Einem Grossteil der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger dürfte bekannt sein, dass Änderungen in der obersten Stufe des Schweizer Rechts (auch Bundesverfassung genannt), eines doppelten Mehrs bedürfen. Es müssten also beispielsweise eine Mehrheit der Stände und eine Mehrheit des Volkes am Wochenende ein “Ja” für die Abschottungsinitiative Masseineinwanderungsinitiative der SVP einlegen, damit diese angenommen wird.
Analog dazu brauchen auch Änderungen des obersten Gemeinderechts (auch Gemeindeordnung genannt) ein doppeltes “Ja”. Einziger Unterschied: Für das doppelte Mehr braucht es keine Stände, sondern zweimal das Volk. Das erste “Ja” wurde bereits an der Gemeindeversammlung im September von der Partikularinteressenslegislative abgesegnet. Doch um die Sache zu komplettieren, braucht es jetzt noch den Segen des Urnengangs. Streber haben bei diesem obligatorischen Referendum also zwei Stimmen…
Die meisten Änderungen sind mehr oder weniger unumstritten. Zu Reden gab an der Gemeindeversammlung damals vor allem die Neuregelung der Sondervorlagen:
Der Gemeinderat argumentierte mit einer simplen Anpassung an die Teuerung. Vergleicht man jedoch mit der tatsächlichen Teuerung seit 1998 (Datum der alten Gemeindeordnung), die gemäss Bund rund 30% beträgt, sind die Anpassungen mit 60%, 100% und sogar 400% etwas gar frei interpretiert.
Die Gemeindekommission hatte an der Versammlung den Antrag gestellt, die Beträge bei der alten Regelung zu belassen. Leider hatte die Mehrheit kein Ohr dafür, obwohl gerade die jüngere Vergangenheit gezeigt hat, dass die Regelung so durchaus sinnvoll war. Da wäre beispielsweise eine Sondervorlage zur Sanierung der Abdankungshalle zu nennen: Das Kreditbegehren von Fr. 520’000 wurde an der Versammlung in Anwesenheit des verantwortlichen Bauchefs ohne seine Gegenwehr in Luft aufgelöst. Zu löchrig und schwach vorbereitet erschien das Ganze. Künftig erscheint ein solcher Kredit “nur” noch in der Investitionsrechnung des Budgets, ohne Vorlage und ohne Begründung. Ein weiteres, auch noch recht frisches Beispiel ist die Buvette am Birskopf.
Aus Sicht des Gemeinderates bietet die neue Regelung natürlich einen gangbaren Weg, unangenehmen Fragen auszuweichen. Ob es aber der richtige Weg ist, den damals ausgesprochenen Vertrauensverlust zu kompensieren? Die Kontrollgremien werden jedenfalls noch mehr gefordert sein, wenn es um die Prüfung des Investitionsbudgets geht.
Ein “Nein” beim obligatorischen Referendum böte noch die letzte Gelegenheit, dies zu korrigieren. Die meisten dürften ihr Stimm-Couvert zwar schon in den Verwaltungsbriefkasten oder das Altpapier geworfen haben, aber vielleicht gibt es ja noch Kurzentschlossene.
Hasira
Feb 7, 2014
Die hohen Beträge wurden wohl gutgeheissen, damit nicht mehr so viele Gemeindeversammlungen mit Gschtürm kommen.
Eigentlich kommen ja alle nur ungern an die Gemeindeversammlung, ausser sie hätten dann einen Spezialwunsch wie die Schwimmhalle.
Der Einwohnerrat wurde mit einem geschickten Gemeinderatmanöver ins offside geschickt. Wahrscheinlich, weil eine Gemeindeversammlung leichter zu manipulieren ist. Dabei möchten alle einen Einwohnerrat, damit sie endlich nicht mehr an die Gemeindeversammlung gehen müssen.
Es könnte aber auch sein, dass die Parteien keinen Einwohnerrat wollen, weil sie gar nicht mehr fähig sind das nötige Personal zu stellen. Dies wurde ja auf diesen Seiten schon oft genug gesagt.