59% Neinstimmen — gerade mal vier von 86 Gemeinden im Kanton BL, die das Projekt der Tramverlängerung befürworteten: das Verdikt des Baselbieter Stimmvolkes war am letzten Sonntag eindeutig. Es ist zu hoffen, dass viele Gegnerinnen und Gegnern die Tramverlängerung auch deshalb ablehnten, weil ihnen klar war, dass sie dazu dienen sollte, für die geplante Salina Raurica-Grossüberbauung einen weiteren unwiderruflichen Pflock einzuschlagen.
BL-Baudirektor Isaak Reber bekräftigte auf TeleBasel erneut, dass Salina Raurica so oder so eine beschlossene Sache ist:
“Eine Entwicklung ist hier vorgegeben, vorgezeichnet. Es ist alles angerichtet und umgezont Jetzt droht uns, dass wir wieder hinterherhinken mit der Erschliessung und das würde ich schade finden”, sagt Isaac Reber. Wie er betont, ist die Arealentwicklung eine beschlossene Sache, die Verlegung der Rheinstrasse ist bereits im Gange. (TeleBasel)
Die Aktionsgruppe “aapacke” sieht das natürlich immer noch anders: Nachdem ihre rechtens zustande gekommene Initiative “Salina Raurica bleibt grün” sowohl vom Einwohnerrat Pratteln wie von der Kantonsregierung unter dem Vorwand “Verletzung der Planungssicherheit” als ungültig erklärt wurde, zieht “aapacke” ihre Stimmrechtsbeschwerde an das Verwaltungsgericht weiter.
Ab sofort treten damit staatsrechtliche Fragen in den Vordergrund. Rückblickend scheinen dem birsfaelder.li-Schreiberling in dieser Geschichte zwei Vorkommnisse klar gegen demokratische Grundprinzipien zu verstossen:
● Der Einwohnerschaft von Pratteln wurde durch die Ungültigkeitserklärung der Initiative die Möglichkeit verwehrt, sich intensiv mit den Überlegungen und Forderungen der Aktionsgruppe “aapacke” auseinanderzusetzen und dann als mündige Stimmbürgerinnen und Stimmbürger zu entscheiden, welchen Pro und Contra-Argumenten sie mehr Gehör schenken wollten.
● Der Landrat hat mit dem Beschluss, mittels des Projektierungskredits für die Tramverlängerung das Salina Raurica-Bauprojekt voranzutreiben, bevor der Entscheid zur Stimmrechtsbeschwerde der Aktionsgruppe “aapacke” durch die Kantonsregierung fiel, ebenfalls versucht, ein “fait accompli” zu schaffen. Auch dieses Vorgehen ist aus direktdemokratischer Sicht mehr als fragwürdig.
Es geht letztlich um die Frage, wo die eigentliche Entscheidungsgewalt liegt. Im 19. Jahrhundert war es vor allem Ignaz Troxler, der “Vater” der Bundesverfassung von 1848, der immer wieder darauf pochte, dass die letzte Entscheidungsgewalt — und damit auch die Verantwortung — beim Volk liegt. Als Universitätsprofessor in Basel verhehlte er seine Sympathie für das revolutionäre Baselbieter Landvolk nicht, das gegenüber der Stadt auf absolute Gleichberechtigung pochte. Er musste deswegen damals Hals über Kopf aus der Stadt fliehen.
Die Aktionsgruppe “aapacke” steht für eine Gruppe engagierter Bürgerinnen und Bürger, die auf ihre politischen Rechte pochen. Dank ausserordentlichem Engagement — ohne parteiliche Unterstützung und minimalstem Budget — haben sie es geschafft, sich mit ihren Argumenten bei der Baselbieter Bevölkerung gegen den Landrat und mächtige Interessengruppen wie die Wirtschaftskammer durchzusetzen.
Die direkte Demokratie lebt. Man darf auf die Fortsetzung gespannt sein 🙂