Mit dem »Bundesbrief 1291« kehrte in den Waldstätten noch lange keine Demokratie ein. Es gab jegliche Stufen von Adel, aber auch Leibeigene und Kirchenleute. Wenn im Bundesbrief von Richtern die Rede ist, waren das vor allem die Regierenden, die Behörden. Meist unterstand diesen auch die Gerichtsbarkeit.
Die Aussage im Bundesbrief: »Wir haben auch einhellig gelobt und festgesetzt, dass wir in den Tälern durchaus keinen Richter, der das Amt irgendwie um Geld oder Geldeswert erworben hat oder nicht unser Einwohner oder Landsmann ist, annehmen sollen.
Im Übrigen soll jeder seinem Richter gehorchen und, wo nötig, den Richter im Tal, vor dem er zu antworten hat, bezeichnen.
Gehorcht einer dem Gericht nicht und es kommt ein Eidgenosse dadurch zu Schaden, so haben alle andern jenen zur Genugtuung anzuhalten.«
In der königslosen Zeit 1291 hielten die damaligen Verfasser des Bundesbriefs einfach fest, was ihnen von König Rudolf von Habsburg eigentlich schon vorher zugestanden wurde. Da nicht klar war zu dieser Zeit, wer die Nachfolge antreten wird, ging es auch darum den Status quo festzuhalten.
Wenn nun in anderen Zeiten von den Regierenden Verträge mit Gemeinschaften oder Institutionen geschlossen werden (z.B. zu Völkerrecht und Menschenrecht) scheint es mir legitim, dass sich das Land auch an diese Verträge hält.
Das Parlament entschied sich 1974 mit einer klaren Mehrheit die Ratifizierung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) nicht dem Referendum zu unterstellen. Eine Referendumspflicht bestand für Staatsverträge noch nicht. Das war zu der Zeit rechtens. Seit den 80er-Jahren unterstanden jedoch alle Zusatzprotokolle der EMRK dem Referendum, welches aber nie ergriffen wurde. Auch nicht von der SVP. Auch gegen das 11. Zusatzprotokoll, welches den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in seiner heutigen Funktionsweise begründete, wurde kein Referendum ergriffen. Auch nicht von der SVP. Es ist darum heute schlechter Stil der EMRK und dem EGMR die demokratische Legitimation abzusprechen.
Zudem wurden 1999 bei der Revision der Bundesverfassung die von der EMRK garantierten Rechte in den Grundrechtekatalog aufgenommen.
Und die Richter und Richterinnen des EGMR:
Jeder Mitgliedstaat entsendet eine Person in das Gericht. Jeder Mitgliedstaat schlägt drei Richterinnen oder Richter vor. In der Schweiz werden diese zuvor durch den Bundesrat bestimmt. Anschliessend wählt die parlamentarische Versammlung des Eroparats jeweils eine Person aus den Dreiervorschlägen. Dem Europarat gehören auch sechs Mitglieder des Schweizer Parlaments an.
Die Schweiz stellt zur Zeit sogar zwei Richter im EMGR, weil das Fürstentum Lichtenstein auch durch einen Schweizer Richter vertreten ist!
Der EGMR kann kein Urteil gegen die Schweiz aussprechen, wenn kein Schweizer Richter daran beteiligt ist!
•
Dies ist eine Artikelreihe, die sich mit der SVP-Initiative »Schweizer Recht statt fremde Richter« beschäftigt. Die Übersicht über alle bis jetzt erschienenen Artikel bekommen Sie HIER.
Quellen für diese Artikelserie: Schutzfaktor M, Amnesty international, Humanrights.ch, Frau Huber geht nach Strassburg (WOZ), admin.ch