Sonntagmorgen, 8 Uhr, vor der Ecole française an der Engelgasse in Basel. Ein Securitas-Wächter steht vor dem Eingang. Der birsfaelder.li-Schreiberling und seine bessere Ehehälfte vertreten sich etwas die Beine, bevor der Wachmann uns endlich huldvoll bedeutet, einzutreten und sich der Kolonne von Abstimmungswilligen anzuschliessen, links L‑Z, rechts A‑K.
Besagter Schreiberling hatte vor vielen Jahren dank seiner Heirat mit einer waschechten Französin die Gelegenheit, nebst dem Schweizer Pass auch die französische Staatsbürgerschaft zu erwerben. Das war gar nicht so leicht: Es galt von seiten seiner Frau zu beweisen, dass sie tatsächlich Französin war. Die Beschaffung sämtlicher benötigter Papiere dauerte fast ein halbes Jahr … Doch dann kam der hehre Moment, wo der Schreiberling in der Ambassade française in Bern der Ambassadrice gegenübersass, um ihr seine Französischkenntnisse zu demonstrieren. (Alles halb so wild: Die Ambassadrice beklagte sich über die schlechten Arbeitsbedingungen. Ihm blieb ein verständnisvolles Kopfnicken mit gelegentlichem “Je comprends” und “C’est regrettable” …). Und dann die Gratulationsurkunde mit der eigenhändigen Unterschrift von Jacques Chirac!! — wenigsten sah es so aus 😉
Und so zückte man heute morgen zuerst vor einer netten Dame den französischen Passeport, worauf sie in einem dicken Dossier nachprüfte, ob man denn auch in der Wählerliste eingetragen und somit wahlberechtigt sei. Eine weitere Dame überreichte anschliessend huldvoll ein kleines blaues Couvert, worauf man sich mit den aufliegenden Wahlzetteln bediente — heute morgen noch zwei, vor zwei Wochen mindestens zehn.
Anschliessend zog man sich in eine der drei Wahlkabinen zurück, steckte den Wunschkandidaten resp. die Wunschkandidatin in das Couvert, entsorgte die Verschmähten herzlos im Papierkorb und schritt dann zu einer dritten Dame hinter einer grossen gläsernen Wahlurne, die beim Hineinstecken des Couverts laut verkündete: “A voté!”
Blieb noch die letzte Station bei der vierten Dame, die ebenfalls in ihrem Dossier kramte, auf dass der Schreiberling seine Wahl mit einer schwungvollen Unterschrift definitiv bestätige, — und fertig war die staatsbürgerliche Pflichterfüllung.
Und dann, genau 12 Stunden später, das grosse Aufatmen: Emmanuel Macron hat gemäss ersten Hochrechnungen seine Wiederwahl wider Erwarten mit glänzenden 58,2 % geschafft. Das grosse politische Erdbeben in Frankreich mit gewaltigen Auswirkungen für Europa ist — vorerst — noch einmal ausgeblieben. Vive la République!