Der letzte Bürgerkrieg in der Schweiz war der Sonderbundskrieg. Ihm voran und Auslöser waren die Freischarenzüge respektive die Unversöhnlichkeit zwischen Konservativen und Liberalen/Radikalen. Im Titelbild (danke wikipedia) ist in einer Karikatur von Johannes Ruff ein Freischarenzüglein mit Gottfried Keller als Trommler abgebildet. In seiner späteren Novelle »Das Fähnlein der sieben Aufrechten« erzählt er vom Triumph von sieben altgedienten Freischärlern, die 1849 am Eidgenössischen Freischiessen in Aarau teilnehmen (inklusive der Liebesgeschichte deren Jüngsten).
Was dieses Ereignis vor 175 Jahren mit Birsfelden zu tun hat, erfahren Sie vor allem am Schluss des Artikels …
Das historische Lexikon der Schweiz:
»Als Freischarenzüge werden die zwei antiklerikalen Umsturzversuche von 1844 und 1845 gegen die Regierung des Kt. Luzern bezeichnet. Wichtigster Anlass war die von der Luzerner Regierung vorgenommene, von liberaler und radikaler Seite massiv bekämpfte Berufung der Jesuiten an die höheren Schulen.
Obschon beide Umsturzversuche von den liberalen Kantonen gefördert wurden, war die “Freiwilligkeit” ein wesentl. Kennzeichen der Freischarenzüge. Als Reaktion auf diese schlossen sich die katholisch-konservativen Kantone im Sonderbund zusammen. Die Freischarenzüge markierten damit einen entscheidenden Punkt in den gesamtschweizerischen, bürgerkriegsähnlichen und von zunehmendem Konfessionalismus geprägten Auseinandersetzungen, die schliesslich zum Sonderbundskrieg und zur Gründung des Bundesstaats führten. Luzern handelte dabei rechtmässig, die Tagsatzung hielt sich zurück und trat für die Respektierung des Rechts ein.«
Ein erster Freischarenzug am 8. Dezember 1844 war ein Debakel. Er war schlecht vorbereitet und die Übermacht der Luzerner Truppen war zu gross. Ob an diesem Freischarenzüge auch Birsfelder/Muttenzer dabei waren ist wahrscheinlich. Auf eidgenössischer Ebene gehörte Basel-Landschaft zu den radikalsten Kantonen. An den Freischarenzügen (1844–45) und am Kampf gegen den Sonderbund (1847) beteiligten sich Baselbieter Gemeindekontingente.
Der zweite Freischarenzüge war zwar besser vorbereitet, aber dennoch kein Erfolg, wieder das historische Lexikon der Schweiz:
»Im 2. Freischarenzug übernahm Ulrich Ochsenbein, Hauptmann im eidgenössischen Generalstab, das Oberkommando und entwarf den Angriffsplan. In der Nacht vom 30. auf den 31. März 1845 marschierten ca. 3’500 Freischärler von Huttwil und Zofingen aus in den Kt. Luzern ein. Bei Emmenbrücke wurde die kleinere Abteilung von Regierungstruppen in die Flucht geschlagen. Die Hauptmacht dagegen rückte bis am Abend unmittelbar vor Luzern vor. Die einbrechende Dunkelheit, der erschöpfte Zustand seiner stark dezimierten Mannschaft, aber auch moralische Bedenken hielten Ochsenbein vor einer Beschiessung der Stadt ab. Sie wäre den Freischärlern wohl rasch in die Hand gefallen. Der Luzerner Oberkommandierende, General Ludwig von Sonnenberg, und die Regierung wähnten sich bereits verloren. Unter den Freischärlern waren Unordnung und Verunsicherung inzwischen so gross geworden, dass ein in der Nacht versehentlich abgefeuerter Schuss eine panikartige Flucht auslöste. Dabei gerieten grössere Abteilungen bei Malters in einen Hinterhalt und wurden völlig aufgerieben. Die am folgenden Morgen ausrückenden Regierungstruppen stiessen nur noch auf kleine Gruppen. An die 2’000 Freischärler gerieten in Gefangenschaft. Die Kämpfe hatten über 120 Todesopfer gefordert, mehr als 100 davon unter den Freischärlern. Während mehr als 700 Luzerner Bürger zu Gefängnisstrafen verurteilt wurden, liess man die Gefangenen aus anderen Kantonen gegen ein hohes Lösegeld frei. Die Fronten verhärteten sich durch die Gräuelpropaganda der enttäuschten Verlierer, wonach die Gefangenen misshandelt worden seien.«
Als Reaktion auf die beiden Freischarenzüge bildeten die sieben katholischen Kantone Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden, Zug, Freiburg und Wallis den Sonderbund. Nachdem dessen Existenz ein Jahr später bekannt wurde, verhärteten sich die Fronten weiter, und der über Jahre hinweg geschürte Konflikt entlud sich 1847 im Sonderbundskrieg.
Der Hilfsverein für die Verunglückten vom 1. April 1845 hat über die Anzahl der nach Luzern Gezogenen, der Zurückgekehrten, der Gefangenen und der Vermissten in allen Gemeinden des Kantons Erkundigungen eingezogen und folgendes Resultat erhalten: In der Zählung sind nur Gemeinden einbezogen, von denen mehr als 10 ausgezogen sind. Aus 49 Gemeinden waren 375 ausgezogen, 132 kamen zurück, 143 wurden gefangen genommen und 100 wurden noch vermisst.
Muttenz /Birsfelden (waren ja noch eine Gemeinde!) meldete 30 Ausgezogene, 10 Zurückgekehrte, 10 Gefangene und 10 Vermisste.