Heute hat der Bun­desrat die Home­of­fice-Pflicht und die Kon­tak­tquar­an­täne, die unser Pan­demieleben in der let­zten Zeit prägten, auf den 3. Feb­ru­ar 2022 aufge­hoben, andere Mass­nah­men in die Vernehm­las­sung geschickt und wieder andere in Aus­sicht gestellt. Ich finde, das geht mir alle etwas zu schnell. Beson­ders der Bere­ich Kinder und Jugendliche, also auch Schule, sollte mit mehr Aufmerk­samkeit betra­chtet werden!
Damit wir vom Gle­ichen reden, seien vor­erst ein paar Begriffe geklärt:

Zu Beginn der Sars-CoV2-Zeit sprachen alle zuerst von ein­er Epidemie
In der Epi­demi­olo­gie wird von ein­er Epi­demie gesprochen, wenn die Anzahl an neuen Erkrankungs­fällen (Inzi­den­zen) über einen gewis­sen Zeitraum in ein­er bes­timmten Region zunimmt. Als eine Endemie wird das andauernd gehäufte Auftreten ein­er Krankheit in ein­er umschriebe­nen Pop­u­la­tion beze­ich­net; hier­bei bleibt die Inzi­denz annäh­ernd gle­ich, ist aber gegenüber nich­t­en­demis­chen Gebi­eten erhöht.

Erst als die Ver­sicherun­gen nicht bezahlen woll­ten, sprach man richtigerweise
von ein­er Pandemie

Pan­demie beze­ich­net eine »neu, aber zeitlich begren­zt in Erschei­n­ung tre­tende, weltweite starke Aus­bre­itung ein­er Infek­tion­skrankheit mit hohen Erkrankungszahlen und in der Regel auch mit schw­eren Krankheitsver­läufen.« Im Unter­schied zur Epi­demie ist eine Pan­demie örtlich nicht beschränkt, es kann aber auch bei Pan­demien Gebi­ete geben, die nicht von der Krankheit betrof­fen wer­den. In Bezug auf die Influen­za (Grippe) hat die Welt­ge­sund­heit­sor­gan­i­sa­tion (WHO) in ihren zulet­zt im Mai 2017 über­ar­beit­eten Leitlin­ien zum »Pan­dem­ic Influen­za Risk Man­age­ment« fest­gelegt, dass der Gen­eraldirek­tor der WHO eine Pan­demie – also den Über­gang von ein­er Epi­demie zur Pan­demie – ausruft.

Nun sprechen alle fröh­lich von Endemie, oft in der Mei­n­ung Endemie käme von Ende.
Und wenn man gewisse Bun­desräte und Parlamentarier:innen hört, kön­nte man meinen, diese glauben das auch …
Bei ein­er Endemie sind über einen län­geren Zeitraum betra­chtet in der betrof­fe­nen Pop­u­la­tion oder Region sowohl die Krankheit­shäu­figkeit als auch die Inzi­denz (Neuerkrankung­shäu­figkeit) ein­er bes­timmten Krankheit im Ver­gle­ich zu anderen Pop­u­la­tio­nen oder Regio­nen erhöht und bleiben mit gerin­gen Schwankun­gen auf dem erhöht­en endemis­chen Niveau. Eine in weit­en Teilen der Welt ver­bre­it­ete Krankheit kann in ver­schiede­nen Regio­nen auf unter­schiedlichem Häu­figkeit­sniveau endemisch sein. Ähn­lich kann mit Abflachen der Infek­tion­swellen auch eine Erkrankung wie COVID-19 endemisch werden.

Mit Omikron gibt es fast nur »milde Ver­läufe« der Krankheit
Da liegt wahrschein­lich ein Missver­ständ­nis vor: Nach WHO (Welt­ge­sund­heit­sor­gan­i­sa­tion) gel­ten alle Fälle als mild, solange die Patient:innen keine Atem­not haben. Patient:innen kön­nen sich aber auch ohne Atem­not hun­dee­lend und ster­ben­skrank fühlen, ohne lebens­ge­fährlich erkrankt zu sein!

Infek­tion­ss­chutz ist auch Kinderschutz!
Kinder kön­nen nicht nur, wie Erwach­sene, Long­covid bekom­men. Ein Kind von 5000 bis 1000 der infizierten Kinder bekommt auch PIMS. Von den PIMS-Kindern lan­den etwa 50% auf der Intensivstation.
PIMS (Pedi­atric Inflam­ma­to­ry Mul­ti­sys­tem Syn­drome) ist ein postvi­rales Entzün­dungssyn­drom. Das heisst: eine beson­ders stark aus­geprägte Entzün­dungsreak­tion des Immun­sys­tems nach ein­er Erkrankung durch ein Virus. Warum ger­ade Kinder und Jugendliche von diesem neuen postvi­ralen Entzün­dungssyn­drom betrof­fen sind, darüber ist sich die Wis­senschaft noch nicht einig. Es kön­nte am noch jun­gen Immun­sys­tem bei Kindern liegen. Denn das ist, im Unter­schied zu Erwach­se­nen, stark, aber noch „uner­fahren“. Es lernt qua­si noch und kon­nte sich in der Ver­gan­gen­heit noch nicht mit vie­len Erregern und Viren auseinan­der­set­zen. Das heißt, es reagiert auf Viren und Erreger heftiger als das Immun­sys­tem von Erwachsenen.

Nehmen wir die Schä­den bei Kindern durch Long­covid und PIMS zusam­men, darf man sich schon fra­gen, warum im Moment die europäis­chen Län­der, dazu gehört auch die Schweiz, diesen Prob­le­men keine Beach­tung schenken … und schlussendlich eine Durch­seuchung von Kindern und Jugendlichen in Kauf nehmen.
Im Ver­gle­ich: Als her­auskam, dass ein­er von 100’000 Astra-Zeneca-Geimpften eine Sinusve­nen­throm­bose bekommt, hat man die Imp­fun­gen gestoppt.
Aber bei Kindern scheinen Langzeitschä­den offen­bar nicht so wichtig zu sein.

Bil­dung von Mutationen
Das Virus hat momen­tan sehr viel Gele­gen­heit, sich zu ver­mehren —in den infizierten Men­schen und im riesi­gen Tier­reser­voir. Und je stärk­er ein Virus sich ver­mehrt, desto häu­figer hat es Gele­gen­heit zu mutieren (sich spon­tan im Erb­bild ändern).
Das sind dann die Muta­tio­nen, die einen neuen Buch­staben aus dem griechis­chen Alpha­bet benötigen.

Und jet­zt kön­nen Sie ein biss­chen weit­er­hir­nen, was die Aufhe­bung der Mass­nah­men durch den Bun­desrat bewirken oder bewirken kön­nten. Ich finde es wichtig, dass der Bun­desrat seine Task­force ernst nimmt und nicht zugun­sten der Wirtschaft desavouiert … auch wenn der Trych­leru­eli Mau­r­er ander­er Ansicht ist.
Wem helfen diese Mass­nah­men? Ihnen? Den Spitälern? Der Wirtschaft? Oder …

Und die Weisheit zur Sache 
von Michael Müller, Bürg­er­meis­ter von Berlin:

Die niedrige Impfquote liegt nicht daran, dass es zu wenig Aufk­lärung gegeben hat, zu wenig Wer­ben, zu wenig Infra­struk­tur, zu wenig Geld, zu wenig Impf­stoffe oder zu wenig Entschlossen­heit. Der Grund ist, dass es zu viel Ego­is­mus und zu viel Gle­ichgültigkeit gibt.

Nur in Berlin?

Und zum Schluss noch etwas Birsfelden:
Die Entwick­lung der Fal­lzahlen der let­zten drei Wochen

Ach ja: Die neusten Ver­laut­barun­gen inklu­sive Verord­nun­gen etc. des Bun­desrates find­en Sie HIER.

Quellen:
Für die Erk­lärun­gen von Epi­demie, Pan­demie und Endemie = Wikipedia
Für die Kinder Prob­lematik: Jana Schroed­er, Infektiologin

Mattiello am Mittwoch 22/5
Die Schweiz in Europa 32

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