Es ist schwierig geworden.
Es ist schwierig geworden mit ehemaligen Schülern türkischer und kurdischer Herkunft zu sprechen. Dabei handelt es sich heute um gestandene Familienväter und Steuerzahler, die ihre Steuererklärungen im Gegensatz zum Schreibenden rechtzeitig abgeben. Einer „meiner“ Türken besitzt und leitet ein KMU in der Gastrobranche mit ca. 50 Mitarbeitern, einer arbeitet als Logistiker in einem Transportunternehmen, eine hat einen Schweizer geheiratet, ihre schulpflichtigen Kinder sprechen nur noch in den Türkeiferien mit den Grosseltern die Muttersprache, einer studiert BWL in St.Gallen.
Es ist schwierig geworden.
Es ist schwierig geworden zu diskutieren. Da bringt es Erdogan doch auch noch fertig, gewachsene Beziehungen hier in Birsfelden zu gefährden.
Es ist schwierig geworden.
Es ist schwierig geworden, einen Staatssstreich, einen Militärputsch zu inszenieren. Dabei müsste es nicht so sein. Da gibt es seit 1968 (auf Deutsch seit 1969) ein Handbuch für alle Staatstreichler, von einem unverdächtigen liberalen Verlag, nicht links, nicht rechts.
Das Buch wurde offenbar nicht ins Türkische übersetzt. Mit diesem Handbuch würden es selbst Schweizer Obristen schaffen, aber die Laiendarsteller am Bosporus hatten das Drehbuch nicht gelesen.
Was in der Türkei inszeniert wurde, ist tatsächlich eine Inszenierung, bestimmt kein Militärputsch, das weiss jeder hiesige Pfadfinder und ehem. Leser des Pestalozzi Kalenders. Die eidgenössischen Pfadfinder und Indianerli sind anlässlich eines Todesfalls kürzlich auch wieder im Rampenlicht gestanden:
Da stellt sich doch die alte lateinische Frage CUI BENE, wem nützt es?
Es ist schwierig geworden.
Es ist schwierig geworden diese Frage „meinen“ Türken zu stellen. Weise ich auf die Nazis hin (auch Hitler wurde wie Erdogan demokratisch gewählt, Stalin nicht), erzähle ich vom Röhm-Putsch und seinen Folgen: Nie etwas davon gehört.
Hitler habe 6 Mio. Juden, Roma, Kommunisten, Sozialdemokraten, umgebracht, das würde Erdogan nie tun. Dass Hitler dies erst rund 10 Jahre nach dem Röhm-Putsch machte, interessiert keinen. Die 700 Justizopfer nach dem Attentat auf Hitler vom 20. Juli 1944 in ein Verhältnis zu setzen zu inzwischen rund 65.000 verhafteten oder aus dem Staatsdienst entlassenen Türken, vor allem Intellektuelle, Professoren, Lehrer, Richter, Staatsanwälte lassen „meine“ Gesprächspartner nicht gelten. Dass Intlektuelle und Wissenschafter nicht mehr das Land verlassen dürfen ist auch eine Einschliessung. Der Bund wird sich auf türkische Asylsuchende vorbereiten müssen, Opfer der Säuberungen.
Es ist schwierig geworden.
Es ist schwierig geworden über Gottesgeschenke zu diskutieren. Für Erdogan mag es ein Gottesgeschenk sein, für die Demokratie ein Danaer Geschenk.
Und die Weisheit zum Text:
Als die Nazis die Kommunisten holten, habe ich geschwiegen;
ich war ja kein Kommunist.
Als sie die Sozialdemokraten einsperrten, habe ich geschwiegen;
ich war ja kein Sozialdemokrat.
Als sie die Gewerkschafter holten, habe ich geschwiegen,
ich war ja kein Gewerkschafter.
Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestieren konnte.
Martin Niemöller
Eckhard Rothe
Juli 25, 2016
Ein aufschlussreicher Beitrag! Es sind das auch meine Gedanken. Die mir zeigen, dass sich Geschichte doch wiederholt.
rugeli
Juli 25, 2016
Und die nächsten in der sich repetierenden Geschichte stehen schon bereit, Gewehr bei Fuss.
Frauke Petri-Heil in Deutschland,
Marine le Pen in Frankreich,
der Trumpeter in USA,
und viele andere mehr, auch bei uns.
Orban in Ungarn hat‘s schon geschafft.
Blocher würde sagen: „Hütet Euch bei Mogarten“:
Und etwas ganz anderes meinen.