Zum Golde drängt ... ” hat den Kon­flikt aufgezeigt, wie in Ecuador tra­di­tionelle Eigen­tumsvorstel­lun­gen und die Rechte der indi­ge­nen Bevölkerung auf den neolib­eralen Kap­i­tal­is­mus prallen: Wass­er oder Gold!

Der Schweiz­er Rechtswis­senschaftler und Antiko­r­rup­tion­sex­perte Mark Pieth hat ein span­nen­des Buch zum The­ma Gold­ab­bau, Gold­ver­ar­beitung und Gold­han­del geschrieben: Gold­wäsche. Die schmutzi­gen Geheimnisse des Goldhandels.

Doch, was geht uns das The­ma über­haupt an? — Mark Pieth:
Nach wie vor wer­den Jahr für Jahr cir­ca 3000 Ton­nen Gold in die Schweiz importiert, und nahezu dieselbe Menge wird wieder exportiert. Es soll sich um 50–70 Prozent der weltweit­en Gold­pro­duk­tion han­deln. Angesichts der enor­men Prob­lem­be­las­tung der Goldgewin­nung — von Men­schen­rechtsver­let­zun­gen bis zu schw­er­er Umweltzer­störung — kommt die Schweiz nicht umhin, sich mit der Risiko­ex­po­si­tion von bei ihr ansäs­si­gen Unternehmen und mit dem Rufrisiko für das Land auseinanderzusetzen. (…)
Moti­va­tion zu diesem Buch, das uns sowohl zur glitzern­den Welt der Gold­ver­ar­beitung als auch zu den übel­sten Minen­re­gio­nen der Welt geführt hat, war das fehlende Bewusst­sein der Schweiz­er Öffentlichkeit und der Regierungsstellen für die Rolle unseres Lan­des in ein­er der heikel­sten Liefer­ket­ten. Natür­lich ste­ht die Schweiz nicht alleine in der Pflicht. Prob­lema­tisch ist aber ihre Bere­itschaft, die Augen zu verschliessen.

Ein Beispiel für eine solche Minen­re­gion in Peru, für dessen Gold die Schweiz der grösste Abnehmer ist:
Im Hin­ter­land des Ama­zonas, in Madre de Dios, geht der Gold­ab­bau mit gross­flächigem ille­galem Abholzen des Regen­walds ein­her und wird von krim­inellen Organ­i­sa­tio­nen kontrolliert. 

In der südlichen Anden­re­gion Puno find­en sich weit­ere Abbauorte auf grossen Höhen. Das Gold dieser Klein­mi­nen wird von Kollek­toren (“col­lec­tors”) gesam­melt. Es gelangt dann über lokale Zwis­chen­händler und Expor­teure fast auss­chliesslich in Schweiz­er Goldraffinerien.

Die Minen­stadt La Rin­cona­da liegt im Gren­z­land von Süd­pe­ru und Bolivien, unweit des Tit­i­ca­casees und gilt als der “dreck­ig­ste Ort der Welt”. (…) Inner­halb weniger Jahre ist die Pop­u­la­tion dieses Minen­camps auf über 60’000 Per­so­n­en angewach­sen (…) Man muss sich den Ort wie eine Favela von Rio de Janeiro im Hochge­birge vorstellen: Das Trinkwass­er wird aus einem nahe gele­ge­nen Gletsch­er bezo­gen und ist — wie die Luft — schw­er queck­sil­ber­be­lastet. Die Stadt ver­fügt wed­er über eine Abwass­er- noch über eine Abfal­l­entsorgung. Kilo­me­ter­weise tür­men sich ent­lang der Anfahrtsstrasse die Abfall­berge. Die Plas­tik­säcke wer­den von Geiern und anderen Tieren zer­fet­zt. Der Ort stinkt im wahrsten Sinne zum Himmel.

Dass die Goldgewin­nung seit Jahrtausenden mit grösstem Leid ver­bun­den ist, dürfte bekan­nt sein. Mit ihr gehen Umweltschädi­gun­gen, Lan­den­teig­nung, organ­isiertes Ver­brechen, Kinder­ar­beit und Bürg­erkriege einher.

Bekan­nt dürften auch die Geschicht­en der bru­tal­en Aus­beu­tung der indi­ge­nen Bevölkerung in der Anden­re­gion zwecks Goldgewin­nung durch die Spanier sein. Jack Weath­er­ford schreibt in seinem Buch “Indi­an Givers. How the Indi­ans of the Amer­i­c­as trans­formed the world”:
Jed­er Schritt bei der Ent­deck­ung und Eroberung Amerikas wurde von ein­er Gier nach Gold angetrieben, die die Suche nach Sil­ber, Gewürzen oder See­len in den Schat­ten stellte. (…) In den ersten Jahrzehn­ten dieses Sys­tems (der spanis­chen Erober­er) star­ben vier von fünf Bergleuten in ihrem ersten Jahr der Zwangsar­beit in den Minen.

Weniger bekan­nt ist, dass die Gold- und Sil­ber­schwemme aus Südameri­ka die europäis­che Wirtschaft völ­lig umkrempelte:
Edel­met­alle aus Ameri­ka lösten das Land als Grund­lage für Reich­tum, Macht und Pres­tige ab. Zum ersten Mal gab es genug von ein­er anderen Ware als Land, um einen größeren und beständi­geren Stan­dard zu schaf­fen, an dem Reich­tum gemessen wer­den kon­nte. Dieses leicht zu trans­portierende und leicht zu nutzende Mit­tel des Reich­tums bere­it­ete den Weg für die neue Klasse der Kau­fleute und Kap­i­tal­is­ten, die bald die ganze Welt beherrschen sollte. (…) Das enorme Vol­u­men der neuen Währung bee­in­flusste die Wirtschaft in ganz Europa. (…) Der neue Reich­tum in den Hän­den der Europäer unter­grub den Reich­tum aller anderen Län­der der Welt und ermöglichte es Europa, sich zu einem inter­na­tionalen Mark­t­sys­tem zu entwickeln. (…).

Spanien ver­schleud­erte den unge­heuren Reich­tum und ging schliesslich bankrott. Andere Län­der hinge­gen profitierten:
Das Geld gelangte in die Hände gieriger hol­ländis­ch­er, britis­ch­er und franzö­sis­ch­er Händler und Pirat­en, und eine Zeit lang schien es, als kön­nten sie es klüger ein­set­zen und mehr davon prof­i­tieren, als es die Spanier getan hat­ten. Sie nutzten es, um große, mod­erne Flot­ten und Armeen aufzubauen, die fast jedes Land in der übri­gen Welt kolonisierten und Afri­ka, Asien und die paz­i­fis­chen Inseln unter sich aufteil­ten, um riesige neue Reiche zu schaf­fen, über denen die Sonne niemals unterge­hen würde. Aber sie bekämpften sich auch gegen­seit­ig in einem Krieg nach dem anderen. In der Mitte des 20. Jahrhun­derts waren auch diese Reiche untergegangen …

Gold — Fluch oder Segen?

Die näch­ste Folge wieder am Don­ner­stag, den 25. November

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