In einer Zeit, in der populistische Alleinregenten wie Herr Viktor Mihály Orbán in Ungarn, Herr Recep Tayyip Erdoğan in der Türkei oder Herr Jarosław Aleksander Kaczyński in Polen mehr und mehr daran sind Grundrechte zu unterbinden, zu eliminieren oder zu verhöhnen und auch mehr und mehr die Trennung von Exekutive, Legislative und Judikative zu verwässern oder gar aufzuheben, ist es ausserordentlich schlecht als Schweiz dem allem noch einen draufzusetzen.
Die Europäische Menschenrechtskonvention trug und trägt zur Rechtsentwicklung in allen Mitgliedstaaten bei, auch in der Schweiz. Eine Reihe von Bestimmungen der Bundesverfassung, aber auch deren Tragweite sind dem Einfluss der EMRK zuzuschreiben: So etwa
• das Recht auf gerichtliche Überprüfung
• das Recht auf einen Anwalt in der Untersuchungshaft,
• das Recht auf ein faires Verfahren
• der Wegfall der „administrativen Versorgung“,
• der Wegfall des Eheverbots nach Scheidung,
• die Rechtsweggarantie (Art. 29a BV),
• die Verfahrensgarantie (Art. 29),
• das Diskriminierungsverbot (Art. 8 Abs. 2 BV),
• die Medienfreiheit (Art. 17),
• der Quellenschutz der Medienschaffenden (Art. 172 StPO),
• die Meinungs- und Informationsfreiheit (Art. 16 BV) und
• die Kunstfreiheit (Art. 21 BV).
Dies alles sind heute in der Schweiz selbstverständliche Garantien, die unser Prozessrecht stark beeinflusst und die Rechte des Einzelnen gestärkt haben. Und der Ritt gegen das Völkerrecht ist dumm, oder perfid, oder zeugt von Unwissen:
Die Bundesverfassung ist unser oberstes und höchstes Gesetz. Es ist die Bundesverfassung, die Bund und Kantone verpflichtet, das Völkerrecht zu respektieren. Und über diese Verfassung haben wir abgestimmt! Damit sind wir es selbst, die dies so wollen. Völkervertragsrecht ist kein uns von aussen aufgezwungenes Recht, sondern Recht, das wir selber autonom und souverän nach den Regeln unserer Verfassung für uns verbindlich erklärt haben!
Mit der Vertragsbruch-Initiative (unter dem Deckmäntelchen von »Schweizer Recht statt fremde Richter« oder »Selbständigkeitsinitiative«) würde das Schweizer Volk (und auch das Schweizer Volch) nach und nach wieder Rechte verlieren.
Das müssen wir verhindern, nicht nur für uns, auch für unsere Nachkommen und für das Ansehen der Schweiz. Wir können damit auch beweisen, dass die direkte Demokratie zu guten Entscheiden fähig ist.
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Dies ist eine Artikelreihe, die sich mit der SVP-Initiative »Schweizer Recht statt fremde Richter« beschäftigt. Die Übersicht über alle bis jetzt erschienenen Artikel bekommen Sie HIER.
Quellen für diese Artikelserie: Schutzfaktor M, Amnesty international, Humanrights.ch, Frau Huber geht nach Strassburg (WOZ), admin.ch
Ruedi
Nov. 12, 2018
Die Menschenrechte stehen in der Bundesverfassung. Ich empfehle dieses Dokument einmal zu studieren.
hasira
Nov. 13, 2018
Es könnte helfen im Artikel zu lesen, welche Rechtsverbesserungen die Schweiz unter dem Einfluss der Europäischen Menschenrechtskonvention vorgenommen hat. Das zum Teil freiwillig, aber auch auf Geheiss des Europäischen Menschenrechtsgerichts.
Franz Büchler
Nov. 13, 2018
Das ist richtig so. Vor allem die Wesentlichsten.
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Trotzdem brauchen wir die EMRK und den Gerichtshof dazu, gerade weil die SVP immer wieder versucht Verfassungsänderungen zu machen, die viele Schweizer auch gut finden, die aber den Menschenrechten nicht entsprechen.
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Anders wäre dies, wenn die Schweiz wie andere Staaten eine Verfassungsgerichtsbarkeit kennen würde. Aber dagegen würde sich die SVP mit Händen, Füssen und Scheinargumenten wehren.