Da lesen wir in der bz basel davon, dass der Kanton Neuenburg Doppelmandate von Gemeinderat und Kantonsparlament verbietet. Ein Rekurs dagegen wurde vom Bundesgericht abgelehnt.
Eigentlich eine alte Geschichte, die Doppelmandate, die immer wieder in einer Form neu aufflammt:
Gehören Kantonsangestellte ins Parlament?
Gehören Gemeindeangestellte in den Gemeinderat?
Gehören KMU-Lobbyisten ins Parlament?
Oder in Birsfelden:
• Darf eine Schulleiterin auch Gemeinderätin sein?
(Nein, sagt das Baselbieter Kantonsgericht.)
• Darf der Verantwortliche für Kommunikation und Verkehrspolitik der Schweizerischen Rheinhäfen im Gemeinderat Birsfelden sein?
(Nein, sagt das Birsfälderpünggtli nicht nur einmal, oder zweimal, sondern sicher dreimal. Aber das Sitzleder ist stärker.)
Und jetzt eben:
Dürfen Gemeinderäte und Gemeinderätinnen ins Kantonsparlament?
Die Arrivierten sagen natürlich Ja. Dass sie meist ihr Amt dank der Arbeit in einem Gemeinderat bekamen, ist auch klar. Dass sie als Angehörige des Landrats im Gemeinderat bleiben, ist meist üblich.
Dass sie damit jungen, politisch Interessierten mit dem Doppelmandat den gleichen Weg versperren, ist auch klar.
Aber vielleicht denken die Wählerinnen und Wähler bei der nächsten Wahl auch ein bisschen an die nachrückenden Jungen. Nicht zuletzt deshalb haben ja auch alle Parteien Schwierigkeiten einen fähigen Nachwuchs nachzuziehen …
Und jetzt noch:
Was hat das eigentlich mit den Hafengeschichte(n) zu tun?
Sollten auch im Baselbiet demnächst die Doppelmandate verboten werden, ist es höchste Zeit, dass die Birsfelder Landräte und Landrätinnen* sich den Wunschkatalog der Hafengeschichten vornehmen und — vielleicht einmal gemeinsam? — versuchen zu erreichen, was zu erreichen ist. Bevor sie …
* Und natürlich sind da auch die Muttenzer mitgemeint, schliesslich haben sie ja auch einen Hafen!
Christoph Meury
Aug. 4, 2020
Birsfelden war über all die Jahre im Landrat immer gut vertreten und die Doppelmandate waren Usanz. Die MandatsvertreterInnen über alle Parteien haben öffentlich immer moniert, dass sie in dieser Doppelfunktion einen Mehrwert erreichen könnten. Leider spricht die Realität dagegen. Gar nichts wurde in Liestal erreicht! Alle Interventionen in Bezug auf die Hafenbewirtschaftungen waren entweder zu schwach, oder wurden bereits im Vorfeld als faule Kompromisse marginalisiert, oder sogar verworfen. Birsfelden hat im Hafen immer noch kein Mitspracherecht und erhält keine Entschädigung. Das Gleiche gilt beim Kraftwerk Birsfelden: Keine Mitbestimmung und keine Wasserzinsabgaben. Fazit: Die Doppelmandate befördern allfällig die persönliche Karriere, für die Gemeinde sind sie ein Leerlauf. Dies vorallem, weil die die entsprechenden PolitikerInnen permanent eine Politik der «gebunden Hände« betreiben, durch Interessenskollisionen in den Ausstand treten müssen, oder andere Prioritäten setzen, weil angeblich höhere Interessen im Spiel sind, oder sie als Lobbyisten in anderer Sache unterwegs sind.
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Ohne Doppelmandate könnte Birsfelden in Liestal unabhängiger und resoluter auftreten. Klar ist es praktisch, wenn man im Landrat ein Geschäft direkt mit der Sitznachbarin ausdealen kann, aber der Nutzen für das Gemeinwesen bleibt dabei auf der Strecke. Konkret auch: Was nutzt uns, der Gemeinde Birsfelden, das Doppelmandat von Simon Oberbeck? Kann er in Liestal unsere Interessen rund um die Hafenentwicklung vertreten? Nein, kann er nicht, will er nicht. Zudem muss er im Gemeinderat korrekterweise bei allen Fragen betreffend wirtschaftlicher Entwicklung, zu Fragen der Hafenentwicklung und finanziellen Entschädigung der Hafennutzung in Ausstand treten. Politisch ist Gemeinderat Oberbeck und sein Doppelmandat für das Gemeinwesen ein Handikap, eine «Lame Duck«. Damit schiesst sich die Gemeinde in den eigenen Fuss und paralysiert ihre politische Schlagkraft. Dass die CVP weiterhin an dieser Kandidatur festhält und das Doppelmandat unterstützt, zeigt, dass die Partei die Interessen der Gemeinde in keiner Weise unterstützt, sondern jegliche Bestrebungen nach Remedur durch Dauerblockade sabotiert. Daher: Doppelkandidaturen sollten zur Disposition gestellt werden.
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Ein unabhängiger Gemeinderat, frei von «höheren« politischen Interessen, könnte die Interessen der BirsfelderInnen besser und dezidierter vertreten. Im Gegenzug könnten LandrätInnen ohne Gemeinderatsmandat freier in Liestal politisieren und allfällig die Interessen der Gemeinde pointierter einbringen.
Hans-Jörg Beutter
Aug. 4, 2020
wenn sich meine erinnerung nicht eintrübt, war mir doch so, als hätte mal ein einsamer birsfelder rufer wiederholt sein cetero censeo in dieser sache eingeworfen … was ihm allerdings relativ buchstabenhaltig abgewöhnt wurde.
der zaungast fragt sich scheu: wieso denn eigentlich – was hat sich unterdessen denn an meinungsänderung ereignet?
vom plattformgedanken her: luft nach oben apropos freie meinungsäusserung.
Hans-Jörg Beutter
Aug. 4, 2020
dieses latein aber auch …
ceterum censeo natürlich …
und die vorläufige antwort darauf:
quod licet iovi – non licet bovi
vermutlich 😉
inhaltlich: so ein doppelmandatsträger hat den knallharten job, beidseitig jeweils in ausstand zu treten – enorm sinnig
Cato
Aug. 4, 2020
Herr Beutter hat recht, ich war resigniert, als sich das, was von den drei Urhebern des “birsfädler.li” als Diskussionsplatform und Wandzeitung gedacht war, zur Plattform von Selbstdarstellern mutierte. Darum hier wieder: Ceterum Censeo: Übrigens bin ich der Meinung, dass ein Vertreter der Rheinhäfen nichts im Gemeinderat zu suchen hat.
Und neu: GUTTA CAVAT LAPIDEM
Christoph Meury
Aug. 4, 2020
Wer auf zu vielen Hochzeiten tanzt und zu viele Hüte aufhat, kann die Nadel im Heuhaufen nicht mehr finden, den Spreu nicht vom Weizen trennen und kaum mehr über den eigenen Tellerrand hinausblicken. Auch den Stier bei den Hörner zu packen, hat er damit krass verpasst.
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Nichtsdestotrotz kann er in unseren wohltemperierten Sphären zwar immer noch vor sich hin politisieren, aber leider nichts handfestes erreichen. Gut, war vielleicht auch nie sein Ziel, aber man ist zumindest Jemand. Man ist PolitikerIn. Die Mikrofone sind plötzlich offen und man ist ein gern gesehener Gast bei Eröffnungen & Einweihungen. Von JournalistInnen umschwärmt. Ab und an ein Bonmot für die GönnerInnen im Hintergrund und als Reminiszenz an die WählerInnen, schafft gute Laune und markiert Präsenz. Als Lobbyist gelegentlich ein Gastkommentärchen in einschlägigen Blättchen, um sich auch in Zukunft alle beruflichen Optionen offen zu halten. Wenn’s der Zufall dann will und der Wind in die richtige Richtung dreht, reicht’s vielleicht noch zur höchsten Baselbieter GemeindevertreterIn, zur KommissionspräsidentInnen auf Lebzeiten, zur nachrückenden NationalrätIn, vielleicht sogar zur StiftungsrätIn, oder zu einem VR-Mandat. Wie das Leben halt so spielt. Man weiss ja nie. Daher ist Vorsicht die Mutter der Porzellankiste und es wäre unklug sich zu weit zum Fenster hinauszulehnen, um ja niemand zu brüskieren oder vor den Kopf zu stossen. Klar, man läuft als PolitikerIn zeitlebens auf dünnem Eis, aber noch ist ja nicht aller Tage Abend und was nicht ist kann noch werden. Irgendjemand muss die Kuh früher oder später vom Eis bringen.
Carpe diem! Faber est suae quisque fortunae! Et cetera…
ueli kaufmann
Aug. 4, 2020
Auf das Risiko hin, mich zu wiederholen: Es gab, lang lang ist’s her, eine Zeit, da konnte Birsfelden fünf Landräte nach Liestal delegieren. Ich erlaube mir, diese hier nochmals (alaphabetisch) aufzuzählen:
Klaus Hillmann CVP
Margot Hunziker SP
Ueli Kaufmann SP
Werner Vögtli FdP
Dorothee Widmer Grüne
Im Landrat damals bekannt, gefürchtet und/oder geachtet als „Birsfelder Connection“.
Neben zahlreichen kleineren Geschäften erinnere ich mich ad hoc an die Durchsetzung der Birsrenaturierung (eine Petition des Fischervereins Birsfelden) und an den Anschluss des Sternenfeldquartiers an den Öffentlichen Verkehr (Vorstoss Klaus Hiltmann). Beides Anliegen, die den Oberbaselbieter Gemeindepräsidenten und im Doppelmandat auch Landräten (sic!) gleichgültig und zu teuer waren und vehement bekämpft wurden. Die Birsfelder Landräte konnten ihre jeweiligen Fraktionen überzeugen und so Mehrheiten im Parlament erreichen.
Die Hafengeschichten wurden erst Diskussionsgegenstand nach Vorstössen von Peter Meschberger, da war ich nicht mehr dabei. Franz Büchler hat dieses Thema bestens recherchiert.
Keiner der damaligen Landräte war zuvor, gleichzeitig oder danach Mitglied des Gemeinderrats und umgekehrt.
Franz Büchler
Aug. 4, 2020
Hier noch eine Liste für unsere Lateiner und Möchtegernlateiner, die man im Zusammenhang mit Kommentaren auch noch brauchen könnte:
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Quot homines, tot sententiae
Mundus vult decipi, ergo decipiatur
Varitatio delectat
Audemus jura nostra defendere
Audere est facere
Facta, non verba
Bis repetita non placent
usw.
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Viele weitere Zitate von Berühmtheiten sind im Internet unter »lateinische Zitate« in Hülle und Fülle zu finden.
Schön, wenn man sich so gebildet geben kann.
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ABER BITTE ERSPART UNSEREN LESERINNEN UND LESERN DIE MÜHSAME ÜBERSETZUNGSARBEIT UND BEACHTET BITTE MINDESTENS VIER GRUNDSÄTZE:
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1. Schreibt doch bitte deutsch.
2. Schreibt doch bitte zur Sache
3. Haltet euch doch bitte nicht an Kleinigkeiten auf
4. Und bitte wiederholt doch nicht, was im Artikel steht
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Es wäre schön, wenn mehr Menschen ein bisschen Selbstdarsteller und Selbstdarstellerinnen würden und so real etwas zur Diskussion beitragen …
DANKE !