Jür­gen Krys­man­s­ki fächert diese “Wertver­mehrungsin­dus­trie” in konzen­trische Kreise auf:
Im Zen­trum find­en sich die Eigen­tümer des Geld­ver­mö­gens. Um sie herum kreist ein Heer hochdotiert­er Vermögensverwalter:innen und Finanzberater:innen, das auf den weltweit­en Finanzmärk­ten operiert und ihre Oper­a­tio­nen zugle­ich ver­dunkelt. (von Pech­mann)

Die Sozi­olo­gie-Pro­fes­sorin Brook­er Har­ring­ton ging in einem Zeitungsar­tikel (“Der Fre­itag”, Aus­gabe 43/2016) etwas detail­liert­er auf deren Tätigkeit ein:
Diese Experten schir­men nicht ein­fach Reich­tum gegen Besteuerung ab, son­dern sie ver­schleiern die Konzen­tra­tion von Wirtschafts­macht, indem sie es schw­er, wenn nicht unmöglich machen, die wahren Eigen­tümer von Ver­mö­genswerten zu ermit­teln ..
Um Ver­mö­gen dem behördlichen Zugriff zu entziehen, set­zen die Wealth-Man­ag­er auf transna­tionale und hyper­mo­bile For­men von Kap­i­tal. Neben den undurch­schaubaren Beteili­gungs- und Steuerver­mei­dungsstruk­turen haben sie dafür auch eine Rei­he neuer Insti­tu­tio­nen geschaf­fen, die ohne fes­ten Sitz und jen­seits der demokratis­chen Kon­trollmech­a­nis­men operieren. Der Auf­stieg der Super­re­ichen und der für sie täti­gen Ver­mö­gensver­wal­ter bringt eine zunehmend unregier­bare Elite her­vor.

Die Autorin illus­tri­ert die Arbeit dieser Wealth-Man­ag­er an einem kom­plex­en Beispiel, wo sechs Staat­en mir ihren jew­eili­gen Geset­zen in die Ver­mö­gensstruk­tur ein­be­zo­gen sind,  und fasst dann zusam­men:
Dieses Mod­ell erlaubt es, Ver­mö­gen­steile „wie beim Hütchen­spiel zu ver­schieben“, …  Geschick­te Wealth-Man­ag­er set­zen Fonds, Unternehmen und Stiftun­gen als Werkzeuge ein, um Reichtümer fast end­los jedem staatlichen Zugriff zu entziehen, ohne dabei je ein Gesetz zu brechen. (…)

Der Wirtschaftswis­senschaftler Gabriel Zuc­man warnt, das Off­shore-Finanzsys­tem sei der­art angewach­sen, dass es die Sou­veränität von Staat­en in Frage stelle. Und zwar vor allem durch Steuer­flucht, die „schlicht und ein­fach Dieb­stahl“ sei. Indem sie für ihre Klien­ten jährlich weltweit 200 Mil­liar­den Dol­lar am Fiskus vor­beis­chleusen, fügen Wealth-Man­ag­er staatlich­er Autorität und Gestal­tungs­macht erhe­blichen Schaden zu. (…)

Mit ihren Off­shore-Mod­ellen haben die Reichen und ihre Ver­mö­gensver­wal­ter selek­tiv rechts­freie Räume geschaf­fen: Der Gel­dadel kann dort weit­er von Geset­zen prof­i­tieren, die seinen Inter­essen dienen, während er sich an die anderen nicht zu hal­ten braucht. Diese Par­al­lel­welt funk­tion­iert laut­los, außer wenn sie ger­ade dazu beiträgt, die Welt, die wir restlichen Men­schen bewohnen, ins Chaos zu stürzen – wie bei der Finanzkrise von 2008.

Manche wen­den ein, so sei es immer schon gewe­sen. Aber eben bei weit­em nicht in dem Aus­maß. Die Mobil­ität von Reich­tum und seinen Besitzern sowie das Geschick der Wealth-Man­ag­er machen es allzu leicht, Geset­ze zu brechen, obwohl man sie pro for­ma ein­hält. Alle Ver­suche, die Priv­i­legien der Super­re­ichen zu beschnei­den, sind bish­er gescheit­ert. 

Jür­gen Krys­man­s­ki fol­gert deshalb im Vor­wort zu seinem Buch “0,1 %”:
Pri­vateigen­tum dieser Grössenord­nung kann durch keine Rechts- oder Völk­er­recht­sor­d­nung mehr einge­bun­den wer­den. Bei allen kon­struk­tiv­en Möglichkeit­en, die es birgt, wirkt diese Form pri­vatisiert­er gesellschaftlich­er Macht let­z­tendlich destruk­tiv. Denn in dieser Welt der Mil­liardäre und Oli­garchen gibt es glob­ale Inter­es­sen­ge­gen­sätze und Konkur­ren­zen, die mit allen, aber auch allen Mit­teln aus­ge­tra­gen wer­den. Diese Kon­flik­te erzeu­gen das eigentliche Milieu des unbeschränk­ten Pri­vateigen­tums: das ökonomis­che und poli­tis­che Chaos. Zugle­ich sig­nal­isiert diese Chao­tisierung das Ende des Pri­vateigen­tums, wie wir es kan­nten.

Der Kap­i­tal­is­mus geht über in einen Tran­skap­i­tal­is­mus mit neo­feu­dalen Struk­turen.

Ein paar Aus­sagen aus dem Buch “Cap­i­tal with­out Bor­ders” von Brook­er Har­ring­ton:
Ver­mö­gensver­wal­ter nutzen Trusts, Kap­i­talge­sellschaften und Stiftun­gen, um ihre Kun­den von der Rechtsstaatlichkeit und ihr Ver­mö­gen von Wach­s­tums- und Mobil­itäts­beschränkun­gen zu befreien. Sie kön­nen viele poli­tis­che Risiken neu­tral­isieren und viele Geset­ze und Vorschriften option­al, wenn nicht gar irrel­e­vant machen.

Die wichtig­sten Instru­mente der mod­er­nen Ver­mö­gensver­wal­tung sind Trusts, Kap­i­talge­sellschaften und Stiftun­gen. Sie kön­nen einzeln oder in Kom­bi­na­tion einge­set­zt wer­den, je nach den Bedürfnis­sen des Kun­den. Das Off­shore-Umfeld spielt bei diesen Strate­gien eine Schlüs­sel­rolle, da es ein freizügiges Umfeld für finanzielle und rechtliche Kreativ­ität bietet.

● Das erste Merk­mal, das Trusts zu einem beliebten Mit­tel der Ver­mö­gens­ab­wehr macht, ist ihre Geheimhal­tung. Sie sind nicht öffentlich reg­istri­ert, was eine nüt­zliche Unklarheit und Unsicher­heit in Bezug auf die Eigen­tumsver­hält­nisse schafft. Trusts schützen das Ver­mö­gen vor Reg­ulierung, Besteuerung und Beschlagnah­mung, indem sie es in eis­erne Geheimhal­tung hüllen.

● Off­shore-Trusts ermöglichen es einem in Lon­don leben­den rus­sis­chen Kun­den, von einem mil­lio­nen­schw­eren Port­fo­lio von US-Aktien zu prof­i­tieren, ohne Steuern zu zahlen, da er nicht der recht­mäßige Eigen­tümer der Ver­mö­genswerte ist. Der Trust ist durch eine Auswe­ichk­lausel geschützt, die ihn bei Bedarf in ein anderes Land ver­legt.

● Das eine Prozent der Bevölkerung, das über das meiste Ver­mö­gen ver­fügt, wird nicht nur gut für seine Arbeit ent­lohnt, son­dern besitzt auch einen großen Teil des nationalen Ver­mö­gens, was sein Einkom­men und seinen Reich­tum in ras­an­tem Tem­po steigert.

● Die wirtschaftliche Ungle­ich­heit wird durch die Arbeit von Ver­mö­gensver­wal­tern ver­schärft, die das Ver­mö­gen in den Fam­i­lien hal­ten, sowie durch Steuer- und Schulden­ver­mei­dung, die die Kosten von Wirtschaft und Staat auf die Nicht-Reichen ver­lagert.

● Ver­mö­gensver­wal­ter helfen ihren Kun­den, Steuern und Schulden zu ver­mei­den, so dass diejeni­gen, die sich diese Strate­gien nicht leis­ten kön­nen, gezwun­gen sind, höhere Steuern zu zahlen, da sie son­st Gefahr laufen, dass ihnen öffentliche Leis­tun­gen gestrichen wer­den.

● In den Vere­inigten Staat­en wer­den in den näch­sten drei Jahrzehn­ten schätzungsweise zwis­chen drei Bil­lio­nen und 41 Bil­lio­nen Dol­lar an Pri­vatver­mö­gen durch Vererbung über­tra­gen wer­den.

● Die Weit­er­gabe von Ver­mö­gen zwis­chen den Gen­er­a­tio­nen ist in Ameri­ka und vie­len anderen Län­dern ein großes Prob­lem. Dies liegt daran, dass sie zur Wieder­her­stel­lung von Konzen­tra­tio­nen poli­tis­ch­er und wirtschaftlich­er Macht führen kann, die die Rev­o­lu­tio­nen des 18. Jahrhun­derts zu zer­stören ver­sucht­en.

Um den Kreis der Vermögensverwalter:innen existieren aber noch weit­ere Kreise im Dien­ste der Super-Reichen. Auf sie gehen wir in der näch­sten Folge am Fre­itag, den 10.März ein.

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