Unterdessen sind wir bei Artikel 32 der Hafengeschichte(n) angekommen. Eine stattliche Serie. Mit dem Erscheinen von Artikel 26 am 7. Juli 2020 haben wir folgenden Aufruf gestartet:
Mit 27 Artikeln haben wir (Christoph Meury und Franz Büchler) Sie in der vergangenen Zeit (vom 2. April bis am 3. Juli) mit Hafengeschichte(n) versorgt. Geschichtliches, Ökonomisches und Politisches.
Nun stehen für viele die Ferien vor der Tür und darum möchten wir eine Zäsur machen. Oder besser vielleicht eine Denkpause, eine Pause zum Denken.
Wir möchten Sie, liebe Leserinnen und Leser, und alle innerhalb der Gemeinde Birsfelden politisch Aktiven wie Kommissionsmitglieder, Mitglieder des Gemeinderates und des Landrates, sowie die Parteipräsidenten und Parteipräsidentinnen auffordern, für Ihre Gemeinde aktiv zu werden.
In einem Mail an diese Politiker und Politkerinnen haben wir versprochen, dass wir etwa zwei Wochen nach den Sommerferien über die Reaktionen berichten werden.
Nun hat die erste Partei reagiert. Je nach Eingang, werden wir auch die weiteren Stellungnahmen publizieren.
Birsfelden/Muttenz, 7. August 2020
Liebe Macher des Birsfälder.li
Am 7. Juli 2020 haben Sie uns mehrere Fragen zum Hafen und zum Kraftwerk gestellt. Wir bedanken uns für die Anfrage und nutzen die Gelegenheit, unsere Stellungnahme abzugeben. An einem Sommerabend letzte Woche haben wir — Oliver Brüderli, Gian-Luca Baumgartner (beide Co-Präsidenten der Grünen Birsfelden) und ich (Peter Hartmann, Muttenz, Landrat Grüne) – auf der Kraftwerkinsel Ihre Fragen diskutiert und senden Ihnen nun gerne unsere Antworten zu.
1) Postulat Wiedemann
Wir haben den Beschluss des Landrats vom 17.05.2018 inkl. geführter Diskussion damals im Parlament studiert. Wir halten es für richtig, dass das Postulat damals nicht abgeschrieben wurde (mit 37:35 Stimmen bei einer Enthaltung (wo waren eigentlich die anderen 17 LandrätInnen bei dieser Behandlung?…)). Die Fraktion Grüne/EVP war damals übrigens gegen die Abschreibung.
Als Landrat kann ich (Peter Hartmann) nicht für die von Ihnen gewünschte «gehörige Beantwortung» der Regierung sorgen, das kann einzig die Regierung. Ich kann mir aber eine erneute Ablehnung des Abschreibens vorstellen, falls die Antwort wieder unbefriedigend ausfallen sollte.
2) Baurechte im Birsfelder Hafen
Dass die längsten Baurechte bis 2060 laufen, finden auch wir problematisch. Anstelle des von Ihnen angeregten Baurechtsmoratorium würden wir vorschlagen, dass neue Baurechte ab sofort maximal «nur noch» bis 2060 vergeben werden. Dies würde die Chance bieten, ab 2060 das Gesamtareal neu, vollumfänglich und mit einem gesamtheitlichen Ansatz nutzen zu können. Für die aktuellen NutzerInnen würde dies gleichzeitig Planungssicherheit bis 2060 bieten.
3) Kraftwerk unter Denkmalschutz
Wir anerkennen die gelungene und ausserordentliche Architektur des Kraftwerks. Wir finden eine Unter-Schutzstellung aber nicht unbedingt den richtigen Weg. Wir sind durchaus auch offen, dass ein künftiges Wasserkraftwerk anders aussehen könnte als heute. Viel wichtiger ist uns, dass die Kraftwerkinsel der Öffentlichkeit vollumfänglich als Freiraum und für die Naherholung zugänglich ist und nicht weiter «beschnitten» wird.
Zusammengefasst: der Schutz der Insel ist uns wichtiger als der Denkmalschutz für das Kraftwerk.
4) Wasserstoffindustrie auf der Kraftwerkinsel?
Wir unterstützen Ihre Bestrebungen, dass auf der Kraftwerkinsel kein Industriebetrieb besteht. Falls sich ein solches Projekt auf der Kraftwerkinsel bzw. die Pläne dazu konkretisieren sollten, sind die Grünen Birsfelden bereit, sich tatkräftig dagegen zu wehren.
5) Areal 1550 umzonen?
Die Parzelle ist heute der «Spezialzone Kraftwerk und Erholungseinrichtungen» zugeordnet. Im Zonenreglement der Gemeinde heisst es dazu in Art. 47:
1 In dieser Zone sind Bauten und Anlagen im Zusammenhang mit der öffentlichen Energiewirtschaft und dem Betrieb der Schifffahrtsanlagen sowie Erholungseinrichtungen zulässig. 2 Das bestehende Gebäude Nr. 60 beim Parkplatz kann mit Wohn- und/oder Büronutzung belegt werden, auch wenn kein weiterer Bedarf des Kraftwerks besteht. Ein Ersatzbau für eventuell später notwendig werdende Büronutzung ist nicht möglich. Geringfügige Erweiterungen am bestehenden Gebäude (zusätzlicher Erschliessungsbau mit Treppe und Lift, Gebäudeerhöhung um ca. 1.50 Meter, energetische Verbesserungen) sind zulässig. Als Autoabstellplatz ist ein freistehender Garagenbau für maximal 8
Personenwagen westlich des bestehenden Gebäudes möglich. Die Erschliessung erfolgt über den Parkplatz.
Die mögliche Nutzung ist unserer Meinung nach im Reglement ausreichend klar umschrieben. Für Spekulation und Projekte, welche den beschriebenen Zweck nicht erfüllen, gibt es keinen Spielraum.
Wenn aber jemand beabsichtigen und/oder beantragen würde, das Areal 1550 umzuzonen und einer «profitorientierten» Nutzung zuzuführen, würden wir uns entweder für die Beibehaltung des bisherigen Zwecks oder für eine Erholungs-/Grünzone einsetzen. Das letzte Wort hätte die Gemeindeversammlung.
6) Wasserzinsen
Wir teilen den Unmut, dass Berggemeinden Wasserzinsen erhalten aber Birsfelden und Muttenz nicht. Ihr Anliegen ist nachvollziehbar aber auf Kantonsebene so chancenlos, wie die Forderung nach je 2 Ständeratssitzen für Basel-Stadt und Basel-Landschaft auf Bundesebene chancenlos ist. Zudem würde es Begehrlichkeiten anderer Gemeinden wecken, welche der Meinung sind, in irgendeiner einer Form eine Dienstleistung für die Allgemeinheit zu erbringen.
7) Geburtstagsgeschenk für Birsfelden
Diese Idee ist nett gemeint aber da der Kanton wohl in jeder Baselbieter Gemeinde Land besitzt, würde die Umsetzung ebenfalls Begehrlichkeiten in anderen Gemeinden wecken.
Wir haben aber folgenden alternativen Vorschlag:
Drei von fünf Personen des Birsfelder Gemeinderats sitzen auch im Landrat. Wenn diese drei Personen sich dafür einsetzen, dass der Gemeinde Birsfelden ein Vorkaufsrecht für die Kraftwerkinsel und die Parzelle 1550 eingeräumt wird (mit Eintragung im Grundbuch), dann würden wir diese Idee unterstützen.
Gerne stehen wir Ihnen für Rückfragen zur Verfügung und senden freundliche Grüsse
Gian-Luca Baumgartner und Oliver Brüderli (Co-Präsidenten Grüne Birsfelden)
https://gruenebirsfelden.ch/
Peter Hartmann, Grüne Muttenz, Landrat
Christoph Meury
Aug. 11, 2020
1) Das Postulat Wiedemann wird von der Regierung seit Monaten verschleppt. Das sollte die Politik nicht zulassen. Der Regierungsrat wird mit dem Postulat dem Fussvolk endlich klaren Wein einschenken und über den Birsfelder Hafen eine ökonomische Auslegeordnung vorlegen müssen. Danach sollten wir auch wissen zu welchen Schnäppchenpreisen die Baurechte über den Ladentisch gehen und wem diese Dauersubventionierung zugute kommt.
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2) Die Baurechte bis 2060 zu verlängern und erst danach einem Moratorium zu unterstellen, heisst die Problem vor sich hinschieben. Oder doch eher: Aus den Augen aus dem Sinn! Auch die Grünen Ratsmitglieder werden 2060 längsten in Pension sein.
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3) Der Heimatschutz und die Baselbieter Denkmalpflege kümmern sich intensiv um die Unterschutzstellung des Kraftwerks. Ein Papier über die schützenswerten Qualitäten des Birsfelder Kraftwerks und seiner Umgebung werden demnächst publiziert. Wir werden dann auf die Thematik zurückkommen. Zunächst: «1951 beauftragte die Bauherrschaft Hans Hofmann – zusammen mit dem Architekturbüro Bercher & Zimmer und dem Stadtgärtner R. Arioli – mit den Hochbauten und der landschaftlichen Gestaltung«. Heisst: Bereits bei der Planung war klar, dass die Umgebung (Grün- und Freiräume) als integraler Bestandteil der Architektur verstanden wurde. Ergo kann man die Dinge nicht getrennt betrachten. Umgebungslandschaft und Architektur bedingen einander. Was wir uns von den Grünen wünschen: Mehr Achtsamkeit und Respekt vor der einmaligen Architektur. Zudem: Nur ein Umgebungsschutz, als integraler Bestandteil eines umfassenden Denkmalschutzes, wird die Grünräume rund um’s Karftwerk (Kraftwerkinsel, inkl. Parzelle 1550) nachhaltig schützen.
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4) Die Ausbaupläne der Kraftwerk Birsfelden AG verlaufen schleichend und unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Bereits die Schnitzelheizung wurde als kleines Pilotprojekt gestartet und ist über die Jahre sukzessive erweitert worden. Auch die Wasserstoff-Produktion verkauft man als Testprojekt im Kleinformat. Auch diese Anlage wird sich, wenn man sie rentabel bereiten will, zu einer industriellen Produktion ausweiten. Zudem wird bei Präsentationen tunlichst über die Lagerung des Wasserstoff in Tanks geschwiegen. Auch kein Wort über den An- und Abtransport durch LKW’s. Daher ist unsere Devise klar: Die Wasserstoff-Produktion gehört nicht auf die Kraftwerkinsel. Auf dem nahegelegenen Industriegelände des Birsfelder Hafens kann die Anlage zonenkonform und sicher platziert werden.
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5) Solange die Parzelle 1550 der Kraftwerk Birsfelden AG gehört wird das Areal nur auf Zusehen hin als Grünareal der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. Dadurch sind auch sämtliche Aktivitäten (Biotop, Tennisplätze, Schrebergärten) lediglich geduldet. Die AG wird einen günstigen Zeitpunkt abwarten, um mit weiteren kommerziellen Projekten nachzudoppeln und die Politik entsprechend unter Druck setzen. Daher ist der Status Quo lediglich eine vorübergehenden Notlösung. Nur die Zuweisung in eine Grünzone kann der Spekulationen dauerhaft den Garaus machen.
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6) Wir denken auch, dass die Politik und ihre Lokalmatadoren zu schwach aufgestellt sind, um politischen Druck zu machen. D.h. aber nicht, dass man vorzeitig die Segel streicht und klein beigibt. Politik ist auch die Kunst Kompromisse zu finden. Die Ungleichbehandlung der Berggemeinden gegenüber der Gemeinde Birsfleden ist möglicherweise ein Fall für die Justiz. Es gälte abzuklären, ob eine solche Ungleichbehandlung nicht via Gerichte eingeklagt werden kann.
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7) Wer nicht gross denkt, wird immer nur am Katzentisch sitzen müssen. Natürlich hat Birsfelden vom Kanton ein Geburtstagsgeschenk zu gute. Das darf, in Anbetracht der Umstände, durchaus etwas Respektables sein. Der Alternativvorschlag der Grünen ist zwar bedenkenswert, im Wissen, dass die Bodenpreise stetig steigen, aber ein spekulatives No-Go. Geschenke als Gutscheine für den Sanktnimmerleinstag sind nett, aber letztlich wertlos.
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Zu guter Letzt: Danke den drei grünen Vordenkern! Gian-Luca Baumgartner, Oliver Brüderli und Peter Hartmann haben sich hingesetzt und über unsere Vorschläge nachgedacht. Damit ist die politische Diskussion lanciert.
Franz Büchler
Aug. 11, 2020
Toll, dass ihr so schnell reagiert habt. Irgendwie ist es frustrierend, wenn man über Monate öffentlich ein Problem beackert und … da fällt mir gerade ein Song ein … »kein Schwein ruft mich an, keine Sau interessiert sich für mich« …
Meine ersten Gedanken zu eueren Anmerkungen, Ideen, Vorschlägen:
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@1: Schön, wenn ihr nicht locker lasst!
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@2: Man könnte doch auch schon heute und nicht erst 2060 eine vollumfängliche und Planung auf die Beine stellen. Dazu müsste man auch schon jetzt die Funktion des Birsfelder Hafens ehrlicherweise einmal ganz in Frage stellen. Mit euerer Idee gehen für Birsfelden wieder einmal 40 Jahre verloren!
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@3: Denkt ihr da tatsächlich an einen Kraftwerk-Neubau?
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@4: Danke für euere Hilfe.
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@6: Ein Argument gegen einen Wasserzins des Kantons war ja, dass es dem Kanton finanziell auch nicht gut gehe. Stichhaltige Argumente allerdings fehlen …
Vielleicht von Zeit zu Zeit nachbohren, vor allem bei neuen Konzessionsverhandlungen (2030/35?).
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@7: Nur sind diese Landbesitze manchmal auch etwas fragwürdig. Da aber nicht alle Gemeinden zur gleichen Zeit ein rundes Jubiläum haben, kann er das gut verkraften. Vor allen auch, weil er im Hafen viel Geld verdient und in Birsfelden keine Steuern bezahlt …