Als 1782 die durch den Tod von Isaak Iselin verwaiste Ratsschreiberstelle unter 15 Bewerbern ausgelost wurde, entschied sich das Los erneut für Peter Ochs. Die nächste Sprosse auf der Karriereleiter wäre 1783 die Wahl zum Oberstzunftmeister gewesen, aber diesmal verliess ihn das Losglück.
Dass man sich allerdings mit entsprechenden Beziehungen auch am Losentscheid vorbeimogeln konnte, musste Ochs erfahren, als der Grosse Rat Andreas Merian-Iselin ohne Loswahl zum Stadtschreiber und damit zum Vorgesetzen Ochs’ beförderte. Er sollte 1789 zu dessen erbittertem Gegner werden.
Der neue Ratsschreiber setzte sich sofort für die Belebung des kulturellen Lebens in Basel ein, sei es mit der Sanierung des “Collegium Musicum”, an dessen Konzertabenden auch Frauen teilnehmen durften, sei es durch seine Gründungsbeteiligung an der Allgemeinen Lesegesellschaft, wo man sich “bei Tabak, Thee, Caffé, Punsch und anderen Erfrischungen” politisch und kulturell austauschen konnte.
Als Abgeordneter Basels nahm er an diversen Tagsatzungen teil und konnte sich dank seiner Wahl zum “Syndikator” (Überwacher der Landvögte) 1787 ein Bild von der Verwaltung der “Gemeinen Herrschaften” machen.
1784 brachte ihm ein persönliches Highlight: Anlässlich eines Besuchs bei seiner Grossmutter in Paris lernte er Benjamin Franklin kennen, dem es ein Jahr zuvor im Frieden von Paris gelungen war, die Anerkennung der amerikanischen Unabhängigkeit durch England zu erreichen. Das Geschenk Franklins, eine französische Übersetzung der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung, sollte er sein Leben lang wie seinen Augapfel hüten.
Schon zwei Jahre später fand er sich erneut in Paris, weil Philippe-Frédéric de Dietrich, der Gatte seiner Schwester Sybille, zum Chef der Verwaltung der königlichen Schweizerregimenter ernannt worden war. Paris sollte schon bald zu einem zweiten wichtigen Pol in seinem Leben werden, als 1789 mit der Französischen Revolution der Untergang einer ganzen Epoche eingeleitet wurde.
Die revolutionären Ereignisse in Frankreich wirkten sich auch in Basel aus: Schon neun Wochen nach dem Sturm auf die Bastille beantragte der Städter Abel Merian im Grossen Rat die sofortige Abschaffung der Leibeigenschaft, doch der Antrag wurde verschleppt. Erst als Peter Ochs 1790 die freigewordene Stadtschreiberstelle übernehmen konnte — Andreas Merian war zum Oberstzunftmeister aufgestiegen -, gelang es ihm, die Abschaffung im Grossen Rat durchzusetzen.
Angesichts der exponierten Lage Basels — die Stadt war mit der Eidgenossenschaft nur durch einen schmalen Landkorridor zwischen Kaiseraugst und Reinach verbunden und vor den Stadttoren drohte die Festung Hüningen — trat Ochs angesichts der wachsenden Spannungen zwischen dem revolutionären Frankreich und den konservativen Monarchien für eine strikte Neutralitätspolitik ein. Doch die Tagsatzung war anderer Ansicht: Als der Fürstbischof von Basel um eine Durchmarscherlaubnis österreichischer Hilfstruppen bat, um einen Aufstand in der Ajoie niederzuschlagen, gab sie zum Entsetzen Ochs auf österreichischen Druck hin für den Durchmarsch grünes Licht, — und die Basler Regierung knickte ein.
Die Haltung der Tagsatzung in der Frage des österreichischen Durchmarsches 1790 legte die innere Zerrissenheit der alten Eidgenossenschaft bloss, die einer strikten Neutralitätspolitik, wie Ochs sie vertrat, im Wege stand. Die katholischen Orte, aber auch der Stand Bern sympathisierten offen mit den royalistischen Kräften. (…) Nach 1789 war es … in erster Linie die dezidiert antifranzösische Haltung Berns, die eine Neutralitätspolitik verunmöglichte. Bern grenzte direkt an Frankreich und fühlte sich in seinen Herrschaftsansprüchen über die Untertanengebiete in der Waadt und im Aargau bedroht. (alle grünen Zitate aus: Menschenrechte und Revolution. Peter Ochs.)
Ochs war so frustriert, dass er seinen Rücktritt aus der Regierung gab. Doch diese weigerte sich, den Rücktritt anzunehmen und schickte Ochs nach Paris, um über eine Entschädigung für die verlorenen Zehnten im Elsass und Rückzahlungen von Schulden der französischen Krone zu verhandeln.
Damit begann seine eigentliche aussenpolitische diplomatische Karriere. Dazu mehr in der nächsten Folge am
An anderen Serien interessiert?
Wilhelm Tell / Ignaz Troxler / Heiner Koechlin / Simone Weil / Gustav Meyrink / Narrengeschichten / Bede Griffiths / Graf Cagliostro /Salina Raurica / Die Weltwoche und Donald Trump / Die Weltwoche und der Klimawandel / Die Weltwoche und der liebe Gott /Lebendige Birs / Aus meiner Fotoküche / Die Schweiz in Europa /Die Reichsidee /Vogesen / Aus meiner Bücherkiste / Ralph Waldo Emerson / Fritz Brupbacher