Wir geben es unumwunden zu, die Wirtschaftlichkeit und die effektiven Finanzströme rund um den Birsfelder Hafen zu eruieren, ist eine Herkulesarbeit. Weder der Rechenschaftsbericht der SRH, noch die angeforderten Auskünfte bei der SRH führen zu Klarheit und einsehbarer Transparenz. Wir haben immer wieder nachgefragt und wollten differenzierte Informationen. Dabei sind wir auf ein Art Omertà gestossen, welche nicht nachvollziehbar ist. Sogar die Flächenerhebung über den eigentlichen Hafenperimeter und die entsprechenden Baurechtsfelder ist ein schwierig zu lüftendes Geheimnis.
Wollte man die entsprechenden Baurechtszinsen eruieren, ist das Staatsgeheimnis perfekt. Nichteinmal der Kanton führt Buch, oder erhebt eine einsehbare Statistik über den Handel von Industrie- und Gewerbeland. Auch nicht über die riesigen Hafenareale. Im krassen Gegensatz dazu wird der Markt von Bauland für Einfamilienhäuser klitzeklein, separiert nach Gemeinde und Güte der Parzelle, erfasst und ist für Jedermann/Jedefrau im Internet einsehbar. Diese Praxis wirft Fragen auf. Insbesondere, wenn der Kanton an diesem Markt, mit entsprechenden Baurechten und Ländereien in grossem Umfang, beteiligt ist.
Der Markt mit Gewerbe- und Industrieland bewegt sich in einer undurchsichtigen Blase und entzieht sich der öffentlichen Einsehbarkeit.
Wenn wir davon ausgehen, dass das Land letztlich den BürgerInnen gehört und mit der Nutzniessung staatliche Dienstleistungen finanziert werden (d.h. die Einnahmen budgetrelevant sind), ist höchste Verschwiegenheit als Kommunikationspraxis mehr als stossend. Dies auch, weil die entsprechenden Vorgänge den parlamentarischen Zugriffen entzogen sind. Das ist das erspriessliche Feld für eine ergiebige Amigo-Wirtschaft und daher unwürdig und nicht akzeptierbar.
»Die Schweizerischen Rheinhäfen sind eine Anstalt öffentlichen Rechts im Besitz der Kantone Basel-Landschaft und Basel-Stadt, die drei Hafenteile entlang des Rheins bewirtschaftet. Diese Binnenhäfen stellen die wichtigste Drehscheibe des Im- und Exports der Schweiz dar.«
Merkwürdigkeiten in der Praxis: Im Rheinhafengesetz vom 30. März 1992 finden wir u.a. einen Passus zu den Baurechtszinsen. »Der Baurechtszins soll jenen für vergleichbares Industrieareal nicht überschreiten.« Das heisst im Klartext: Die Baurechtszinsen dürfen nicht teurer sein, aber sie dürfen beliebig viel billiger sein, als vergleichbare Areale. Zahlen werden geflissentlich keine genannt. Es wird auch keine Bandbreite der möglichen Baurechtszinsen genannt. Dermassen offene und diffuse Formulierungen stehen sehr schräg in der Landschaft und haben mit marktwirtschaftlichen Überlegungen wenig gemein.
Angemessen wäre ein klarer Grundsatz: Die SRH ist gehalten marktübliche Baurechtszinsen zu verlangen. Der Kanton muss ein Interesse haben einen optimalen Gewinn zu erwirtschaften. Es kann keinesfalls im Interesse der Allgemeinheit sein, dass der Staat und stellvertretend die SRH mit Dumpingpreisen in den Markt eingreift und damit private Anbieter grundlos konkurrenziert, respektive unterbietet.
In der Beantwortung einer Motion von Jürg Wiedemann aus dem Jahr 2018 nimmt die Regierung Stellung und negiert dabei den von Wiedemann skizzierten Baurechtszins von CHF 5.27 / m2. Die Regierung moniert in ihrer Antwort, dass die Baurechtszinsen der SRH um das Vier- bis Fünffache höher liegen als die Motion behauptet. Nennt aber explizit keine Zahlen. Wir haben nachgerechnet und kommen zu einem völlig anderen Ergebnis.
Die Fläche des Auhafens in Muttenz beträgt, gemäss Website: 458’136 m² (nach Abzug der Infrastrukturflächen: Bahn & Strassen), kann man rechnerisch von einer Fläche von 400’000 m2 ausgehen, welche im Baurecht abgegeben werden. Die SRH kassiert dafür einen Baurechtszins X, den wir nicht kennen dürfen.
Beide Hafenareale zusammen (Muttenz & Birsfelden) ergeben eine Fläche von: 715’369 m2. In Birsfelden gehört dem Kanton Basellandschaft eine Fläche von 315’369 m2.
Dafür bekommt Baselland von der SRH eine Ausschüttung (2018) von 5’064’000.- CHF. Dieser Betrag ist wasserdicht, er kann dem Rechenschaftsbericht (2018) der SRH entnommen werden.
Dies ergäbe einen Baurechtszins von 7.07 CHF/m2 p.a.
PS.: Vermutlich ist der effektive Baurechtszins im Baselland tendenziell tiefer, da in Basel-Stadt mit dem Hafen eine höhere Wertschöpfung erzielt werden kann und der Basler Hafen bereits seit jeher dichter und intensiver genutzt wird.
Was wir auch wissen:
Umschlags‑, Lagerungs- und Logistikflächen sind notorisch flächenintensiv und weisen erst noch eine geringe Wertschöpfung auf.
Das erklärt die folgenden Zahlen für Baurechtszinsen, die uns ein bekannter und erfahrener Spezialist für die Beurteilung von Industrie- und Gewerbeliegenschaften zur Verfügung gestellt hat (alle Zahlenangaben als BR-Zins in CHF/pa je m2 Land-/Parzellenfläche):
Oberes Baselland CHF 5
Bättwil/SO CHF 10 – 22
Reinach/Kägen CHF 22 – 38
Dreispitz CHF 39 – 45
Kleinhüninger Hafen CHF 21
Birsfelder Hafen CHF 22 – 23
Wie werden Baurechtszinsen festgelegt?
Grundsätzlich sollte es ein Geben und Nehmen sein zwischen Landeigentum (Baurechtsgeberin) und Landnutzung (Baurechtsnehmerin).
Dafür wurde in unserer Region ein «partnerschaftliches Baurechtsvertragsmodell» entwickelt, bei dem versucht wird über die Jahre die beiden Interessen auszutarieren.
Grundsätzlich sollte ein Baurechtszins nur einen Teil der auf dem Land möglichen Nutzung (bzw. dessen Ertrag) ausmachen. Vielfach machen diese Anteile 10 bis 35 % aus, wobei die tieferen Ansätze im Bereich von Gewerbe, Industrie, Logistik, Lagerung und Umschlag sowie Sport zu finden sind und die höheren Ansätze im Wohnbau von Städten (dann muss aber eine sehr hohe Ausnützung von 100 – 250 % vorliegen).
Fazit:
Wir stellen fest, dass der Kanton Basel-Landschaft mit den beiden Industriearealen das Dreifache, nämlich rund 21 Mio. erwirtschaften könnte.
D.h. seit Jahren verschenkt der Kanton Geld. Effektiv verzichtet BL aktuell auf jährlich rund 14 Mio. Franken.
Dabei umgeht der Kanton die demokratischen Prozesse und delegiert das Geschäft mit den Baurechten an die SRH.
Wir fragen zum Schluss bescheiden: Kann sich der Kanton Basel-Landschaft solche Geschenke an die Wirtschaft leisten? Reicht es nicht, dass die Unternehmenssteuern in den letzten Jahren laufend gesenkt wurden?
Und zu guter Letzt noch einmal: Wo bleiben die Interessen der Gemeinde Birsfelden?
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Christoph Meury
Jun 5, 2020
Wenn Lobbyisten, Wirtschaftsvertreter und bürgerliche PolitikerInnen sich dem Thema Wirtschaft und den guten Rahmenbedingungen für die Wirtschaft, insbesondere den KMU’s im Lande widmen, dann kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass unsere gesamt Wirtschaft am Tropf hängt und ohne staatlichen Support nicht über die Runden kommt. Also werden Steuererleichterungen zum Dauerthema. Nix mehr grosse Reden vom schlanken Staat und gelebter Eigenverantwortung. Die Coronakrise ist & war für die wirtschaftsfreundlichen Kreise natürlich der Lackmustest. Ein 60 milliardenschweres Wirtschaftsförderprogramm konnte über Nacht ohne Murren lanciert und frei verteilt werden. Für die Banken ein toller Zustupf, konnten sie doch freihändig Kredite vergeben und auf ein Controlling gänzlich verzichten, der Bund bürgt für den Zaster und die Banken kassieren die Gebühren. Trotz der bedingungslosen Kredite wurden munter Leute entlassen, oder beliebig freigestellt und zu Kurzarbeit verdonnert. D.h. der Staat übernimmt auch diese Sozialkosten grosszügig und der Logik folgend (Gewinne privatisieren und Verluste sozialisieren).
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Trotzdem lässt man uns wissen, dass es die Wirtschaft schwer hat. Unerklärlicherweise sprudeln die Dividenden deswegen aber trotzdem in ungeahnter Höhe weiter. Aber wen kümmert’s, man muss ja Arbeitsplätze erhalten und die Wirtschaft bei Laune halten. Dazu gehört, dass man bereits weitere Unternehmenssteuerreformen diskutiert, spricht: Steuerreduktionen für KMU’s, um den Steuerwettbewerb weiter anzukurbeln.
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Warum ich dies erwähne: In der Hafenbewirtschaftung steckt eine Menge an versteckter Wirtschaftsförderung. Zahlreiche Firmen profitieren von den vergünstigten Baurechtszinsen, welche die SRH grosszügig und bedingungslos an Firmen, auch an international agierende Firmen, Immobilienfirmen, Mineralölfirmen, etc. vergibt. Die Grandezza und Nonchalance mit welcher der Kanton (via SRH) hier im Hafen Geld verschenkt und Firmen mit Dumpingpreisen seit Jahren bei Laune hält, ist skandalös. Dies auch, wenn man bedenkt, dass die ersten bürgerlichen Polit-Schlauberger, nachdem der Geldsegen über’s Land verteilt wurde, bereits wieder von notwendigen Sparprogrammen in Bildung & Kultur und im Sozialbereich schwafeln. Degoutant!
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Irgendwann (und hoffentlich bald) müssten sich ein paar LokalpolitikerInnen um den Hafen und eine adäquate Bewirtschaftung des Industrieareals kümmern…