Die letzte Folge endete mit der Feststellung “… dass es mit dem Anpassen des Wirtschaftssystems an die natürlichen Kreisläufe — wie an der UN-Klimakonferenz verlangt — heute noch gewaltig hapert, hängt zentral mit der bürgerlich-kapitalistischen Eigentumsordnung zusammen” .
Doch scheint sich die Einsicht, dass die lineare Güterproduktion sich in eine Kreislaufproduktion wandeln müsste, um der ökologischen Zerstörung Einhalt zu gebieten, doch langsam in ein paar Köpfen festzusetzen. So heisst es im aktuellen Newsletter des “The Pioneer Tech Briefing”:
Die Industrielle Revolution brachte Europa an die Spitze des Fortschritts und krönte den Kontinent mit Wohlstand. Doch der Preis für die Umwelt fiel bedenklich hoch aus. Schwarzes Wasser floss durch die Städte, dunkelgraue Rauchschwaden hingen zwischen den rußigen Schornsteinen und verwahrlosten Wohnbaracken. Der Schmutz und Ruß ist heute dank moderner Filter und Schadstoffregulierung weniger geworden. Doch zum Schlechteren gewandt hat sich unsere Gier nach Ressourcen. In Sachen Ökologie gleicht der Mensch einem Bigfoot.
Unser Ressourcen-Fußabdruck ist schlichtweg zu groß. Wir verbrauchen zu viel, recyceln zu wenig und sparen gar nicht. Kein Wunder, dass 60 Prozent der klimaschädlichen CO₂-Emissionen auf den Abbau und die Verarbeitung von Ressourcen zurückgehen. Das geht zulasten von Umwelt und Biodiversität.
Weil das nicht so weitergehen kann, darf als gesicherte Prognose gelten: In den dreißiger Jahren dieses Jahrhunderts wird es kein erfolgreiches Geschäftsmodell geben, das auf der rücksichtslosen Ausbeutung von Primärrohstoffen basiert. Der Schlüssel zur Bewältigung der Klimakrise und die treibende Kraft für Innovation und Wohlstand in Europa liegt in der vernünftigen Nutzung wertvoller Ressourcen. (…)
In der Business Class Edition des Tech Briefings präsentieren wir Kreislaufwirtschaft als einen Schlüssel zur Lösung der Klimakrise und gleichzeitig als treibende Kraft für Innovation und Wohlstand in Europa. 70 Prozent der heute verwendeten Ressourcen reichen aus, um unsere Bedürfnisse zu decken.
Schalmeienklänge oder der Beginn eines echten Umdenkens?
Am 21. Februar werden bei der Bundeskanzlei in Bern die 100’000 Unterschriften für die von den Jungen Grünen lancierte Umweltverantwortungsinitiative eingereicht. Auf ihrer Webseite heisst es u.a.
Die Schweiz soll so produzieren und importieren, dass wir unsere Lebensgrundlagen langfristig erhalten. Konkret heisst das: Die Umweltbelastung der Schweiz muss innerhalb von zehn Jahren so reduziert werden, dass wir die Belastbarkeitsgrenzen unserer Erde einhalten. (…)
Unsere Initiative will nun, dass die Schweiz sechs planetare Grenzen einhält: Klimawandel, Artensterben, Wasserverbrauch, Landnutzung, Luftverschmutzung sowie Stickstoff- und Phosphoreintrag. In diesen sechs Bereichen sollen klare Grenzwerte gelten, die mit den planetaren Grenzen vereinbar sind. Beim Klima heisst das zum Beispiel ganz einfach: Netto Null Treibhausgasemissionen. Wir wollen, dass die Schweiz diese Ziele innerhalb von zehn Jahren erreicht. Denn eigentlich dürften wir den sicheren Bereich innerhalb der planetaren Grenzen gar nicht erst verlassen.
Die Grenzwerte sollen dabei die Umweltbelastung in der Schweiz betreffen, aber auch für den Import von Gütern gelten. Die Mehrheit unserer Umweltbelastung findet aktuell im Ausland statt — zum Beispiel durch den Import von Lebensmitteln, Kleidung oder Rohstoffen.
Mit unserer Initiative soll der soziale Aspekt genauso berücksichtigt werden. Die Einhaltung der Planetaren Grenzen muss sozialverträglich umgesetzt werden, im In- und Ausland. Das heisst es darf nicht auf Kosten benachteiligter Menschen geschehen.
Das sind sinnvolle und hehre Ziele. Die Frage ist einfach, ob sie innerhalb der aktuellen bürgerlich-kapitalistischen Rechtsordnung überhaupt realisierbar sind. Denn dort lautet die zentrale Maxime: Profit!
Daher dürfen nach diesem Recht im Prinzip einerseits all die Güter hergestellt und verkauft werden, durch die ein Gewinn erzielt wird; sie werden andererseits jedoch nur dann hergestellt und verkauft, wenn dadurch ein Gewinn erzielt wird. Die Vermehrung des Werts als Profit ist daher das treibende Motiv der Produktion und des Verkaufs der Güter; sie ist aber auch deren einschränkende Bedingung. Für die privaten Eigentümer als Kapitalist:innen müssen sich ihre Herstellung und ihr Verkauf rechnen.
Dieses durch das kapitalistische Eigentumsrecht legitimierte Streben nach Profit ist allerdings nicht nur das Motiv zur Herstellung einzelner Güter, sondern ist auch die treibende Kraft, die die oben beschriebene globale Inbesitznahme der Erde mit ihrer Masse und Menge von nützlichen Gütern bewirkt. (…)
Die Inbesitznahme der Erde und die Schaffung dieses ungeahnten Reichtums an nützlichen Gütern ist so in der Tat die Leistung dieser Klasse von privaten Eigentümern an den gesellschaftlichen Produktionsmitteln. Mit dieser kolossalen Entfaltung der Produktionskräfte ist jedoch untrennbar die Entstehung der ökologischen Krise verbunden (…) Die ökonomische Entwicklung im “System der Bedürfnisse” und die ökologische Krise im “Erdsystem” sind folglich die zwei Seiten ein und derselben bürgerlich-kapitalistischen Eigentumsordnung. Die eine ist nicht ohne die andere.
(Auszug aus Alexander von Pechmann, Die Eigentumsfrage im 21. Jahrhundert)
Fazit: Es gilt, dieser bürgerlich-kapitalistischen Eigentumsordnung etwas intensiver auf den Zahn zu fühlen.
Dazu mehr in der nächsten Folge am 17. Februar
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Franz Büchler
Feb 10, 2023
Es gilt, dieser bürgerlich-kapitalistischen Eigentumsordnung etwas intensiver auf den Zahn zu fühlen.
Oh ja!
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Es ist der Teil der Bürger und deren Politikerinnen und Politiker, die noch immer Wertabschöpfung mit Wertschöpfung verwechseln.
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Es ist der Teil der Bürger und deren Politikerinnen und Politiker, die das Volk so lange mit den Problemen der oberen Zehntausend einlullen, bis es vergessen hat, um was es eigentlich geht in ihrem Leben.
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Vielleicht müssten sich da die sogenannt staatstragenden Parteien auf den Weg zu einer neuen Wirtschaft machen, die umweltschonend, nachhaltig und gemeinwohlorientiert ist.
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Übrigens: Mit der gschämigen Koalition für Frau Sollberger würde das nie passieren … Aber hoffentlich haben Sie schon lange richtig gewählt!