Bevor wir uns mit der Fra­ge nach dem glo­ba­len Eigen­tum aus­ein­an­der­set­zen, eine kur­ze Reka­pi­tu­la­ti­on des Eigen­tums­be­griffs. Er umfasst drei Elemente:
die Sache, die dem Eigen­tü­mer zuge­hört, die Rechts­per­son, der die Sache zuge­hört, sowie den Gebrauch, den das Recht dem Eigen­tü­mer der Sache zuerkennt. (…)
Hin­sicht­lich der Sache (res) hat sich erge­ben, dass das Eigen­tum ent­we­der das “Haus” (oikos, domus) als einer Wirt­schafts- und Lebens­ge­mein­schaft, gewis­se mobi­le wie immo­bi­le Gegen­stän­de bzw. Wer­te oder Ver­mö­gen, ein bestimm­tes Ter­ri­to­ri­um mit des­sen Reich­tum oder, nach christ­lich-feu­da­ler Tra­di­ti­on, schliess­lich die gan­ze Erde (ter­ra) sein kann.
● Als Rechts­per­son des Eigen­tü­mers (per­so­na) kann ent­we­der ein ein ein­zel­ner Mensch als Indi­vi­du­um, eine Men­schen­grup­pe als Kol­lek­tiv (Stadt, Volk, Nati­on) oder ein all­ge­mei­nes Wesen, ein Gott, aner­kannt werden.
Der Gebrauch (usus) schliess­lich, den die Per­son von der Sache macht, kann recht­lich ent­we­der durch die Frei­heit ihres Gebrauchs, durch die Ver­ant­wor­tung für die Sache oder durch bei­des, den frei­en und ver­ant­wort­li­chen Gebrauch, bestimmt wer­den.
(Sämt­li­che Aus­zü­ge aus Alex­an­der von Pech­mann, Die Eigen­tums­fra­ge im 21. Jahrhundert)

Die Auf­ga­be besteht folg­lich dar­in, anhand die­ser drei Ele­men­te die­je­ni­ge künf­ti­ge Eigen­tums­ord­nung zu fin­den, die den öko­lo­gi­schen wie den sozia­len Her­aus­for­de­run­gen der Mensch­heit im 21. Jahr­hun­dert ent­spricht.

Was haben all die ver­schie­de­nen “Eigen­tums­sa­chen” — Gegen­stän­de, Ver­mö­gen, Grund und Boden, unse­re inne­ren Fähig­kei­ten — gemeinsam?
Sie alle sind räum­lich oder zeit­lich abge­mes­sen oder abge­grenzt:
So etwa kann das in Geld gemes­se­ne Ver­mö­gen nur dann zu recht­li­chem Eigen­tum wer­den, wenn es bis auf die Stel­len hin­ter dem Kom­ma bestimmt ist.
Gleich­falls wird der Grund und Boden als Ter­ri­to­ri­um erst dann zur Sache des Eigen­tums, wenn er durch eine ein­deu­ti­ge Gren­ze von ande­rem Boden abge­trennt ist.
Die inne­ren Fähig­kei­ten des Men­schen wer­den nur dann zu sei­nem Eigen­tum, wenn er sie in eine klar beschrie­be­ne und zeit­lich mess­ba­re “Arbeits­kraft” ver­wan­delt hat.

Die­ses tra­di­tio­nel­le Eigen­tums­recht wur­de bis vor kur­zem auch auf die Natur ange­wen­det, indem die­se als rie­si­ge aus­zu­beu­ten­de “Schatz­kam­mer” betrach­tet wur­de, — die Natur als “mecha­ni­sches Aggre­gat ein­zel­ner Din­ge”, auf die man nach Belie­ben zurück­grei­fen kann.
Damit ist es dank der Erkennt­nis­se der Öko­lo­gie vorbei:
Sie setzt die Natur nicht als vor­han­de­nes Reser­voir vor­aus, son­dern betrach­tet sie öko­lo­gisch als ein Gesamt­sys­tem, das in sei­ner geo­lo­gi­schen und bio­lo­gi­schen Viel­falt ihren Eigen­wert habe. Sie wird nun gleich­sam orga­nisch als ein hoch­kom­ple­xes und dyna­mi­sches Kreis­lauf­sys­tem auf­ge­fasst. Dem­entspre­chend ist neben dem bestehen­den Eigen­tums­recht ein nor­ma­tiv-recht­li­cher Rah­men geschaf­fen wor­den, der die Natur vor ihrer Nut­zung durch den Men­schen, vor sei­nen Ein­grif­fen und Zer­stö­run­gen schüt­zen soll. Die­ser Rah­men umfasst Rege­lun­gen, die der Erhal­tung und Wie­der­her­stel­lung intak­ter Öko­sys­te­me, der Rein­heit der Gewäs­ser und der Luft, der natür­li­chen Arten­viel­falt oder des Land­schafts­bil­des dienen. 

Dass sich die­ses neue Den­ken im Klei­nen wie im Gros­sen Schritt um Schritt durch­zu­set­zen beginnt, zeigt sich im Klei­nen etwa bei der Birs­re­ge­ne­ra­ti­on, von der auch wir Birsfelder:innen pro­fi­tie­ren, im Gros­sen z.B. im März abge­schlos­se­nen inter­na­tio­na­len Mee­res­schutz­ab­kom­men durch die UNO.

Aber eben: Es beginnt erst. In wei­ten Tei­len der Welt geht der Raub­bau an der Natur wei­ter, z.B. im Ama­zo­nas: “Der Ama­zo­nas steht vor dem Kol­laps”, schreibt der WWF. Und er nennt auch den Grund:
Schon seit Jah­ren jagt in Ama­zo­ni­en eine trau­ri­ge Rekord­mel­dung die nächs­te. Immer hef­ti­ge­re und immer mehr Brän­de wer­den gemes­sen. Jedes Jahr geht mehr Wald ver­lo­ren.
Dahin­ter ste­cken Kal­kül und das ganz gro­ße Geld. Rodung und Brand­ro­dung in gro­ßem Stil ken­nen nur den Wert des Wal­des, der von sei­nen Höl­zern, sei­nen Boden­schät­zen und vor allem sei­ner Flä­che als Acker­land ausgeht.

Da  pral­len offen­sicht­lich Eigen­tums­recht und Natur­schutz­recht voll auf­ein­an­der. Von Pech­mann bringt es auf den Punkt:
Wenn … zur recht­li­chen Sache des Eigen­tums nur abge­grenz­te Din­ge wer­den kön­nen, die für mensch­li­che Zwe­cke und Bedürf­nis­se gebraucht wer­den, umge­kehrt jedoch die Natur als ein dyna­mi­sches Gesamt­sys­tem begrif­fen wer­den muss, das als sol­ches nicht zur Sache des Eigen­tums wer­den kann, dann scheint es, als zer­fal­le die Natur nach die­sen Rechts­ord­nun­gen in zwei ver­schie­de­ne Arten zu exis­tieren

Tut sich da ein unlös­ba­rer Kon­flikt auf? Dazu mehr in der nächs­ten Fol­ge am kom­men­den Frei­tag, den 21. April.

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