Als am 10. Dezem­ber 1802 die Con­sul­ta eröff­net wur­de, hat­te Napo­le­on im Vor­aus schon mal den Kon­sul­ta­ti­ons­rah­men abge­steckt: Die Eid­ge­nos­sen­schaft wür­de auf sei­nen Wunsch eine föde­ra­ti­ve Ver­fas­sung erhal­ten. Die Dele­gier­ten wur­den gebe­ten, ledig­lich Kan­tons­ver­fas­sun­gen auszuarbeiten.

Und wie­der prall­ten in Paris die unter­schied­li­chen Vor­stel­lun­gen zwi­schen Pro­gres­si­ven und Alt­ge­sinn­ten auf­ein­an­der. Wäh­rend Ochs in sei­nen Vor­schlä­gen dem Bun­des­staat mög­lichst vie­le Kom­pe­ten­zen zuwei­sen woll­te, ver­lang­te der eben­falls ange­reis­te kon­ser­va­ti­ve Bas­ler Hans Bern­hard Sara­sin für sei­nen Kan­ton ein Zen­sus­wahl­recht, das die städ­ti­sche Ober­schicht mas­siv begüns­ti­gen wür­de, und die Wie­der­be­le­bung der Zünf­te als Wahl­gre­mi­en,- für Ochs ange­sichts der Tat­sa­che, dass damit die Land­schaft mas­siv benach­tei­ligt wür­de, unannehmbar.

Doch ent­schei­den tat Frank­reich in der Per­son von Pierre-Lou­is Roe­de­rer. Er über­nahm die Vor­schlä­ge Sarasins, setz­te aber immer­hin den Zen­sus so weit her­ab, dass die Land­be­völ­ke­rung wenigs­tens theo­re­tisch im Gros­sen Rat eine Zwei­drit­tels­mehr­heit errei­chen konnte.

Damit konn­te Peter Ochs leben, beson­ders ange­sichts der Tat­sa­che, dass in der am 19. Febru­ar von Napo­le­on dik­tie­ren Media­ti­ons­ver­fas­sung ein all­ge­mei­nes schwei­ze­ri­sches Bür­ger­recht, die garan­tier­te Rechts­gleich­heit und Niederlassungs‑, Verkehrs‑, Han­dels- und Gewer­be­frei­heit fest­ge­legt wur­de. Noch bes­ser: die in der Hel­ve­tik geschaf­fe­nen ehe­ma­li­gen Unter­ta­nen­ge­bie­te St. Gal­len, Thur­gau, Aar­gau, Tes­sin und Waadt blie­ben defi­ni­tiv voll­wer­ti­ge Kan­to­ne mit repu­bli­ka­ni­schen Ver­fas­sun­gen, — sehr zum Bedau­ern der Altgesinnten.

Eine Anek­do­te will wis­sen, dass Napo­le­on bei der Abschluss­au­di­enz sich bei den in drei Halb­krei­sen auf­ge­stell­ten eid­ge­nös­si­schen Abge­ord­ne­ten per­sön­lich ver­ab­schie­det habe, — bei Ochs mit den Wor­ten: La révo­lu­ti­on est finie, Mon­sieur Ochs! Tat­säch­lich bestimm­te er für die pro­vi­so­ri­sche Regie­rungs­kom­mis­si­on in Basel als Prä­si­dent sei­nen kon­ser­va­ti­ven Gegen­spie­ler Sarasin.

Auch in Basel soll­te also das Tau­zie­hen wei­ter­ge­hen: Wäh­rend Sara­sin zum ers­ten Bür­ger­meis­ter und Och­sens alter Intim­feind Andre­as Meri­an als des­sen Stell­ver­tre­ter gewählt wur­de, wähl­te das obe­re Basel­biet Peter Ochs in Abwe­sen­heit — er war in Strass­burg bei sei­ner Schwes­ter geblie­ben — in den Gros­sen Rat. Weni­ge Tage spä­ter erfolg­te sei­ne Wahl in den Klei­nen Rat und inner­halb des Klei­nen Rats in den Staatsrat:
lm Staats­rat wer­den die Aus­sen­po­li­tik (auch gegen­über der Schweiz oder den andern Kan­to­nen) und alle andern beson­ders wich­ti­gen Pro­ble­me zur Ent­schei­dung im Gesamt­gre­mi­um vor­be­rei­tet. Peter Ochs ist als Staats­rat somit wie­der in der enge­ren Regie­rung. Dane­ben ist er auch wie­der Depu­tat und Mit­glied des Kol­le­gi­ums, wel­ches das Kirchen‑, Schul- und Armen­we­sen ver­wal­tet; er prä­si­diert das Sani­täts­kol­le­gi­um und das Ehe­ge­richt, ist aus­ser­dem noch Vize­prä­si­dent des Jus­tiz- und Polizeikollegiums. (…)
Dank sei­ner Regie­rungs­er­fah­rung, sei­nem umfas­sen­den Wis­sen, sei­nem Über­blick, sei­ner Sach­kom­pe­tenz, sei­ner schnel­len Auf­fas­sungs­ga­be, sei­nem Ver­hand­lungs­ge­schick, sei­nen gewin­nen­den Umgangs­for­men und nicht zuletzt sei­nem unge­heu­ren Fleiss, wird Ochs bald unent­behr­lich. Uner­müd­lich und fle­xi­bel ver­sucht er, mög­lichst viel vom auf­klä­re­ri­schen Gedan­ken­gut in die ver­brei­te­te Wie­der­her­stel­lungs­wut hin­ein­zu­schmug­geln. (Kopp, Peter Ochs)

Das war bei­lei­be nicht ein­fach. Die bei­den Bür­ger­meis­ter Sara­sin und Meri­an sabo­tier­ten und ver­schlepp­ten sei­ne Erneue­rungs­vor­schlä­ge, wo sie nur konn­ten, — sei es bei der Ehe­ge­richts­ord­nung, bei der Reform der Uni­ver­si­tät oder bei der Aus­ar­bei­tung eines neu­en Straf­ge­setz­bu­ches. Ein Beispiel:
Nach mehr als vier­jäh­ri­ger Arbeit leg­te er im Febru­ar 1812 einen Ent­wurf vor, der auch eine Ehe­ge­richts­ord­nung ent­hielt. Die Ein­lei­tung und zahl­rei­che Kom­men­ta­re erör­ter­ten rechts­phi­lo­so­phi­sche und staats­recht­li­che Fra­gen, die im enge­ren Sin­ne nicht in einen Geset­zes­text gehör­ten, aber sich an Rich­ter, meist Lai­en, und inter­es­sier­ten Bür­ger wand­ten. Sie doku­men­tier­ten Och’s erzie­he­risch-auf­klä­re­ri­schen Impe­tus. … Ochs’ neu­es Straf­ge­setz­buch wur­de vom Jus­tiz­kol­le­gi­um ein­stim­mig ange­nom­men und an den Klei­nen Rat wei­ter­ge­lei­tet, wo Bür­ger­meis­ter Sara­sin dafür sorg­te, dass es in einer Archiv­schub­la­de des Stadt­ar­chivs ver­schwand. (Men­schen­rech­te und Revolution)

Peter Ochs hat­te sich in Paris wäh­rend der Ver­hand­lun­gen zwar klar gegen das Zen­sus­wahl­recht gewandt, woll­te aber sei­ner­seits in typisch auf­klä­re­ri­scher Manier das Wahl­recht Analpha­be­ten nicht zuge­ste­hen. Er war der Mei­nung, das Bil­dungs­sys­tem auf dem Land müs­se eben­falls grund­le­gend refor­miert und erneu­ert wer­den. Da kam ihm sei­ne Bekannt­schaft mit Hein­rich Pes­ta­loz­zi und des­sen neu­er Päd­ago­gik sehr zugute.

Bevor wir aber  einen Blick auf sei­ne schu­li­schen Reform­be­mü­hun­gen wer­fen, müs­sen wir uns einem wei­te­ren Dra­ma in sei­nem Leben zuwen­den, — und dies wie immer

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