Die letz­ten Sali­na Rau­ri­ca-Kri­mi­fol­gen haben deut­lich gemacht, dass sich bei die­sem The­ma zwei Posi­tio­nen gegenüberstehen:
Die Befür­wor­ter, die das Sali­na Rau­ri­ca Gross­pro­jekt vor­an­trei­ben wol­len, argu­men­tie­ren im Rah­men der bestehen­den Wirt­schafts­ord­nung. Damit das finan­zi­el­le Gleich­ge­wicht von Gemein­de, Kan­ton und Staat erhal­ten bleibt, muss die Wirt­schaft ste­tig wach­sen. Es gibt nichts Schlim­me­res als einen Ein­bruch des Wirt­schafts­wachs­tums, weil dann die gan­ze gut geöl­te Maschi­ne­rie ins Stot­tern gerät.

Die Geg­ner sind mehr­heit­lich der Mei­nung, dass im bestehen­den Wirt­schafts­mo­dell etwas mas­siv schief zu lau­fen beginnt. Die meis­ten — dar­un­ter auch der birsfälder.li-Schreiberling — kön­nen ihr Unbe­ha­gen nicht mit einem fer­tig aus­ge­ar­bei­te­ten Gegen­ent­wurf unter­mau­ern. Sie spü­ren ein­fach, dass die west­li­che Gesell­schaft sich in eine intel­lek­tu­el­le und see­li­sche Sack­gas­se hin­ein­ma­nö­vriert hat, in der es nur noch einen Para­me­ter für eine posi­ti­ve Gesell­schafts­ent­wick­lung gibt: eine auf Voll­tou­ren brum­men­de Wirt­schaft, die nach immer neu­en und grös­se­ren Über­bau­un­gen verlangt.

Natür­lich ist es wich­tig, dass wir alle ein Leben füh­ren kön­nen, das uns erlaubt, ein Dach über dem Kopf und genü­gend zu essen zu haben. Es ist wich­tig, über eine funk­tio­nie­ren­de medi­zi­ni­sche Grund­ver­sor­gung zu verfügen.

Aber ist es nicht genau so wich­tig, sich immer wie­der mal Zeit zu neh­men für Fra­gen wie:
Liegt der Sinn des Lebens wirk­lich nur dar­in? Gibt es tat­säch­lich kei­ne Alter­na­ti­ven zu einem sich immer schnel­ler dre­hen­den wirt­schaft­li­chen Hamsterrad?

Klu­ge Köp­fe wie der deut­sche Sozio­lo­ge Harald Wel­zer haben sich dazu schon seit län­ge­rem Gedan­ken gemacht. Mit sei­nen Büchern “Alles könn­te anders sein”, “Selbst den­ken. Eine Anlei­tung zum Wider­stand”, “Die smar­te Dik­ta­tur. Der Angriff auf unse­re Frei­heit” und neu mit Zei­ten­wen­de — Der Angriff auf Demo­kra­tie und Men­schen­wür­de” for­dert er uns auf, auf­zu­wa­chen. SRF Kul­tur hat vor ein paar Jah­ren ein aus­ge­zeich­ne­tes Inter­view mit Wel­zer gebracht.

Die Akti­ons­grup­pe aapa­cke ver­lang­te mit ihrer rech­tens zustan­de gekom­me­nen Gemein­de­initia­ti­ve genau das:
die Mög­lich­keit einer brei­ten Dis­kus­si­on dar­über, ob das Sali­na Rau­ri­ca Pro­jekt wirk­lich (noch) Sinn macht. Der Ein­woh­ner­rat und neu auch die Kan­tons­re­gie­rung haben die Initia­ti­ve und damit die Dis­kus­si­on unter dem Vor­wand der Pla­nungs­si­cher­heit abgewürgt.

Das war nichts ande­res als die Nich­tig­keits­er­klä­rung eines grund­le­gen­den Volks­rechts, auf das wir Schwei­ze­rin­nen und Schwei­zer angeb­lich so stolz sind. Und es war eine Ent­mün­di­gung der Stimm­bür­ge­rin­nen und Stimm­bür­ger, denen nicht zuge­traut wird, sich selb­stän­dig Gedan­ken zum Sinn oder Unsinn der Sali­na Rau­ri­ca-Über­bau­ung zu machen.

Aus die­ser Per­spek­ti­ve ist der Ent­scheid des Land­rats, trotz der hän­gi­gen Stimm­rechts­be­schwer­de der Akti­ons­grup­pe aapa­cke den Pro­jek­tie­rungs­kre­dit für die Ver­län­ge­rung der Tram­li­nie 14 durch­zu­win­ken, — im vol­len Bewusst­sein, dass damit der ers­te Stein für das Sali­na Rau­ri­ca-Pro­jekt gelegt wird — ein Schlag gegen jeg­li­ches wirk­lich demo­kra­ti­sche Selbstverständnis.

Jemand, dem die schwei­ze­ri­sche Demo­kra­tie am Her­zen liegt und der erkannt hat, dass wirt­schaft­li­che Trieb­kräf­te die­se Demo­kra­tie immer mehr zu unter­höh­len begin­nen, ist Gil Ducom­mun, der Begrün­der der Bewe­gung Neue Kul­tur.

Das obers­te Ziel lau­tet maxi­ma­ler mate­ri­el­ler Wohl­stand. Prak­tisch die gesam­te Bevöl­ke­rung ist in die­ses Sys­tem ein­ge­bun­den, sei es als Klein­ak­tio­nä­re oder über die Pen­si­ons­kas­sen. Der Mate­ria­lis­mus regiert. «Wir müs­sen den Mate­ria­lis­mus in unse­ren Köp­fen über­win­den», for­der­te Ducom­mun in Mei­rin­gen. Der Agrar­öko­nom teilt das Leben in vier Berei­che ein: mate­ri­ell, spi­ri­tu­ell, emo­tio­nal und ratio­nal. Die­se Berei­che müs­sen sei­ner Mei­nung nach wie­der ins Gleich­ge­wicht kom­men. Für ein Plus an Zufrie­den­heit in unse­rer Gesell­schaft. (aus: Jung­frau Zei­tung, 21.2.2011)

Ducom­mun hat kürz­lich ein Video ver­öf­fent­licht, in dem er die Pfei­ler, auf denen die Bewe­gung Neue Kul­tur auf­baut, auf ein­fa­che Wei­se erläu­tert. Aber Ach­tung, er äus­sert da auch höchst sub­ver­si­ve Gedan­ken 😉 , zum Bei­spiel diese:

Die heu­ti­ge Kapi­tal­macht zer­stört die Demo­kra­tie. … in den USA und in der Schweiz besit­zen 1% der Steu­er­zah­ler mehr als 40% der pri­va­ten Ver­mö­gen. In der Schweiz besit­zen 3% der Steu­er­zah­ler 706 Mil­li­ar­den Fran­ken, der­weil 20 — 30% gar kein Ver­mö­gen haben.

Das durch­schnitt­li­che Ver­mö­gen wäre pro Haus­halt über eine Mil­li­on Schwei­zer Franken.

Kapi­tal­macht ist nicht harm­los in einer Demo­kra­tie. Wenn Sie 100, 500 Mil­lio­nen besit­zen oder eine Mil­li­ar­de, dann kön­nen sie poli­ti­sche Par­tei­en und Strö­mun­gen finan­zie­ren. Sie kön­nen Poli­ti­ker finan­zie­ren, Wer­be­kam­pa­gnen, Wer­be­agen­tu­ren. Sie kön­nen Uni­ver­si­tä­ten finan­zie­ren, Pro­fes­so­ren, Insti­tu­te, Dok­to­ran­den. Sie kön­nen Denk­fa­bri­ken finan­zie­ren, die Ideen in ihrem Sin­ne ent­wi­ckeln. Sie kön­nen Medi­en kau­fen, Zei­tun­gen, Zeit­schrif­ten, Radio­sta­tio­nen, Fern­seh­sta­tio­nen, — und damit haben Sie als 1/10’000 der Bevöl­ke­rung eine immense Macht, um das Den­ken in der Bevöl­ke­rung zu gestal­ten, die Ord­nung der Gesell­schaft zu gestal­ten und die künf­ti­gen Technologien.

Das ist Mit­tel­al­ter. Die Men­schen im Mit­tel­al­ter besas­sen Boden­be­sitz und waren mäch­tig. Heu­te ist der Adel eine Kapi­ta­l­a­del, aber er hat nahe­zu soviel Macht wie im Mit­tel­al­ter, auch wenn die poli­ti­schen Rech­te ziem­lich gut ver­teilt sind und wir alle ein Stimm­recht haben, ist die Kon­zen­tra­ti­on der Macht im Kapi­tal bereits unerträglich.

Soll­te sich da ein bol­sche­wis­ti­scher Wolf in die fried­li­che Schwei­zer Schaf­her­de ein­ge­schli­chen haben, der zum radi­ka­len und blu­ti­gen Umsturz aufruft?
Die Ant­wort fin­det sich in sei­nem Video:

Und wer sich das Mani­fest auch noch ein­mal in aller Ruhe zu Gemü­te füh­ren möch­te, kann es hier down­loa­den.

 

 

Mattiello am Mittwoch 21/23
Parzelle 1550 zum Ersten

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