… am Gol­de hängt doch alles, lässt Johann Wolf­gang von Goe­the Gret­chen im Faust I seuf­zen, als sie den von Mephis­to in ihr Zim­mer geschmug­gel­ten Schmuck ent­deckt.

Wie kommt das The­ma “Gold” in die lau­fen­de Serie zum Eigen­tums­be­griff hinein?

Es ist ein aktu­el­ler Anlass, der indi­rekt auch mit Birs­fel­den zu tun hat:
Lou­is Kuhn, bis 1989 Birs­fel­der Gemein­de­ver­wal­ter und anschlies­send bis 2004 ers­ter Ombuds­mann im Kan­ton Basel­land, enga­giert sich zusam­men mit sei­ner Frau Deni­se Stöck­li seit vie­len Jah­ren in Ecua­dor im För­der­ver­ein für Ent­wick­lungs­hil­fe SOL mit ver­schie­de­nen Pro­jek­ten (Schu­len, Weben, Töp­fern, usw) für die indi­ge­ne Bevölkerung.

In Ecua­dor lässt sich der Zusam­men­prall ver­schie­de­ner Eigen­tums­for­men und ‑vor­stel­lun­gen “live” erleben.

Das Land hat auf dem Papier eine recht fort­schritt­li­che Verfassung:
Die ecua­do­ria­ni­sche Ver­fas­sung sieht umfang­rei­che Garan­tien zum Schutz der Rech­te der Bäue­rin­nen und Bau­ern auf ecua­do­ria­ni­schem Land vor …
Bereits in ihrer Prä­am­bel benennt die ecua­do­ria­ni­sche Ver­fas­sung das Prin­zip des Buen Vivir („Gutes Leben“) als Ziel, wel­ches durch För­de­rung der nach­hal­ti­gen Ent­wick­lung und eine gerech­te Umver­tei­lung von Res­sour­cen und Reich­tum erreicht wer­den soll. In Arti­kel 275 der Ver­fas­sung wird der Staat zur Errei­chung die­ses Ziels dazu ver­pflich­tet, die länd­li­che Ent­wick­lung im Sin­ne grö­ße­rer sozia­ler Gerech­tig­keit zu gestalten.
In der ecua­do­ria­ni­schen Ver­fas­sung wer­den in Arti­kel 14 Schutz und Erhalt der Umwelt zum öffent­li­chen Inter­es­se erklärt. Wei­ter noch besitzt die Natur selbst das Recht dar­auf, dass Erhalt und Rege­ne­rie­rung ihrer Lebens­zy­klen, Funk­tio­nen und Evo­lu­ti­ons­pro­zes­se respek­tiert wer­den und dar­über hin­aus auf Wie­der­in­stand­set­zung (Arti­kel 71 und 72). Jede Per­son, Gemein­schaft, Volk oder Natio­na­li­tät kann die zustän­di­ge öffent­li­che Auto­ri­tät dazu auf­for­dern, die­se Rech­te der Natur umzu­set­zen (Arti­kel 71).
(aus “Land­rech­te in Latein­ame­ri­ka, Fian Deutsch­land e.V.)

Soweit, so schön. Aber Papier ist geduldig.

Kim­sa­kocha ist ein hoch­ge­le­ge­nes Feucht­ge­biet. Es liegt in einem Kra­ter eines inak­ti­ven Vul­kans von 5 km Durch­mes­ser. Dank der kon­stan­ten Nie­der­schlä­ge und gerin­gen Ver­duns­tung ent­stand in Tau­sen­den von Jah­ren ein rie­si­ges Süss­was­ser­re­ser­voir, an das sich ein wei­tes Gebiet von mehr als dreis­sig wei­te­ren Seen anschliesst,
… Für die Alten war Kim­sa­kocha ein Hei­lig­tum und Teil ihrer Kos­mo­vi­si­on, wo der Koli­bri, der Kurik­in­ke, der Fisch, der Waca¬mayo, die Schlan­ge, der Puma und der Mensch zusammenleben.
(aus: Was­ser oder Gold. Kim­sa­kocha: der Wider­stand und Kampf für das Was­ser. Car­los Pérez Guart­am­bel über­setzt von Lou­is Kuhn, Ende Febru­ar 2015)

Was­ser oder Gold: Seit län­ge­rer Zeit ist die­ses für die Was­ser­ver­sor­gung wich­ti­ge und gemäss Ver­fas­sung schüt­zens­wer­te Gebiet in den Fokus inter­na­tio­na­ler Gold­kon­zer­ne gera­ten, die sich durch Umge­hung des in der Ver­fas­sung ver­an­ker­ten Pro­ze­de­res ille­gal Schürf­rech­te erwor­ben haben. Pro­fit auf dem Buckel der indi­ge­nen Bevölkerung.

Und die wehrt sich:
Die Ein­hei­mi­schen ver­tei­di­gen ihre Was­ser­vor­kom­men in Kim­sa­kocha (= Drei Seen), süd­lich von Cuen­ca in Ecua­dor, gegen inter­na­tio­na­le Gold­kon­zer­ne. Ihr Kampf gegen die Zer­stö­rung der Natur und für ihre Lebens­grund­la­ge geht auch uns “ent­wi­ckel­te” Län­der an. Ein “Fair Trade”-Label für die­se Gold­ge­win­nung reicht nicht aus. Für die ein­hei­mi­sche von der Land­wirt­schaft abhän­gi­ge Bevöl­ke­rung geht es um ihr wirt­schaft­li­ches, gesell­schaft­li­ches und poli­ti­sches Über­le­ben, ihre Natur, ihre Kos­mo­vi­si­on. Die Alter­na­ti­ve heisst: Was­ser oder Gold, Leben oder Zerstörung. 
(Lou­is Kuhn auf sol21.ch)

Lou­is Kuhn — zur­zeit wie­der in Ecua­dor — schreibt im Vor­wort zum Buch von C.P. Guart­am­bel:
“Gott oder Gold” heisst der Titel eines Buches von Gus­ta­vo Gutier­rez (Lima, 1989), das die Beschrei­bun­gen von Bar­to­lomé de Las Casas über die Aus­beu­tung und Nie­der­met­ze­lung der Bewoh­ner der neu­en Welt durch die euro­päi­schen Erobe­rer im 16. Jahr­hun­dert auf den Punkt bringt: die wirk­li­chen Göt­zen­an­be­ter kamen vom alten Kon­ti­nent. Dar­an hat sich bis heu­te nichts geän­dert. Nur dass der Kreis der hab­gie­ri­gen Göt­zen­an­be­ter, einst auf die Unter­drü­cker und ihre Höri­gen beschränkt, sich glo­bal erwei­tert hat und die gigan­ti­sche Aus­beu­tung und Zer­stö­rung der Mut­ter Erde mit moderns­ter Tech­no­lo­gie betrie­ben wird.

Vom Wahn und der Gier des Göt­zen Gold sind auch gan­ze Bevöl­ke­rungs­tei­le soge­nannt ent­wi­ckel­ter Staa­ten beses­sen. Anders ist es nicht zu erklä­ren, dass in der Schweiz 2014 über eine Gol­din­itia­ti­ve abge­stimmt wur­de, die die Natio­nal­bank ver­pflich­tet hät­te, 20% ihrer Akti­ven per­ma­nent in Gold zu hal­ten, d. h. sie um 1’800 Ton­nen auf­zu­sto­cken, was einem Wert von 70 Mil­li­ar­den Fran­ken ent­spricht. Die Initia­ti­ve wur­de nicht aus Rück­sicht auf die aus­ge­beu­te­ten Län­der abge­lehnt, son­dern um das von der Gold­bin­dung befrei­te kapi­ta­lis­ti­sche Geld­sys­tem wei­ter wuchern zu las­sen. Die Rei­chen der Welt frö­nen wei­ter­hin ihrem Gold-Sicher­heits­wahn. Der Gold­han­del der Schweiz macht rund einen Drit­tel des gesam­ten Aus­sen­han­dels aus. Rund 40% des glo­bal geför­der­ten Gol­des wird in der Schweiz ver­ar­bei­tet. Allein im Janu­ar 2014 wur­de Gold für 7,1 Mia impor­tiert und für 6,8 Mia ver­frach­tet, zu 80% nach Asi­en (Frank­fur­ter All­ge­mei­ne und Finanz und Wirt­schaft vom 20.2.2014).

Aus Sicht der ein­ge­bo­re­nen Bevöl­ke­rung der Anden gehört die Erde nicht den Men­schen, son­dern wir gehö­ren zur Pach­a­ma­ma. Die Mensch­heit webt nicht das Tuch des Lebens son­dern sie ist bloss einer sei­ner Fäden. In “Was­ser oder Gold” geht es um mehr als Natur­schutz. Was­ser ist Lebens­grund­la­ge. Was­ser ist Leben. Es geht um die grund­le­gen­den Rech­te der Natur und Men­schen. Für die Ein­hei­mi­schen um die Ver­tei­di­gung und — für die west­li­che Zivi­li­sa­ti­on – um die Wie­der­ge­win­nung der spi­ri­tu­el­ler Kos­mo­vi­si­on. Mit Albert Schweit­zer zu reden, um die „Ehr­furcht vor dem Leben“.

Das Buch “Was­ser oder Gold” kann hier als PDF her­un­ter­ge­la­den werden.

Was macht man, wenn sich  Indi­ge­ne gegen die Zer­stö­rung ihrer Lebens­grund­la­gen durch inter­na­tio­na­le Gold­kon­zer­ne weh­ren? Man kri­mi­na­li­siert sie:

Dazu mehr in der nächs­ten Fol­ge am kom­men­den Sonn­tag, den 20. November

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Mattiello am Mittwoch 22/46
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