Roger Köp­pel von der WW wit­ter­te die­se Woche nach dem her­ben Schick­sals­schlag, der sei­nem poli­ti­schen Lieb­ling wider­fah­ren ist, wie­der etwas Mor­gen­luft. Welt­wo­che Dai­ly-O-Ton nach des­sen Florida-Auftritt:
Ich glau­be, ich bin über­zeugt, es ist mei­ne tie­fe inne­re Ansicht, dass ihm die­ses Com­back gelun­gen ist. Er hat mit einem klu­gen Auf­tritt zurück­hal­tend die Span­nung auf­recht­erhal­ten, sei­nen Füh­rungs­an­spruch in die­ser Par­tei mani­fes­tiert. Er hat die Regie­rung Biden sehr prä­zis und sehr elo­quent kri­ti­siert … usw. usw.

Der­weil ver­sucht die Regie­rung Biden, die gröss­ten innen­po­li­ti­schen Kata­stro­phen Trumps wenigs­tens teil­wei­se Schritt um Schritt rück­gän­gig zu machen. Allen Fran­ces urteil­te 2017 in sei­nem Buch:
Trump »dekon­stru­iert unse­re Regie­rung«, indem er eine Armee von inkom­pe­ten­ten und ideo­lo­gi­schen Füh­rungs­kräf­ten enga­giert, die beab­sich­ti­gen, die Minis­te­ri­en zu zer­stö­ren, die sie lei­ten sol­len. Das Umwelt­schutz­mi­nis­te­ri­um schützt nicht län­ger die Umwelt. Das Jus­tiz­mi­nis­te­ri­um stellt nicht län­ger sicher, dass Gerech­tig­keit herrscht. Das Ener­gie­mi­nis­te­ri­um wird von der Ener­gie­in­dus­trie gelei­tet. Das Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Gesund­heit und Sozia­le Diens­te ver­wei­gert den Men­schen die medi­zi­ni­sche Ver­sor­gung und lässt sei­ne Diens­te immer unmensch­li­cher wer­den. Die Food and Drug Admi­nis­tra­ti­on, die Behör­de für Lebens- und Arz­nei­mit­tel, wird von den gro­ßen Phar­ma­kon­zer­nen gelenkt. Das Innen­mi­nis­te­ri­um beab­sich­tigt, bun­des­staat­li­ches Land zu ver­schen­ken, anstatt es zu beschüt­zen. Das Minis­te­ri­um für Woh­nungs­bau und Stadt­ent­wick­lung zielt dar­auf ab, den sozia­len Woh­nungs­bau zu ver­rin­gern. Unse­re Han­dels­ver­tre­ter sol­len die bestehen­den Han­dels­ab­kom­men auf­kün­di­gen. Unser Außen­mi­nis­te­ri­um feu­ert sei­ne Diplomaten.

Die Dis­kre­panz zur Köppel’schen Sicht — und zu der einer gros­sen Min­der­heit in den USA — könn­te nicht grös­ser sein!

Wie soll ange­sichts die­ser ver­fah­re­nen poli­ti­schen Situa­ti­on eine posi­ti­ve Ent­wick­lung über­haupt noch mög­lich werden?
Fran­ces ers­ter Vor­schlag: AUGEN AUF! - Nur, was heisst das?
Es heisst, sich eini­ger Mecha­nis­men bewusst zu wer­den, die dafür ver­ant­wort­lich sind, dass poli­ti­sche Posi­tio­nen auf zer­stö­re­ri­sche Wei­se immer wei­ter aus­ein­an­der­drif­ten, z.B. Farb­krie­ge” und Tri­ba­lis­mus, Pro­pa­gan­da­tech­ni­ken und Wer­be­stra­te­gien, Ste­reo­ty­pi­sie­rung und “buz­z­words”.

Schau­en wir uns das etwas genau­er an:
“Farb­krie­ge” und Tribalismus
1954 führ­te der Sozi­al­psy­cho­lo­ge Muza­fer She­rif sein berühmt gewor­de­nes Rob­bers Cave Expe­ri­ment durch. Es gilt ein­fach, “Adler” und “Klap­per­schlan­gen” durch “Rot” und “Blau” zu erset­zen, und schon sind wir mit­ten in den aktu­el­len poli­ti­schen Aus­ein­an­der­set­zun­gen der USA …

Pro­pa­gan­da­tech­ni­ken und Werbestrategien
Allen Fran­ces übt hier Selbst­kri­tik für sei­nen Berufs­stand: Wir haben gehol­fen, die gif­ti­gen Waf­fen zu erschaf­fen, die von der poli­ti­schen Pro­pa­gan­da benutzt wer­den, was unse­re Demo­kra­tie so gewalt­tä­tig gemacht und ihrem Anse­hen gescha­det hat.

Kon­kret: In den 20er-Jah­ren des letz­ten Jahr­hun­derts ver­öf­fent­lich­te der Psy­cho­lo­ge Edward Ber­nays, ein Nef­fe Sig­mund Freuds, zwei Bücher, die Geschich­te machen soll­ten: Crystal­li­zing Public Opi­ni­on und Pro­pa­gan­da. Spä­ter ersetz­te er die Begrif­fe durch das unver­däch­ti­ge “Public Relations”.
In Pro­pa­gan­da hielt er zu gleich Beginn fest:
Die bewuss­te und intel­li­gen­te Mani­pu­la­ti­on der orga­ni­sier­ten Gewohn­hei­ten und Mei­nun­gen der Mas­sen ist ein wich­ti­ges Ele­ment der demo­kra­ti­schen Gesell­schaft. Die­je­ni­gen, die die­sen unsicht­ba­ren Mecha­nis­mus der Gesell­schaft mani­pu­lie­ren, bil­den eine unsicht­ba­re Regie­rung, die die wah­re herr­schen­de Macht in unse­rem Land ist. Wir wer­den regiert, unser Geist wird geformt, unser Geschmack geformt, unse­re Ideen wer­den vor­ge­schla­gen größ­ten­teils von Män­nern, von denen wir noch nie gehört haben. Dies ist eine logi­sche Fol­ge der Art und Wei­se, wie unse­re demo­kra­ti­sche Gesell­schaft orga­ni­siert ist.

Joseph Goe­b­bels stu­dier­te Crystal­li­zing Public Opi­ni­on — wie Ber­nays spä­ter zu sei­nem Ent­set­zen erfuhr — sehr genau und deklarierte:
Es hat­te kei­nen Sinn zu ver­su­chen, die Intel­lek­tu­el­len zu ändern … Für den Mann auf der Stra­ße muss­ten die Argu­men­te daher derb, klar und über­zeu­gend sein, sie muss­ten an sei­ne Gefüh­le appel­lie­ren, nicht an den Intel­lekt. Die Wahr­heit war unwich­tig, sie war der Tak­tik und der Psy­cho­lo­gie untergeordnet.

Die­ser Doku­men­tar­film auf You­tube (Dau­er 20 min) zeigt, wie Ber­nays vor­ging, um z.B. die Inter­es­sen der United Fruit Com­pa­ny in Gua­te­ma­la zu schüt­zen und einen Regie­rungs­putsch gegen den Sohn des aus Andel­fin­gen aus­ge­wan­der­ten Jakob Arbenz vor­zu­be­rei­ten. Trump lässt grüs­sen, denn der Trick mit dem Kom­mu­nis­mus-Gespenst funk­tio­niert auch heu­te noch bes­tens, — und nicht nur in den USA …

Ein wei­te­rer Psy­cho­lo­ge, der erkann­te, wie Men­schen mani­pu­liert wer­den kön­nen, war John B. Wat­son.
Fran­ces: Wat­son ver­dien­te ein Ver­mö­gen als Top­ma­na­ger in der frisch boo­men­den Wer­be­in­dus­trie. Indem er Pavlovs Kon­di­tio­nie­rung von Hun­den auf Men­schen aus­dehn­te, wur­de ihm klar, dass mensch­li­ches Ver­hal­ten stark durch unter­be­wuss­te Metho­den beein­flusst wer­den konn­te, die der bewuss­ten Auf­merk­sam­keit ent­gin­gen. Er nann­te die­sen Ansatz »Beha­vio­ris­mus«, da er nicht auf die Kom­ple­xi­tät des Bewusst­seins und des mensch­li­chen Geis­tes abziel­te; Men­schen und Hun­de waren glei­cher­ma­ßen manipulierbar.

Die Fol­ge­rung von Allen Fran­ces: Erst wenn die Bevöl­ke­rung der USA auf­wacht und rea­li­siert, in wel­chem Mas­se inzwi­schen Pro­pa­gan­da und Mani­pu­la­ti­on die poli­ti­sche Sze­ne beherrscht, ist eine Hei­lung des zer­stö­re­ri­schen poli­ti­schen Ant­ago­nis­mus über­haupt denk­bar. (Ver­glei­che mit der Schweiz sind selbst­ver­ständ­lich abso­lut unangebracht 😉 )

In der nächs­ten Fol­ge schau­en wir Ste­reo­ty­pe und “buz­z­words” genau­er an, und dies wie immer

am kom­men­den Frei­tag, den 12. März

 

 

 

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