüne oliver.bruederli@gmx.ch
Grüne baumgartner.gianluca@gmail.com
Bilder: Kraftwerk: Eckhard Rothe; Wappen: Wikipedia; Jürg Wiedemann: BL Admin; übrige Bilder: Franz Büchler
Hans Kästli
Jul 7, 2020
Franz — vielen Dank für Deinen Einsatz — zum Glück gibt es noch Menschen
die hinschauen um zu verbessern — herzlich
Hans Kästli
Christoph Meury
Jul 8, 2020
Tja, lieber Franz, es sieht so aus, als würde es dir gehen wie anno dazumal dem lieben Arnold. Auch Arnold Winkelried hatte bei der Schlacht von Sempach mutig ein paar Lanzen gepackt und sich (so sagt die Legende) aufopfernd selber aufgespiesst. Damit wollte er für die nachrückenden Eidgenossen eine Bresche schlagen. Mit den geröchelten Worten: «Sorget für mein Weib und Kind«, ist er dann (durchlöchert) in die ewigen Jagdgründe abgedüst, oder in die Grube gefahren. Du Franz, wirst dich mit einem schulterklopfenden «weiter so!« begnügen müssen.
.
Gut, auch Winkelried musste bis ins 19. Jahrhundert ausharren, um eine Renaissance seines Heldentums zu erleben. Aber dann ging die Post ab. Eine haltlose Heldenverehrung nahm ihren Lauf. Im Sonderbundskrieg wurde er zum einigenden Schutzpatron der zerstrittenen Eidgenossen, nach der Gründung des Bundesstaates 1848 machten Lieder über ihn die Runde, vor dem Zweiten Weltkrieg spielte er eine wichtige Rolle innerhalb der geistigen Landesverteidigung der Schweiz. Du siehst die Chancen sind intakt, dass du dereinst als mystische Figur noch Geschichte schreiben wirst.
.
Historiker werden dir in akribischer Kleinarbeit druckreife Worte in den Mund legen und dir Anekdoten & Geschichten anhängen, verschollene Mailwechsel mit einem gewissen Meury werden aus verstaubten Archiven (Festplatten) auftauchen und die Birsfelder Hafengeschichten von Anno Domini werden in völlig neuem Licht erscheinen. Man wird sich wundern und fragen aus welchem Fundus du geschöpft hast und warum um Himmels Willen keine PolitikerIn in die mutig geschlagene Bresche gesprungen ist und daraus politisches Kapital geschlagen hat.
.
Im historischen Rückblick wird man feststellen, dass die politische Kaste, ein irrer Haufen verweichlichter Egomane, durch jahrelangen Inzest völlig apathisch geworden ist und (nach einem restaurativen Turnaround) politisch handlungsunfähig dahin dümpelte. Liestal, als Epizentrum der Macht, war anno 2020 zerfallen. Ein Virus hat die letzten Kämpen dahingerafft. Ein paar linke Untote geistern noch durch die Landschaft ein letztes, kraftloses «Venceromos!« auf den seuchenzerfressenen Lippen.
.
Donnergrollen im Off & grelle Blitze erhellen die Szenen. Dann ein Knall und der Zauber ist vorbei…. Black out!
Franz Büchler
Jul 8, 2020
🤪😝🥰😈😋😇😂
Franz Büchler
Jul 8, 2020
Nun zum eher bildhaften Kommentar auf deinen Kommentar — lieber Christoph — doch noch etwas bedachter:
.
Es ist wie bei allen Helden, die Helden von Max Feurer ausgenommen, dass es immer mehrere Wahrheiten gibt. So auch beim Helden Winkelried, der einfach zuvorderst gestanden hatte und in die Speerphalanx hineingestossen wurde.
.
Aber vielleicht ist er auch einfach hineingestolpert, so wie ich beim Schreiben der Hafengeschichte(n), in die Geschichten der Geschichten. Dazu braucht es keine Helden, sondern nur Menschen, die naiv genug sind, nicht einfach alles zu glauben. Dabei ist naiv vielleicht nicht das richtige Wort, vielleicht eher unschuldig?
.
Und im Gegensatz zu Winkelried bin ich noch voll am Leben, und ich will weiter schauen, was das Leben noch bringt. Wie Amadeu Inácio de Almeida Prado (den man sich googeln kann) einmal schrieb: »Wenn es so ist, dass wir nur einen kleinen Teil von dem leben können, was in uns ist — was geschieht mit dem Rest?«
.
Und genau an diesem Rest versuche ich immer wieder zu arbeiten, ihm nachzuspüren. That’s it.
Christoph Meury
Jul 8, 2020
«Es ist wie bei allen Helden, die Helden von Max Feurer ausgenommen, dass es immer mehrere Wahrheiten gibt. So auch beim Helden«Winkelried«, der einfach zuvorderst gestanden hatte und in die Speerphalanx hineingestossen wurde.«
.
Solche Annahmen, lieber Franz, sind defätistisch. So einfach kann man einen guteidgenössischen Helden nicht demontieren. Wir werden die Schweizer Geschichte jetzt nicht umschreiben. Arnold Winkelried ist, weder trunken vor Wut kopflos in den Speerwald gerannt, noch haben ihn Schweizer Söldner geschupft. Noldi von W. ist am 9. Juli 1386 bei vollem Bewusstsein und mit offenem Visier gegen die Habsburger losgerannt. Ein einfacher Landmann gegen ein Habsburger Heer. Das muss man sich mal vorstellen. Unsereins würde bei einer solchen Übermacht aber subito Leine ziehen.
Eine eifache Kosten-Nutzen-Bilanz hätte genügt, um die Übung ein für alle Mal abzubrechen. Aber nein, stur wie ein Gämsbock musste ins Schlachtgetümmel gestürmt sein. Galt es doch die Östreicher vernichtend zu schlagen und die Macht voll und ganz an sich zu reissen und das Territorium grosszügig zu erweitern. Nix von Deeskalation, um Konflikte zu vermeiden und mit geschicktem Krisenmanagement aus dem Teufelskreis der sich aufschaukelnden Prozesse zu entkommen. Nein! Nur immer feste draufloshauen. Die Eidgenossen konnten’s nicht besser, aber länger (die hatten schon damals ein Ovo-Wundertrank dabei). «Es gibt auch Hinweise, dass die habsburgischen Ritter in Panik geraten sein könnten, als sie realisierten, dass sie unter den gegebenen Umständen damit rechnen mussten, getötet zu werden, und nicht darauf hoffen konnten, für spätere Lösegeldforderungen gefangen genommen zu werden, wie es in ritterlichen Kriegen sonst üblich war. Eine österreichische Quelle spricht jedenfalls davon, dass etliche Ritter sehr «träge» waren, ihre Pflicht zu tun und viele sich aufs Pferd setzten, der Schlacht eine Weile zuschauten und dann die Flucht ergriffen.« (Wikipedia) Kurzum: Offensichtlich gingen die Eidgenossen als Gewinner aus dieser doch eher desaströsen Schlacht hervor. Neben unserem unerschrocken Helden Arnold Winkelried mussten noch weitere 600 Eidgenossen ins Gras beissen….
.
Wo waren wir stehe geblieben? Auch ja bei den Hafengeschichten und allfälligen Feedbacks.