Unsere Spezies befind­et sich an einem entschei­den­den Wen­depunkt und in ein­er Grau­zone:
Wir befind­en uns entwed­er in ein­er Abend­däm­merung, kurz vor Ein­tritt in ein neues dun­kles Zeital­ter, oder in ein­er Mor­gendäm­merung, kurz bevor wir ein ver­gan­ge­nes dun­kles Zeital­ter hin­ter uns lassen
. Ohne Frage kön­nen und müssen wir nach­haltig und zukun­fts­fähig wer­den, aber es bleibt erschreck­end unsich­er, ob uns das auch gelin­gen wird.

Mit diesen Worten schliesst Frances sein Kapi­tel “Unsere schöne neue Welt erhal­ten”. Um den Wäh­lerin­nen und Wäh­lern klarzu­machen, was “Sache ist”, ver­langt er von den Poli­tik­ern nur eines: scho­nungs­los Klar­text reden!

Zum Beispiel so:
Die Erde, einst unsere Mut­ter, ist heute zu unserem Kind gewor­den. Sie ist darauf angewiesen, dass wir sie schützen und Ver­ant­wor­tung für sie übernehmen. Unsere Spezies hat Hun­dert­tausende von Jahren gebraucht, um Mut­ter Natur zu beherrschen, aber nur ein paar Hun­dert Jahre, um sie auszu­plün­dern. Jed­er, der nicht nur Bäume anschaut, son­dern den Wald sieht, kann erken­nen, dass der Wald bren­nt …

oder so:
Die wirtschaftlichen Berech­nun­gen, um eine Schädi­gung der Umwelt zu recht­fer­ti­gen, beziehen sich immer auf kurzfristige Rentabil­ität, die nur sehr weni­gen Men­schen für nur sehr wenige Jahre nutzt, wobei die langfristi­gen Kosten ignori­ert wer­den, die vom Rest von uns über viele Jahrhun­derte bezahlt wer­den. Die wirtschaftlichen Inter­essen des großen Geldes geben jedes Jahr Unmen­gen von Dol­lar aus, um Poli­tik­er zu kaufen, die Wis­senschaft zu diskred­i­tieren und der Öffentlichkeit mit der Dro­hung Angst zu machen, dass Arbeit­splätze ver­loren gin­gen und die Wirtschaft zusam­men­bräche, soll­ten wir eine ver­ant­wor­tungsvolle Umwelt­poli­tik betreiben.
Konz­erne und die Super­re­ichen haben den Naturschutz in ein hässlich­es parteipoli­tis­ches The­ma ver­wan­delt, obwohl das Ganze doch als offen­sichtlich­er Nutzen für alle Men­schen gese­hen wer­den sollte. Die Großkonz­erne haben außer­dem ein befremdlich­es, aber sehr mächtiges Bünd­nis mit jenen in der radikalen religiösen Recht­en geschlossen, die sich inzwis­chen in alles ein­mis­chen, die alles kon­trol­lieren und über die guten Sit­ten wachen. Die Auf­forderung der Bibel, wir soll­ten gute Sach­wal­ter der Erde zu sein – ihrer Ansicht nach ist das die Auf­gabe Gottes –, ist ihnen weit­ge­hend egal.
(allfäl­lige Ähn­lichkeit­en mit dem Köppel’schen lieben “Gott im Him­mel” sind selb­stver­ständlich rein­er Zufall!)

oder so:
Der Begriff »katabolis­ch­er Kol­laps« beschreibt den Vor­gang, sich selb­st zu verzehren und damit auszulöschen, bei uns Men­schen. His­torisch gese­hen gelan­gen alle kom­plex­en und erfol­gre­ichen Gesellschaften an einen Punkt, an dem sie über ihre Ver­hält­nisse leben und mehr her­stellen und kon­sum­ieren, als sie brauchen oder ver­w­erten kön­nen. Wenn die Ressourcen erschöpft sind, kol­la­bieren sie. In der Archäolo­gie ist es eine regelmäßige Erken­nt­nis, dass Zivil­i­sa­tio­nen unmit­tel­bar vor ihrem Ver­schwinden ihr Pro­duk­tiv­itäts­max­i­mum erre­ichen, drastisch aus­ge­drückt: Die dick­ste Schicht unbrauch­bares Mate­r­i­al in jedem Müll­haufen ist für gewöhn­lich auch die let­zte.
(“Wie bei allen Indus­trielän­dern ist auch in der Schweiz das Aufkom­men des Pro-Kopf-Abfalls enorm. Im EU-Durch­schnitt liegt das Land laut Angaben der BAFU sog­ar extrem hoch. Während europaweit etwa 480 Kilo Müll pro Ein­wohn­er anfall­en, sind des in der Schweiz sat­te 730 Kilo!”-/carbon-connect.ch)

oder so:
Lei­der basieren unsere wirtschaft­spoli­tis­chen Maß­nah­men aus­nahm­s­los auf der ver­häng­nisvoll man­gel­haften … Annahme, dass ständi­ges Wach­s­tum nicht nur etwas Gutes, Vorgegebenes sei, son­dern ein ele­mentar­er, wesentlich­er Bestandteil des nationalen Über­lebens. Jede Störung des Wach­s­tums wird als »Rezes­sion« oder »Kon­junk­tur­rück­gang« geschmäht und mit Hil­fe verzweifel­ter finanztech­nis­ch­er und geld­wirtschaftlich­er Maß­nah­men umgekehrt, damit die Men­schen wieder mehr aus­geben und kon­sum­ieren. … Die gesamte Wer­be­wirtschaft wid­met sich nahezu auss­chließlich der Ver­führung zu ein­er hirn­losen Kon­sumorgie, wie sie in Hux­leys Schöne Neue Welt satirisch aufs Korn genom­men wird. Geplante Obsoleszenz ist der Name unseres Wirtschaftsspiels, alles muss schön­er, neuer, bess­er sein. Für die Unternehmensgewinne mag das vielver­sprechend sein, es ist aber untrag­bar und im Grunde über­flüs­sig, sollte es ein­fach nur unser Ziel sein, die Men­schen glück­lich zu machen.

oder so:
Wenn unser Kör­p­er gesund funk­tion­iert, dann deshalb, weil jede Zelle ihren Platz ken­nt und mit allen anderen Zellen in vollem Umfang kooperiert. Wir nen­nen es Krebs, wenn die Zellen irgen­deines unser­er Organe sich die Frei­heit nehmen, sich auf Kosten der anderen Zellen ego­is­tisch zu vervielfachen. Man­gel­nde Koop­er­a­tion in ein­er Gesellschaft kann zu ein­er Art sozialem Krebs verkom­men. Wir erwarten vol­lkommene Koop­er­a­tion inner­halb unser­er inneren Organe, nicht aber zwis­chen ver­schiede­nen Men­schen, nicht mal unter denen, die eng miteinan­der ver­wandt sind.

oder so:
Wir haben diesen wun­der­baren Lebens­stan­dard, aber wir zahlen dafür einen enor­men Preis. Um die sieben Mil­liar­den Men­schen der Welt mit Hil­fe der heuti­gen Tech­nolo­gie auf das Niveau des durch­schnit­tlichen Amerikan­ers zu brin­gen, bräucht­en wir vier weit­ere Plan­eten Erde. Wir haben aber keine vier weit­eren Erden, und das wird sich auch nicht ändern. Zum Über­leben müssen wir also bei der Nutzung unseres einen und einzi­gen Plan­eten erhe­blich klüger und san­fter wer­den.

In den Vere­inigten Staat­en wären Poli­tik­er, die mit ein­er solchen Diag­nose Wahlkampf zu machen ver­sucht­en, schon im Vorne­here­in zum Scheit­ern verurteilt. Wie ste­ht es aber bei uns, in der Schweiz und in Europa?

Dieser Frage gehen wir am kom­menden Fre­itag, den 9. April nach.

P.S. Falls eine geneigte Leserin oder ein geneigter Leser den Ein­druck haben sollte, dass Allen Frances Trump inzwis­chen etwas aus den Augen ver­loren hat, hier ein paar Zitate aus seinem Buch, das bekan­ntlich in dessen zweit­em Amt­s­jahr erschien.

 

 

 

 

 

 

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