Am Neu­jahrs­tag 1798 pre­dig­te Niklaus von Brunn, Pfar­rer in Buben­dorf und Leh­rer der Söh­ne von Peter Ochs, über den Text: Sie­he, ich mache alles neu. Er nahm damit die Ereig­nis­se wenig spä­ter vor­weg, als eine Bas­ler Rats­de­pu­ta­ti­on in Lies­tal mit die­sen For­de­run­gen der Land­schaft kon­fron­tiert wurde:
Ers­tens sind wir ent­schlos­sen, Schwei­zer zu bleiben.
Zwey­tens w ollen wir Frey­heit, Gleich­heit, die hei­li­gen unver­jähr­ba­ren Rech­te des Men­schen, und eine Ver­fas­sung, wozu Reprä­sen­tan­ten aus dem Vol­ke gewählt werden.
Drit­tens, enge Ver­ei­ni­gung der Stadt­bür­ger mit den Land­bür­gern, als zu einem Kör­per gehö­rend, wel­che glei­che Rech­te und glei­che Frey­heit zu genies­sen haben.
End­lich begeh­ren wir unver­züg­lich eine Volks­ver­samm­lung, wozu von Stadt und Land, nach zu bestim­men­den Regeln, z.B. von 50 Bür­gern einer gewählt wür­de, wel­che den zu bestim­men­den Geset­zen für die Zukunft, vor­läu­fig bey­woh­nen könn­ten. Jede Ver­zö­ge­rung könn­te Scha­den brin­gen. (alle Zita­te und Aus­zü­ge aus Kopp, Peter Ochs)

Am 17. Janu­ar stell­ten die Lies­ta­ler den ers­ten Frei­heits­baum in der Schweiz auf und ersetz­ten die Bas­ler Fah­ne am Rat­haus durch eine schwarz-rot-weis­se Tri­ko­lo­re, — eine Kom­bi­na­ti­on der Bas­ler und Lies­ta­ler Far­ben. Die Farns­burg, Hom­burg und die Wal­den­bur­ger Burg, Sit­ze der Bas­ler Land­vög­te, gin­gen in Flam­men auf.

Einen Tag spä­ter gab der Intim­feind von Peter Ochs, Andre­as Meri­an, den Rück­tritt bekannt, und am 20. Janu­ar akzep­tier­te der Bas­ler Gros­se Rat die For­de­run­gen der Land­schaft. Auch in Basel schmück­te nun ein Frei­heits­baum den Müns­ter­platz. Ochs sei­ner­seits erhielt in Paris ein Dan­kes­schrei­ben des Klein- und Grossrats:
Hoch­wohl­ge­bohr­ner, Hoch­zu­ver­Eh­ren­der Herr Obris­t­zunft­meis­ter! Dank Ihnen, the­üers­ter Lan­des Vater; für Ihre unver­brüch­li­che Beharr­lich­keit und Stand­haf­tig­keit, womit Sie bey jedem sich erge­ben­den Anlass ihre auf Men­schen­rech­te sich grün­den­den Gesin­nun­gen mit volls­ter Über­zeu­gung und leb­haf­tes­tem Nach­druck äus­ser­ten, und die­sem gros­sen Werk der poli­ti­schen Umschaf­fung eine so klu­ge Ein­lei­tung gaben.

Peter Ochs end­lich am Ziel, welch gros­se Genugtuung!
Nun ist es erwie­sen, dass er die Lage rich­tig ein­ge­schätzt hat­te, dass sein Vor­ge­hen rea­li­sier­bar war. Die Patrio­ten im Waadt­land haben sich eif­rig geregt seit der Garan­tie­er­klä­rung des Direk­to­ri­ums vom 28. Dezem­ber; vom Bas­ler Bei­spiel ange­steckt, pro­kla­mie­ren am sel­ben 24. Janu­ar in Lau­sanne eine unab­hän­gi­ge Répu­bli­que Léma­ni­que. Die Ber­ner Land­vög­te zie­hen ab. Noch eine unblu­ti­ge Revo­lu­ti­on! (…)  Wie Ochs vor­aus­ge­se­hen hat, setzt sich die Bewe­gung fort: Die Unter­wal­li­ser sagen sich vom Ober­wal­lis los, die Grey­er­zer von Frei­burg. In Luzern tritt das Patri­zi­at nach Bas­ler Bei­spiel am 31. Janu­ar frei­wil­lig ab, in Zürich und Schaff­hau­sen geben die Her­ren bald dar­auf dem Druck der Bevöl­ke­rung nach. Solo­thurn setzt wenigs­tens eine Kom­mis­si­on ein, um eine Ver­fas­sung aus­zu­ar­bei­ten. Alles ohne Blut­ver­gies­sen. (…) Selbst die kon­ser­va­ti­ven Inner­schwei­zer geben ihre Unter­ta­nen frei, nur Bern und sei­ne Tra­ban­ten Frei­burg und Solo­thurn wider­ste­hen vor­der­hand noch. (Kopp, Peter Ochs)

Wie kommt es dann, dass der glei­che Peter Ochs wenig spä­ter in den Geruch des Lan­des­ver­rats geriet, der ihm zum Teil noch heu­te anhaf­tet?

Ochs, der immer noch in Paris war, muss­te inzwi­schen fest­stel­len, dass sein Ver­fas­sungs­ent­wurf vom Direk­to­ri­um ohne sein Ein­ver­ständ­nis abge­än­dert wor­den war. So wur­de die Ein­lei­tung, dass sein pro­vi­so­ri­scher Ent­wurf von einem Ver­fas­sungs­rat nach ent­spre­chen­der Volks­ab­stim­mung zu erset­zen sei, ersatz­los gestri­chen, — genau so wie ein Abschnitt über die För­de­rung der Bil­dung und der Industrie.
Das Direk­to­ri­um lässt eilends den Text in erbärm­li­ches Deutsch und Ita­lie­nisch über­set­zen und druckt alles, ohne es ihm, der als allei­ni­ger Ver­fas­ser genannt wird, auch nur noch­mals vor­zu­le­gen. Ochs bringt den Mut nicht auf, sich von sol­chem Vor­ge­hen zu distan­zie­ren. (…) Die gedruck­te Ver­fas­sung wird eilig in gros­sen Men­gen ver­brei­tet und bewirkt das Gegen­teil des­sen, was man in Paris erwar­tet, näm­lich eine gros­se Unsi­cher­heit und Unei­nig­keit unter den Schwei­zer “Patrio­ten”. Vie­le wen­den sich ent­täuscht von Ochs ab. Das “höl­li­sche Och­sen­büch­lein” wird ein Haupt­ar­gu­ment der Alt­ge­sinn­ten gegen die Revo­lu­ti­on und mehr und mehr zum Brenn­punkt des Has­ses auf Peter Ochs. (Kopp, Peter Ochs)

Wie unwohl es Ochs bei die­ser Ent­wick­lung war, zeigt sich dar­an, dass er sogar erwog, nach Ame­ri­ka aus­zu­wan­dern! Doch am 16. Febru­ar traf sein Schwa­ger mit einem Beglei­ter in Paris ein, um ihn nach Basel zurück­zu­ho­len. Als er am 5. März schliess­lich in der Stadt ein­traf, traf er auf eine auf­ge­wühl­te Bevöl­ke­rung: Die Fran­zo­sen waren dar­an, in die Eid­ge­nos­sen­schaft ein­zu­mar­schie­ren. Dor­nach war ange­grif­fen wor­den, die Rats­haus­tü­ren von empör­ten Alt­ge­sinn­ten eingetreten!

Doch die pro­vi­so­ri­sche Bas­ler Natio­nal­ver­samm­lung emp­fing ihn mit gros­sem Jubel und wähl­te ihn gleich zum Prä­si­den­ten. Sofort nahm ein Aus­schuss die Ver­bes­se­rung der vom Direk­to­ri­um dik­tie­ren Ver­fas­sung in Angriff,  und sie wur­de am 15. März angenommen.

Das Direk­to­ri­um erklär­te sie umge­hend für ungültig.

Die Geburt einer erneu­er­ten Eid­ge­nos­sen­schaft stand defi­ni­tiv unter einem schlech­ten Stern …

Dazu mehr in der nächs­ten Fol­ge Don­ners­tag, den 14. April.

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