Fré­dé­ric de la Har­pe leb­te bis 1796 ohne gros­ses Auf­se­hen in der unab­hän­gi­gen Repu­blik Genf, wo er vor der Ver­haf­tung durch Bern geschützt war. Doch das änder­te sich auf einen Schlag, nach­dem er die Nach­richt vom Tod sei­nes Cou­sins Amé­dée Lahar­pe in Ita­li­en erhal­ten hat­te. Die­ser Cou­sin, ähn­lich frei­heits­lie­bend wie Fédé­ric, hat­te 1791 in Lau­sanne an einem gros­sen offi­zi­el­len Ban­kett teilgenommen.

Was so harm­los tönt, reiz­te die Gnä­di­gen Her­ren zu Bern zur Weiss­glut: Die Waadt­län­der orga­ni­sier­ten näm­lich am 14. Juli vier Ban­ket­te in Yver­don, Moudon, Rol­le und Lau­sanne (Ouchy), um den zwei­ten Jah­res­tag des Sturms auf die Bas­til­le zu fei­ern. Uner­hört, die­se fre­che Her­aus­for­de­rung: Bern schick­te Trup­pen, sprach eine  gan­ze Rei­he von Todes­ur­tei­len aus und zog den Besitz der Ver­ur­teil­ten ein.

Amé­dée, das Schick­sal des Major Davel vor Augen, zog es vor, sei­nen Hals und Kopf nach Frank­reich zu ret­ten. Er trat in die fran­zö­si­sche Armee ein und mach­te sofort gros­se Kar­rie­re: Schon 1793 war er Bri­ga­de­ge­ne­ral und Kom­man­dant des Hafens von Mar­seil­le, und 1795 wur­de er unter Napo­le­on sogar Divi­si­ons­ge­ne­ral, — der ein­zi­ge Gene­ral, mit dem er sich duzte.

Sein Cou­sin Fré­de­ric-César wand­te sich des­halb direkt an Napo­le­on, der sich tat­säch­lich für sei­nen ver­stor­be­nen Gene­ral ein­setz­te und Bern auf­for­der­te, die beschlag­nahm­ten Güter an die Fami­lie zurück­zu­ge­ben. Bern blieb auf dem hohen Ross sit­zen, lehn­te das Begeh­ren rund­weg ab, — und lös­te damit eine Ket­ten­re­ak­ti­on aus. Denn de la Har­pe dach­te gar nicht dar­an, klein bei­zu­ge­ben, son­dern reis­te unver­züg­lich nach Paris, um die hoch­ge­stell­ten Freun­de des Gene­rals in sei­nen Feld­zug gegen Bern ein­zu­span­nen. Das zeig­te Wir­kung: Das Direk­to­ri­um beauf­trag­te den fran­zö­si­schen Bot­schaf­ter offi­zi­ell, mit den gnä­di­gen Her­ren Ver­hand­lun­gen über die Auf­he­bung des Urteils gegen Amé­dée und die Rück­ga­be sei­nes Besit­zes zu ver­han­deln. Bern zöger­te wei­ter­hin, bis ein ful­mi­nan­ter Brief des Aus­sen­mi­nis­ters Bern end­lich dazu brach­te, eine Begna­di­gung des Ver­stor­be­nen aus­zu­spre­chen. Besitz­rück­ga­be — wei­ter­hin kein Thema.

Lahar­pe — er hat­te inzwi­schen sei­nen Namen gut revo­lu­tio­när etwas ver­ein­facht — begann nun einen eigent­li­chen Pres­se­krieg gegen den ver­hass­ten Ber­ner Bären und schrieb unter anderem:
Die Her­ren von Bern mer­ken nicht, dass, da sich die Zei­ten geän­dert haben, das, was frü­her erträg­lich war, heu­te nicht mehr zuläs­sig ist. … Le sang impur du Deux Cents de Ber­ne ent­ier ne vaut pas celui d’un seul patriote!
Aber nicht nur die Ber­ner gerie­ten in das Visier sei­ner spit­zen Feder. Auch die von unwis­sen­den Pries­tern fana­ti­sier­ten Urkan­to­ne mit ihren Unter­ta­nen sei­en längst zu ver­ach­tens­wer­ten Hand­lan­gern des Des­po­tis­mus und des Aber­glau­bens gewor­den. Sein Ide­al war die Eid­ge­nos­sen­schaft Wil­helm Tells, so wie sie ihm in sei­ner Jugend auf Schloss Hal­den­stein vor Augen geführt wor­den war.

Am 23. Novem­ber 1797 besuch­te Napo­le­on auf sei­nem Weg vom Pie­mont nach Rastadt Lau­sanne, wo er stür­misch gefei­ert wur­de. Am 18. Dezem­ber for­der­te das Direk­to­ri­um auf Ver­an­las­sung von Lahar­pe die Regie­run­gen Berns und Frei­burgs auf, für die Sicher­heit und das Eigen­tum der Bewoh­ner des Waadt­lan­des zu sor­gen. Bern begann sei­ne Trup­pen zu mobi­li­sie­ren. Die Zei­chen stan­den defi­ni­tiv auf Sturm.

Dann traf aus Paris eine von Lahar­pe und einem Freund ver­fass­te Bro­schü­re mit dem Titel “Inst­ruc­tions pour l’as­sem­blée repré­sen­ta­ti­ve de la Répu­bli­que Léma­ni­que” ein.

Die­se Bro­schü­re soll­te der Fun­ke sein, der das Feu­er ent­fach­te. In der Nacht vom 23. auf den 24. Janu­ar nahm das Lau­san­ner Komi­tee den Namen Gen­fer­see-Repu­blik an, der es die grü­ne Koka­r­de und die grü­ne Fah­ne als Far­ben gab. Am Mor­gen des 24. Janu­ar 1798, dem ers­ten Tag unse­rer Unab­hän­gig­keit, sah man die Fah­ne wehen, doch die Wor­te waren in Weiß ein­ge­stickt: Répu­bli­que Léma­ni­que Liber­té-Ega­li­té. Die Revo­lu­ti­on war voll­zo­gen, der Kampf mit Bern auf­ge­nom­men und die Vor­be­rei­tun­gen zur Ver­tei­di­gung orga­ni­siert. Die Mili­zen und Frei­wil­li­gen wur­den unter den Befehl von Gene­ral de Bons gestellt. Im gan­zen Land war man über den Vor­marsch der Ber­ner Trup­pen beun­ru­higt, aber man war bereit, ener­gi­schen Wider­stand zu leis­ten. Doch dann kam es zu einem unvor­her­ge­se­he­nen und fast mys­te­riö­sen Ereignis.

In der Nacht vom 25. auf den 26. Janu­ar wur­de ein fran­zö­si­scher Par­la­men­ta­ri­er, der Gene­ral Weiss, dem Kom­man­dan­ten der Ber­ner Streit­kräf­te in Yver­don, Depe­schen sei­nes Chefs über­brin­gen woll­te, in der Nähe von Thier­rens von Schüs­sen emp­fan­gen. Zwei Husa­ren wur­den getö­tet, der Adju­tant kehr­te zu sei­nen Pars zurück und die­ser Vor­fall dien­te als Vor­wand für den Ein­marsch der fran­zö­si­schen Trup­pen in das Waadt­land. Am 28. Janu­ar lan­de­te die Bri­ga­de Ram­pon in Ouchy und am nächs­ten Tag zogen neun­tau­send Mann in Lau­sanne ein, wo sie mit unbe­schreib­li­cher Begeis­te­rung emp­fan­gen wur­den. (aus wikivaud.ch)

Das war der Anfang vom Ende der Alten Eidgenossenschaft.

Lahar­pe — ein Lan­des­ver­rä­ter, weil sei­ne uner­müd­li­che Agi­ta­ti­on in Paris sicher zum Zusam­men­bruch des Anci­en Régime bei­getra­gen hat? Oder waren es die Gnä­di­gen Her­ren von Bern, die in ihrer Blind­heit schlicht­weg die Zei­chen der Zeit nicht erken­nen wollten?

Die­se Ereig­nis­se kata­pul­tier­ten Lahar­pe nun in kür­zes­ter Zeit auf den Zenit poli­ti­scher Macht. Dazu mehr

am kom­men­den Don­ners­tag, den 3. Febru­ar.

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